Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    15.05.2007

    Erfahrungsbericht USA von Mareike Rensch aus Schneverdingen

    Schülerin war 2005/2006 ein Jahr in Chester, Virginia


    Mein Austauschjahr in den USA bedeutete nicht nur unendlich viele schöne Erlebnisse, gab mir aber sehr viel für meine Zukunft und gab dem Menschen, der ich jetzt bin, einen veränderten Charakter. Die Menschen in Chester, meine neugefundenen Freunde, die High School und vor allem auch meine erste Gastfamilie machten es möglich, ein Mädchen weiterzuentwickeln und mich zu einer überlegter und umsichtiger denkenden Person zu machen.

    Das amerikanische Schulsystem, wie ich es an meiner High School kennen gelernt habe, bekräftigt stets die positiven Fähigkeiten eines Schülers. Dieses forderte meinen besonderen Ehrgeiz heraus. Außerdem baute sich mit der Zeit auch neuer Stolz auf, da viele Schüler und Lehrer es bewunderten, wenn man gute Leistung erbrachte. Eine andere, aber auch leicht zu überspringende Hürde war das (für mich neue) Schüler-Lehrer Verhältnis ohne ein "Sie" zum Ansprechen zu haben (im Englischen gibt es das Wort "you", dass Du und Sie bedeutet). Der durch Taten und Verhalten erbrachte Respekt vor Erwachsenen oder höher stehenden Personen half mir zu lernen, wie man Respekt wirklich umsetzen kann. Ich glaube, dieses veränderte mein Denken in der Weise, dass ich überlegter und umsichtiger mit verschiedenen Personen umgehen kann.

    Eine ganz neue, aber sehr positive Erfahrung war es für mich, dass ich die meisten Freunde durch schulische Aktivitäten fand. So fing ich mit Marching Band im Herbst an, machte mit einem Theaterstück im Winter weiter und vollendete das Ganze mit Leichtathletik im Frühjahr. Die freundliche, aber häufig auch aufgesetzt-höfliche Mentalität meiner amerikanischen Mitschüler gefiel mir um ehrlich zu sein recht gut. Unter anderem gab es mir selbst mehr Lebensfreude, denn wenn man am Morgen in die Schule kommt und lächelnd von allen Seiten begrüßt wird, baut das schon sehr auf und verhilft zu einem guten Start in den Tag. Natürlich war es ein tolles Erlebnis, solch eine andere Mentalität kennenzulernen. Durch das Jahr hindurch hatte ich die Gelegenheit, auch die Nachteile der ewigen Höflichkeit festzustellen. Diese Feststellungen machten mir selbst begreiflich, was für ein Mensch ich sein möchte und wann bei mir selbst die Höflichkeit aufhört.

    Und doch habe ich mich durch diese neue Mentalität beeinflussen lassen und glaube, dass ich durch mein Jahr in den USA sehr viel öfter mit einem Lächeln durch den Tag gehe und einfach anderen Komplimente mache, denn das macht man in den USA einfach so. Durch diese Mentalität ist es allerdings schwer feststellbar, ob man sich unter Freunden oder nur unter höflichen Menschen befindet. Doch ich meine, dass die Erlebnisse in dem Jahr mir geholfen haben, diesen Unterschied zu sehen und zu unterscheiden. Außerdem gaben mir meine Freunde dort ein ganz neues Denken über die Zukunft. Viele von ihnen hatten schon längst überlegt, wie sie ihr nach-schulisches Leben gestalten wollten und wie sie es schaffen, dort hin zu kommen. Mir selbst wurde nur wieder einmal bewusst, wie wenig ich mich um so etwas bisher gekümmert hatte. Doch durch eben diese Freunde begann ich, sehr viel mehr zu überlegen und entschlossener meine Zukunftspläne und -ziele zu verfolgen. Das soll aber nicht heißen, dass ich nun weniger lebensfroh, dafür aber umso griesgrämig-entschlossener durchs Leben gehe. Eher im Gegenteil: von der Lebensfreude amerikanischer Jugendlicher, die in der Schulband spielen, kann man sich nur etwas abgucken! Ich glaube, ich habe in diesem Jahr mehr Lachfalten bekommen als je zuvor.

    Ein anderer Grund, weshalb ich dankbar für mein Austauschjahr bin, ist die Offenheit, die ich gegenüber anderen Menschen bekommen habe. Im multikulturellen Amerika wird einem erst wirklich bewusst, dass andersfarbig oder anderssprachig nicht auch menschlich anders heißt. Es zeigt sich, gerade in den USA, noch viel Rassismus, aber ich habe mich davon nicht beeinflussen lassen, sondern Menschen nach ihrem Charakter beurteilt. Zum Beispiel habe ich das Leben einer zweisprachigen Familie durch einen meiner Freunde kennen gelernt und würde die dort gesammelten Erkenntnisse über Problematiken und Vorteile als zweisprachig aufwachsendes Kind nicht missen wollen.

    Natürlich lernte ich auch mich politischen Themen und Situationen überlegter zu Stellen. Man gilt als einzelne Person aus Deutschland als Repräsentant Deutschlands. Dadurch setzte ich mich noch mehr mit den verschiedenen kritischen Themen Deutschlands auseinander und lernte nicht nur, meine eigene Meinung darzustellen, sondern auch die Probleme von außen zu betrachten und überblickender zu interpretieren. Um einer Person aus einem anderen Land etwas über mein Heimatland zu berichten muss ich nicht nur mit meine eigene Meinung vorsichtig deuten, sondern auch darauf achten, dass ein objektiver Blickwinkel eingenommen wird. Diese Erfahrung wird mich mein Leben lang begleiten und ich bin mir sicher, dass dies mir noch sehr viel helfen wird.

    Ich hatte ja schon angesprochen, dass nicht nur schöne Erlebnisse mich haben wachsen lassen, sondern auch die problematischen, an die ich mich nur mit Bauchweh erinnere. Während meines Aufenthaltes in Chester hatte ich leider große Probleme mit meiner Gastfamilie, was aber nicht an der Auswahl der Familie lag, sondern an der einfachen Tatsache, dass der Neid meiner fast gleichaltrigen Gastschwester und die Unselbstständigkeit meiner Gastmutter ein Zusammenleben erschwerten. Ich möchte nicht alles hier berichten was geschehen ist, sondern von meinen dadurch getroffenen Erkenntnisse und Veränderungen. Zuallererst hat mich die gesamte Problematik als Mensch wachsen lassen. Ich habe gelernt nicht nur an mich selbst zu denken sondern für andere mitzusorgen und die eigenen Bedürfnisse hinter die von anderen zu stellen. Auf der anderen Seite musste ich feststellen, dass man nicht alles schlucken sollte, sondern auch seine Meinung sagen muss um eine mögliche Veränderung hervorzurufen. Ich stellte mich allein vor die Hürde, die Probleme mit meiner Gastfamilie zu lösen. Diese Erlebnisse haben mich überschauender werden lassen. Ich gehe als Mensch nun überlegter in Diskussionen und weiß, wie man sich verhalten sollte um Auseinandersetzungen zu vermeiden. Letztendlich bin ich auch ein wenig froh, dass ich diese Probleme hatte, denn ohne sie wäre ich als Mensch nicht halb so viel gewachsen in diesem Jahr.

    Abschließend möchte ich noch einmal einen Gesamteindruck meines Jahres vermitteln. Dieses Jahr war eine der größten und besten Erfahrungen, die ich als Mensch haben konnte.

    Ich bin nicht nur erwachsener geworden sondern bin als Person gewachsen und habe mich selbst besser kennen gelernt. Ich habe es gelernt, mit meinen Schwächen und Stärken umzugehen und einen besseren Menschenverstand entwickelt. In diesem Jahr habe ich so viele verschiedene Menschen kennen gelernt, die alle auf unterschiedliche Weise mein Leben und mich verändert haben. Ich kann nur dankbar für jedes Gespräch und jedes Erlebnis diesen Jahres sein, denn sie mein Denken verändert. Die freundliche Ausstrahlung, die in Amerika zum täglichen Leben gehört, ist auch mich übergesprungen und ich versuche diese Lebensfreude in meinen Alltag einzubringen. Gerade in der Schule versuche ich Gelerntes über die Einstellung amerikanischer Schulen zu verwenden. Gutes zu belohnen anstatt Schlechtes zu bestrafen, diese Technik benutze ich in den, von mir geleiteten AG's an der Schule. "Für das Leben lernen"... dieser Spruch mag blöd klingen, aber auf mich trifft er zu. Ich habe in diesem Austauschjahr Dinge für mein Leben gelernt, die mich menschlich weitergebracht haben. Ich bin über alle Maßen glücklich und dankbar dass ich diese Möglichkeit hatte, Lebenserfahrungen zu sammeln.