Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    14.07.2006

    Gesundheitspolitik: Nach der Reform ist vor der Reform


    Auf Einladung der Bundestagsabgeordneten Monika Griefahn kam Dr. Carola Reimann, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion nach Bad Fallingbostel, um tagesaktuell über den Stand der Beratungen zur Gesundheitsreform zu informieren. „Neue Wege der Gesundheitspolitik“ lautete das Thema und Monika Griefahn machte gleich in ihren Begrüßungsworten deutlich: „Man sieht, was Kompromiss bedeutete.“ Denn CDU/CSU und SPD mussten in den Verhandlungen ihre konträren Vorstellungen zusammenführen, um zu einem Kompromiss zu kommen. „Keine Version kam lupenrein durch“, stellte Monika Griefahn klar. „Es ist immer nur ein Schritt einer Reform. Wir beginnen ja nicht bei Null, so dass man sich nicht einfach etwas Neues überlegen kann.“

    Dr. Carola Reimann, die in einer Expertenkommission am Zustandekommen des Arbeitsergebnisses zur Gesundheitsreform beteiligt war, informierte aus erster Hand mit einer Computerpräsentation über das umfangreiche Thema. „Es ging uns darum, ein zukunfts- und tragfähiges Konzept zu entwickeln. Aber wir müssen auch sehen: nach der Reform ist vor der Reform, dies gilt auch für das Gesundheitswesen“, stellte sie klar. Für die SPD sei wichtig gewesen, den vollen Leistungsumfang der Gesundheitsleistungen, angepasst an neue medizinische Entwicklungen zu erhalten. Versicherungsschutz sollte es für alle geben, „auch für den Handwerker, der seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann; der sollte dann auch wieder in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen werden.“ Zurzeit sind zwischen 200.000 und 300.000 Menschen in Deutschland nicht krankenversichert. Die SPD wollte eine dynamische Beteiligung der Arbeitgeber und keine Kopfpauschale. Man habe sich im Vorfeld der Beratungen die Gesundheitsmodelle in anderen Ländern angesehen und dabei festgestellt: „Was die Leistungsfähigkeit angeht sind wir am besten in der EU. Da sind wir ganz vorn und da wollen wir auch bleiben.“

    Prof. Dr. Hans-Jürgen Sternowsky, Kinderarzt aus Soltau, leitete die lebhafte Diskussion, die sich im Wesentlichen mit dem Gesundheitsfonds auseinandersetzte. Für 78,7 Millionen Versicherte werden 143,6 Milliarden Euro pro Jahr ausgegeben, davon erhalten die Kliniken 49 Milliarden, die Apotheken 23,6 Milliarden und die niedergelassenen Ärzte 21,6 Milliarden Euro. Im Verlauf der Diskussion zeigte sich, dass im Norden und im Süden des Landkreises mit den Krankenkassen unterschiedliche Vereinbarungen zum Hausarztmodell zustande gekommen waren: im nördlichen Kreisteil konnten erfolgreiche Vereinbarungen getroffen werden, während dies im südlichen Bereich nicht gelungen sei, da sich Ärzte verweigert hätten. Dies wurde auch von Dr. Strickstrack aus Bomlitz in der Diskussion bestätigt. Christian Schul, Bezirksgeschäftsführer der Barmer Ersatzkasse, bemängelte die zu geringe Aufsicht, was die Verwendung der Versichertenbeiträge durch einige Kassen angehe. „Da werden Millionen für Werbung bei der Formel 1 ausgegeben, statt sie den Versicherten zu Gute kommen zu lassen.“

    In Redebeiträgen wurde eine Steigerung von 0,5 Prozentpunkten bei den Krankenkassenbeiträgen bemängelt, die trotz der Zuführung von Steuergeldern erhoben werden sollen. Dies treffe wieder den „kleinen Mann“ wurde bemängelt. Dr. Carola Reimann informierte, dass diese Steigerung auch für die Versicherung von Kindern aufgewendet werden sollte, auch wenn man keinen bestimmten Prozentpunkt für bestimmte Leistungen reservieren dürfe. „Bei dem Defizit im Gesundheitswesen haben wir die Wahl gehabt, die Beiträge anzuheben oder die Leistungen für die Versicherten zu schmälern. Wir wollten aber auch innovative Behandlungsmethoden für alle Versicherten zugänglich machen, und da haben wir uns für eine Beitragserhöhung entschieden.“

    Geschäftsführer Peter Lehmann aus dem Heidekreis-Klinikum bemängelte die pauschale Kürzung der Krankenhausetats um einen Prozentpunkt. „Da wird es natürlich Leistungseinschränkungen geben, denn für das Heidekreis-Klinikum bedeutet dies den Abbau von 10 Personalstellen.“ Dr. Carola Reimann zeigte Verständnis für diese Befürchtungen, stellte aber gleichzeitig klar, dass dies unter dem Zwang der Einsparungen zu sehen sei. Der Krankenhausbereich habe mit 49 Milliarden Euro den größten Anteil am Gesamtetat, deswegen habe man hier eine pauschale Kürzung vorgenommen. „Was uns aber sehr schwer gefallen ist“, hob sie hervor. Man müsse dafür sorgen, dass die Gesundheitskosten nicht aus dem Ruder liefen.

    Breiten Raum in der Diskussion nahm die Abgrenzung zwischen Krankheit und privaten Unfällen ein und die Frage, ob man sich dafür zusätzlich versichern sollte. Man habe sich dafür entschieden, hier nicht weiter zu differenzieren, informierte Dr. Carola Reimann. Heute schon könnten sich die Krankenkassen bei bewusst selbst verschuldeten Unfällen die aufgewendeten Kosten bei den Versicherten zurückholen; dies gelte auch z.B. bei Entzündungen nach Piercings oder Tätowierungen. Man habe festgestellt, dass die meisten Unfälle im Haushalt passierten, meistens Frauen betroffen seien und vor allen Dingen Ältere. „Wir wollen doch, dass sich die Menschen zu Gunsten ihrer Gesundheit bewegen“, hieß es in einem Redebeitrag. Klar wurde in der Diskussion, wie schwierig sich eine Abgrenzung zwischen privaten und anderen Unfällen gestaltet.

    Dr. Carola Reimann wies darauf hin, man müsse abwarten, wie sich die Details der Gesundheitsreform im Zuge der Gesetzgebung entwickelten. „Wir haben jetzt nur den Rahmen festgelegt. Bevor die Reform im Jahr 2008 in Kraft treten könne, sei auch bei den Krankenkassen noch viel Vorarbeit zuleisten, denn es müssten alle bis dahin entschuldet werden.“ Da stelle sich die Situation sehr unterschiedlich dar: es gebe gesunde Kassen, während sich eine Konsolidierung bei der AOK Berlin schwierig gestalten dürfte. Monika Griefahn und Dr. Carola Reimann warben darum, der Gesundheitsreform eine Chance zu geben