18.10.2006
Wird die Gesundheitsreform auf dem Rücken der Krankenhäuser ausgetragen?
(v.l.n.r.): Joachim Bordt (Landrat des Landkreises Harburg), Ulrich Magdeburg (Krankenhaus Salzhausen), Norbert Jurczyk (Heidekreis-Klinikum Walsrode/Soltau), Monika Griefahn MdB, Dr. Hans-Heinrich Aldag (Waldklinik Jesteburg), Norbert Böttcher (Krankenhäuser Buchholz und Winsen), Ruth Zuther (Vors. Sozialausschuss Kreistag Lkr. Harburg), Michael Grosse-Brömer MdB, Peter Lehmann (Heidekreis-Klinikum Walsrode/Soltau), Michael Bott (Krankenhaus Ginsterhof) und Hannelore Jutzi (Verwaltungsleiterin Krankenhaus Buchholz)
Die Vertreterinnen und Vertreter der im Elbe-Heide-Krankenhausverbund zusammengeschlossenen Krankenhäuser hatten die Bundestagsabgeordneten Monika Griefahn (SPD) und Michael Grosse-Brömer (CDU) zu einem Gespräch in das Krankenhaus Buchholz eingeladen. Thema waren die Auswirkungen der geplanten Gesundheitsreform für die Krankenhäuser.
Speziell die Kürzung der Krankenhausbudgets um 1 Prozent, mit denen sich die Krankenhäuser an den finanziellen Stabilisierungsmaßnahmen der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) beteiligen sollen, stößt auf Widerstand. Denn diese Maßnahme würde für die Krankenhäuser in Buchholz und Winsen eine jährliche Kürzung des Budgets um jeweils 1,3 Millionen Euro bedeuten, hatte Norbert Böttcher, Geschäftsführer der beiden Kliniken ermittelt. Zudem seien die Krankenhäuser finanziell ohnehin schon durch die Tarifverträge für Ärzte und Pflegepersonal, die Mehrwertsteuererhöhung ab 2007 und die Auswirkungen des EU-Arbeitszeitgesetzes gebeutelt. Die Budgets der Krankenhäuser seien nach Aussage Böttchers in den letzten Jahren nicht im Maß der Kostensteigerung erhöht worden, die Unterdeckung im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung bezifferte er mit 135 Prozent. „Man denkt immer, da ist noch Fleisch, aber wir sind schon auf den Knochen“, lautete das Fazit der Krankenhausvertreter. Man habe sich zum Elbe-Heide-Krankenhausverbund zusammengeschlossen, um gemeinsam die Effektivität der Häuser zu steigern und Kosten zu reduzieren. Dieser Weg werde bisher erfolgreich beschritten.
Die beiden Abgeordneten Michael Grosse-Brömer und Monika Griefahn wiesen darauf hin, dass es sich bei den bekannten Eckpunkten für eine Gesundheitsreform um Pläne handele, die noch nicht beschlossen seien. Beide bekannten sich zum Erhalt der kommunalen Krankenhäuser, machten jedoch deutlich, dass die Kosten für das Gesundheitswesen gesenkt werden müssten: „Das jetzige System ist einfach nicht mehr bezahlbar. Pro Jahr werden 234 Milliarden Euro für Gesundheit aufgewendet“, rechneten die Abgeordneten vor, „und trotzdem gibt es jedes Jahr Klagen über Defizite.“ Die Regierung müsse jedoch Grenzen setzen, um eine weitere Kostensteigerung zu verhindern.
Die Krankenhäuser argumentierten, dass es nicht nur eine Kostensteigerung gebe, sondern auch eine Leistungssteigerung, die ohne Kostensteigerung nicht umzusetzen sei. „Der Gesundheitsbereich durchläuft eine dynamische Entwicklung.“ Die Menschen würden immer älter und seien länger krank, es gebe bessere medizinische Möglichkeiten, die aber nicht zum Nulltarif zu haben seien. „Die Politik muss den Mut aufbringen zu sagen, welche Leistungen nicht mehr von den Kassen bezahlt werden können“, hieß es von Seiten der Krankenhausvertreter. „Es wird in Zukunft nicht immer möglich sein, alles für die Menschen umzusetzen, was medizinisch oder technisch möglich ist.“ Dazu versicherten die beiden Abgeordneten: „Die Menschen müssen aber vertrauen können, auch weiterhin gegen die großen Gesundheitsrisiken abgesichert zu sein.“
Norbert Jurczyk vom Heidekreis-Klinikum Walsrode/Soltau befürchtet ein Krankenhaussterben durch verschlechterte Bedingungen für die Kliniken. „Die finanziellen Einbußen betragen real 5 Prozent durch Kostensteigerungen und geringere Erlöse, dann kommt noch die Budgetkürzung oben drauf. Dies wird nicht ohne Auswirkungen bleiben.“ Weniger Kliniken würden besonders im ländlichen Raum zu längeren Wegen führen. „Wir können nicht einfach die Qualität der Versorgung reduzieren, um finanziell besser dazustehen“, hob er hervor.
Verschiedene Finanzierungsmodelle wurden diskutiert – aber ein Patentrezept gab es auch von den Krankenhausvertretern nicht. Als überlegenswert wurde seitens der Krankenhausvertreter erachtet, die Selbstbeteiligung der Patienten um 3 Euro pro Tag anzuheben. Dieses sei schon dadurch gerechtfertigt, dass durch einen Krankenhausaufenthalt zu Hause Kosten zum Beispiel für die Verpflegung eingespart würden.
Monika Griefahn und Michael Grosse-Brömer forderten von den Krankenhäusern eine Zusammenfassung ihrer Forderungen auf wenige Kernpunkte, damit die Politiker diese vertreten könnten und sagten zu, die konkreten Probleme der Krankenhäuser in die Diskussion zur Gesundheitsreform in ihren Fraktionen einzubringen. „Wir dürfen dabei aber das Ziel nicht aus den Augen verlieren, die Kosten im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen“, so die Abgeordneten abschließend.