Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    15.12.2008

    Was für eine Frau!

    Amy Goodman, Trägerin des Alternativen Nobelpreises 2008, in Harburger Schule zu Gast


    Die US-Amerikanerin Amy Goodman ist eine zierliche Frau mit glatten, graumelierten Haaren. Doch kaum erhebt sie die Stimme, spürt jeder in ihrer Nähe, wie energisch sie sein kann und wie überzeugt sie ist von ihren Werten und Zielen. Amy Goodman erhielt jetzt den Alternativen Nobelpreis für ihren Einsatz für unabhängigen Journalismus. Monika Griefahn, Jurorin und Vize-Präsidentin des Alternativen Nobelpreises und SPD-Bundestagsabgeordnete für den Landkreis Harburg, hatte Amy Goodman während ihres Europabesuchs anlässlich der Preisverleihung in Stockholm für einen Besuch des Friedrich-Ebert-Gymnasiums in Harburg gewinnen können.

    Mit der Capuccino-Tasse in der Hand erzählte die 51-Jährige Goodman aus ihrer Arbeit. Anderthalb Stunden, in denen kein Schüler auch nur ein Wort sagte, berichtete sie von ihren Recherchen in Ost-Timor, von schwarzen Amerikanern mit Zivilcourage, von ihrem Demokratieverständnis und den Verwerfungen der Massenmedien. Ob sie Angst hat, wenn — wie in Ost-Timor — Militärs ihr das Gewehr an die Schläfe halten? Oder wenn sie — wie jetzt im Präsidentschaftswahlkampf — in ihrem eigenen urdemokratischen Land USA festgenommen wird? „Ich habe immer Angst“, sagt sie. Sie macht trotzdem weiter.

    Das Projekt, für das sie nun ausgezeichnet wurde, nennt sich „Democracy Now!“ Es ist ein Radio-Fernsehprogramm das über das Internet (www.democracynow.org) auf der ganzen Welt empfangen werden kann. Die Sendung finanziert sich über Spenden und Kleinstspenden und ist daher komplett unabhängig. Seit zwölf Jahren schon.

    Und mindestens genauso lange kämpft sie für eine wirklich freie Presse. Gorge W. Bush habe nur die ganze Welt von den angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak überzeugen können, weil die Medien ihm Glauben geschenkt hätten, sagt sie. Und sie hasst das, was im Irak-Krieg als „embedded journalism“ bekannt wurde – also das Konzept, in dem die Journalisten innerhalb der Truppen recherchieren. Amy Goodman wird ärgerlich, wenn sie davon redet: „Die Reporter werden von den Soldaten beschützt. Glaubt Ihr, sie schreiben auch nur ein Wort gegen ihre Beschützer?“ Journalisten sollten in Kriegen berichten aus den Krankenhäusern und aus den Familien im Land. Sie sollten die Bilder des Krieges zeigen.

    Einen Kloß im Hals dürften alle Zuhörer – ob Schüler oder Lehrer – gehabt haben, als Amy Goodman von einem zentralen Erlebnis aus dem Unabhängigkeitskampf Osttimors gegen Indonesien berichtete. Militärs hätten in eine Menge von Demonstranten geschossen und sich auch von ihrer Präsenz als westliche Journalistin nicht abhalten lassen. Sie habe das Massaker überlebt und konnte berichten über das, was in Osttimor geschah.

    Osttimor ist inzwischen unabhängig, und so riet Amy Goodman den Jugendlichen des Friedrich-Ebert-Gymnasiums, in historischen Zusammenhängen zu denken und zu sehen, wie Mut, Zivilcourage und Beharrlichkeit die Welt verändern könnten. Es seien diese drei Eigenschaften gewesen, die den Menschen in Osttimor zu ihrer Unabhängigkeit verholfen hätten. Und geholfen habe eine unabhängige Presse, die die Stimmen an den Wurzeln der Gesellschaft einfange und nicht bedingungslos den Verlautbarungen der Funktionsträger vertraue. „Democracy Now!“ ist in diesem Sinne eine Erfolgstory: Das Programm wird komplett über Spenden von Hörern, Zuschauern und Stiftungen finanziert. Die Programmmacher akzeptieren keine Werbung und keine staatliche Förderung. „Democracy Now!“ lässt unabhängige internationale Journalisten zu Wort kommen, die einfachen Menschen auf der Straße, Anführer der Friedensbewegung und anderer Bewegungen, Künstler, Akademiker und unabhängige Analysten. Und wer Amy Goodman erzählen hört, hat keinen Zweifel, dass sie dieses Konzept konsequent umsetzt.