Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    23.09.2006

    Rede zur Ausstellungseröffnung im Crosskick im Springhornhof


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Liebe Kunstfreundinnen und Kunstfreunde,
    und ganz besonders, liebe Gäste aus Reykjavik,

    es ist mir eine Freude, bei der heutigen Ausstellungseröffnung sprechen zu können. Es mir deshalb eine besondere Freude, weil ich mich im Bundestag neben der generellen Förderung von Künstlerinnen und Künstlern und deren Kunst speziell für den sehr intensiven Austausch zwischen den verschiedenen Kulturen einsetze. Crosskick ist ein Projekt, das genau dies tut. Hier findet ein künstlerischer Austausch statt, von dem beide Seiten, isländische und deutsche, nur profitieren können.

    Deutschland betreibt schon seit den 50er Jahren Kulturpolitik im Ausland. Allerdings ging es anfangs in erster Linie darum, deutsche Kunst und Kultur im Ausland zu präsentieren und das nach dem Krieg negativ gefärbte Deutschlandbild, auf diesen Weg wieder in ein positives umzuwandeln. Dieser Prozess hat sich in der Zwischenzeit gewandelt.

    Es geht inzwischen nicht mehr um eine einseitige Kommunikation und Präsentation von deutscher Kultur in anderen Ländern. Stattdessen ist klar geworden, dass erst der ausgeglichene Dialog fruchtbar ist. Für so einen Austausch engagiert sich die Bundesrepublik Deutschland auf vielen Ebenen. Dabei geht es eben nicht nur um die offizielle Regierungsebene, mit der die meisten Menschen in den Ländern gar nichts zu tun haben und die in der Breite deswegen keine Wirkung entfaltet. Sondern es geht vor allem um Menschen abseits der politischen Ebene und damit um gesellschaftliche Gruppen wie Kulturschaffende, Wissenschaftler, Berufstätige, Studenten oder Schüler.

    Ich will Ihnen ein Beispiel geben: ein Treffen von Regierungsvertretern von Deutschland und Island mag wichtige Anstöße geben, aus denen dann vielleicht ein gemeinsames Abkommen entsteht. Doch wenn beispielsweise in der Zweigstelle des Goethe-Instituts in Reykjavik Lehrer aus Island mit Kollegen aus Deutschland ins Gespräch kommen oder bei einem Filmabend Filmfans beider Kulturen in einen Austausch kommen, dann ist das ganz konkreter und praktischer Dialog auf einer anderen und sehr wichtigen Ebene.

    Mit Island und den anderen Staaten Europas sowie der westlichen Welt im Allgemeinen funktioniert dieser Dialog sehr lange und mehr oder weniger reibungslos. Doch in Ländern wie im Nahen und Mittleren Osten ist dieser Austausch noch jung, weitaus schwieriger und muss deshalb sehr viel sensibler aber auf keinen Fall weniger intensiv geführt werden. Hier ist es nicht nur unser Anliegen, die spannende Diversität und Vielfalt der Kulturen zu erleben, sondern hier müssen wir auch über die Grundlagen sprechen, die solche kulturelle Vielfalt erst ermöglichen.
    Wir wollen mit dem Dialog die Menschen in den Ländern für Demokratie, Menschenrechte, Minderheitenschutz, Meinungsfreiheit und Gleichstellung gewinnen und die Zivilgesellschaft zu stärken.

    Dieser Ansatz wird gerade im Rahmen des europäisch-islamischen Kulturdialogs sowie bei unserem Engagement in Afghanistan und im Irak deutlich. Neben einem Goethe-Institut in Kabul finden zum Beispiel Radioprojekte für Jugendliche, Stipendienprogramme für irakische Studierende, Projekte zur Förderung der Gleichstellung der Frau oder die Aktion „10.000 Bücher für den Irak“ oder das Projekt „Deutschunterricht für türkische Imame“ statt.

    Doch neben allen auch oft schwierigen Aufgaben, denen wir uns hier stellen müssen, ist die heutige Veranstaltung mit unseren Gästen aus Island eine ganz und gar unbeeinträchtigte und freudige Form des Austausches. Die bilateralen Beziehungen zwischen Island und Deutschland sind bereits seit langer Zeit ausgezeichnet. Das sieht man auch auf der europäischen Bühne und in der gesamten Welt, wo unsere beiden Länder als Partner und gegenseitige Fürsprecher wahrgenommen werden.

    Der heutige Auftakt ist aber auch deshalb so wunderbar, weil sie Teil eines größeren und sehr regen kulturellen Austauschs zwischen unseren beiden Ländern ist und im Übrigen eine Fortsetzung der bestehenden gemeinsamen Arbeit des Springhornhofes und isländischen Künstlern, die schon eine Weile existiert.

    Im Zentrum des Reykjavík Festival standen im letzten Jahr beispielsweise Ausstellungen des deutsch-schweizerischen Künstlers Dieter Roth sowie eine Kunstinstallation von Christoph Schlingensief. Auf der anderen Seite stieß das einwöchige „Island Festival“ in Köln auf größtes Interesse. Über 2000 Besucher kamen allein zur Eröffnung. Dazu kamen ein deutsch-isländisches Autorentreffen, das 10. Kirchenkunstfestival in Island mit international bekannten deutschen Sängern sowie das Internationale Literaturfestival. All diese Vorträge, Konzerte und Ausstellungen zeigten in eindrucksvoller Weise die Präsenz der deutschen Kultur in Island.

    Des Weiteren gibt es zwei deutsch-isländische Kulturgesellschaften, die sehr interessante Programme anbieten und deshalb auch von der Bundesrepublik Deutschland finanziell gefördert werden. Das ist einmal „Germania“ für den Bereich Reykjavik und das ist der deutsch-isländische Freundeskreis „Sellfoss“ für den Bereich Südisland.

    Das Goethe-Zentrum, das es bis zum Mai dieses Jahres in Reykjavík gab, wurde jetzt von einem Verbindungsbüro abgelöst. So können kulturelle Veranstaltungen wie Ausstellungen, Diskussionsabende oder auch Lehrerfortbildungen nach wie vor durchgeführt werden bis eine neue Präsenzform gefunden werden kann.

    Nicht nur die Präsenz vor Ort, sondern gerade auch der Schüler- und Studentenaustausch ist ein wichtiges Instrument. Deutschland ermöglicht beispielsweise über den Deutschen Akademischen Austauschdienst mehrere Jahrestipendien und Sommersprachkursstipendien.

    Daneben werben wir an den Universitäten Islands natürlich generell für ein Studium in Deutschland.

    Ich denke jede und jeder, der einmal für längere Zeit in einem anderen Land gelebt, studiert oder gearbeitet hat, der wird erleben wie spannend das Aufeinandertreffen von verschiedenen und eben doch so oft verwandten Kulturen sein kann.

    Ich hoffe, die Sie in diesem Projekt, bei dem wir heute das Resultat sehen dürfen, mitgearbeitet haben, konnten ähnliche Erfahrungen machen und Sie fühlen sich auch nach dieser Zeit im direkten Austausch weiterhin mit dem jeweils anderen Land verbunden. Denn Politik kann kulturellen Austausch durch konkrete Projekte auslösen und befördern, aber besonders wertvoll und nachhaltig wird er erst durch das langfristige und persönliche Engagement eines jeden Einzelnen.

    In diesem Sinne wünsche ich allen Projektteilnehmern und dem Springhornhof alles Gute für die Zukunft und Ihnen allen viel Freude beim Erleben der Ausstellung.

    Herzlichen Dank