Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    06.08.2009

    Raus aus der Atomkraft, rein in die Erneuerbaren Energien

    Diskussionsveranstaltung mit Monika Griefahn und Hans-Ulrich Klose in Harburg


    Hans-Ulrich Klose hatte erneut Monika Griefahn zu einer Diskussionsveranstaltung zur Energiepolitik eingeladen, die unter dem Thema „Raus aus der Atomkraft, rein in die Erneuerbaren Energien“ stand und am 6. August mit rund 50 Teilnehmern im neuen SPD-Kreisbüro in Harburg stattfand. Im Mittelpunkt standen die aktuellen Störfälle im AKW Krümmel und die Debatte um die Zukunft der Atomkraft. Wie kann man den Ausstieg aus der Atomenergie und den fossilen Energiequellen meistern, wie den Umstieg auf erneuerbare Energien schaffen?

    Nach einer kurzen Vorstellungsrunde leitete Hans-Ulrich Klose das Gespräch mit Monika Griefahn mit der Bemerkung ein, dass bei der Atomenergie die Endlagerfrage nach wie vor ungelöst sei. Die Energiepolitik sei im Übrigen nicht nur eine nationale, sondern eine internationale Aufgabe und die Energieaußenpolitik ein nicht zu unterschätzendes Feld der Außenpolitik geworden. Der Bau von Gas-Pipelines (NABUCO, Northstream) und die damit verbundene Diversifizierung der Transportwege könne die Versorgungssicherheit Deutschlands verbessern, waren sich Klose und Griefahn einig.

    Die angeblich so preiswerte Atomenergie sei in der Vergangenheit massiv subventioniert worden: etwa zwei Drittel der Baukosten waren Zuschüsse, der Staat habe in Forschung und Entwicklung, insbesondere auch in die Endlagerforschung Geld gesteckt, ohne dass bei den Endlagern ausreichend Alternativen untersucht worden seien. Jedenfalls sei nur vordergründig der Strom aus alten abgeschriebenen Atomkraftwerken billig. In Wahrheit seien die Endlagerkosten nicht zu kalkulieren und müssten letztendlich vom Staat getragen werden, wenn die Rückstellungen der Stromkonzerne nicht ausreichten. Der Skandal um Asse zeige, dass das seinerzeit CDU-geführte Bundesforschungsministerium nicht verantwortungsvoll mit Atommüll umgegangen sei, so dass es eine atomare Altlast gebe, bei der niemand so genau wisse, was dort eigentlich lagere. Es sei noch nicht abschließend geklärt, ob sich Gorleben wirklich als Endlager eignet oder ob dort im Salzgestein ebenfalls Wassereinbrüche zu befürchten seien. Die Suche nach Alternativstandorten habe die CDU/CSU bisher verhindert.

    Ebenso problematisch wie die Endlagerfrage seien die Leukämiefälle in der Elbmarsch, deren Ursache trotz vieler Studien und Expertenkommissionen nicht mit letzter Sicherheit ermittelt werden konnte. Die Atomenergie sei jedenfalls nicht fehlerfreundlich, und die möglichen Schäden bei einem Super-GAU gewaltig.

    In der Energiepolitik komme es daher neben dem Atomausstieg vor allem auf drei Dinge an, so Monika Griefahn: Energieeinsparung, mehr Energieeffizienz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien.

    Monika Griefahn erläuterte, dass Deutschland nicht nur Weltmarktführer in der Umwelttechnik sei, sondern über 1,5 Millionen Arbeitsplätze in diesem Bereich entstanden seien. Klimaschutz und Erneuerbare Energie schaffen somit Arbeitsplätze. Der Bereich der Erneuerbaren Energien werde zwar subventioniert, dies sei aber außerordentlich sinnvoll investiertes Geld. Die Bundesregierung habe hier zahlreiche Förderprogramme aufgelegt, von den Marktanreizprogrammen bis zu der Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz.

    Auf die Frage nach der Versorgungssicherheit in Deutschland erklärte Monika Griefahn, dass diese auch ohne Atomkraftwerke gewährleistet werden könne. Im Juli 2009 waren 7 von 17 deutschen Atomkraftwerken vom Netz, teils wegen Störfällen, teil wegen notwendiger Revisionen, und Deutschland exportierte immer noch Strom ins Ausland. Sie sprach sich gegen den Bau großer neuer Kohlekraftwerke aus, die häufig nur auf einen niedrigen Wirkungsgrad kommen, weil sie nur Strom produzieren und meist nicht zugleich Wärmeversorgung leisten, wie bei der Kraft-Wärme-Kopplung. Insgesamt sei eine dezentralere Energieversorgung als bisher wünschenswert. Ob die Technologie CO2-Abscheidung (CCS) und die unterirdische Speicherung der Treibhausgase wirklich eine sinnvolle Technologie ist, das sieht Hans-Ulrich Klose mit gewisser Skepsis und würde zunächst eine Erprobung mit Pilotprojekten fordern. Monika Griefahn lehnt die Technologie wegen diverser Risiken ab. Außerdem wäre es falsch, hohe Summen in die CO2-Abscheidung und –Lagerung zu investieren, denn dieses Geld würde für Investitionen in die Erneuerbaren Energien fehlen. Das sog. DESERTEC-Projekt, bei dem in mehreren afrikanischen Staaten aus Solarenergie Strom produziert werden soll, der dann nach Europa geleitet werden soll, würde zunächst massive Investitionen von rund 400 Milliarden Euro erfordern. Ein Problem könnte die chronische politische Instabilität einiger afrikanischer Länder sein, in denen der Strom produziert und die Investitionen getätigt werden müssten. Monika Griefahn befürwortet eine eher dezentrale Energieversorgungsstruktur in Europa, aber auch die Nutzung der Solarenergie für die Versorgung der afrikanischen Bevölkerung vor Ort.

    In der anschließenden Fragerunde wurde die marktbeherrschende Stellung der vier großen Energieversorger in Deutschland kritisiert, die zu wenig Wettbewerb und hohen Preisen führe. Ein Ansatz für mehr Wettbewerb könnte nach Monika Griefahns Auffassung die Trennung von Netz und Betrieb, also von Stromnetz und Energieerzeugung sein. Das Stromnetz müsse modernisiert und ausgebaut werden, um auch mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energie (z.B. Offshore-Windenergie) mithalten zu können. Auf eine Frage zum Thema Energieeffizienz erläuterte Monika Griefahn, dass hier noch viel Potenzial vorhanden sei, z.B. durch die Abschaffung und Reduzierung von standby-Schaltungen, die Verwendung von Energiesparlampen, die Veränderung der Lebensweise, die Markteinführung neuer ökologischer Produkte wie z.B. verbrauchsärmerer Autos und Haushaltsgeräte. Auch in der Haustechnik z.B. bei Heizungspumpen gebe es noch Einsparmöglichkeiten, ohne dass die Lebensqualität beeinträchtigt werde.

    Die Diskussion fand am Jahrestag des Hiroshima-Atombombenabwurfs statt, und so wurde auch der enge Zusammenhang zwischen der zivilen und militärischen Nutzung der Atomenergie diskutiert. Hans-Ulrich Klose sah mit großer Sorge, dass das Nichtverbreitungsregime zusammenbricht und immer mehr Staaten in Krisengebieten an der Atombombe arbeiten oder sie bereits haben, so z.B. der Iran und Nordkorea. Das Thema Abrüstung und Rüstungskontrolle gehöre wieder auf die Tagesordnung. Positiv sei, so Hans-Ulrich Klose abschließend: „Der neue amerikanische Präsident Barack Obama hat Abrüstung wieder zum Thema gemacht“.