Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    05.02.2009

    Politik oder Wirtschaft – wer hat die Macht?

    Monika Griefahn hatte zur Diskussion über Wirtschaftsstärkung eingeladen


    „Hat Politik angesichts der Finanzkrise eigentlich noch Einfluss?“ Diese Frage zog sich immer wieder durch die Diskussion bei der Veranstaltung „Finanzmärkte regulieren, Wirtschaft stärken!“ am vergangenen Mittwoch im Buchholzer Hotel „Zur Eiche“. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn hatte zu diesem aktuellen Thema eingeladen und konnte mit dem Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Harburg-Buxtehude Heinz Lüers, dem Rosengartener Unternehmer Dieter Eilers und der Schatzmeisterin der SPD, Dr. Barbara Hendricks, Referenten gewinnen, die vom Fach und aus der Praxis berichteten.

    Griefahn betonte in ihrer Begrüßung, dass die SPD schon seit langem die Kontrolle der Finanzmärkte auf dem internationalen Parkett fordere – zum Beispiel war das ein Thema beim Treffen der G8-Staaten in Heiligendamm 2007. Schon bevor die Finanzkrise vollständig offensichtlich wurde, hatte eine SPD-Arbeitsgruppe einen Forderungskatalog vorgelegt. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) habe die acht wichtigsten Punkte immer wieder öffentlich angemahnt: eine Bilanzierungspflicht, eine höhere Liquiditätsvorsorge, eine stärkere persönliche Haftung der Finanzakteure, ein anderes Vergütungssystem, ein Verbot schädlicher Leerverkäufe, eine Abdeckung der Kreditrisiken bei Banken, eine stärkere Zusammenarbeit der internationalen Behörden, eine stärkere Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden.

    Trotz dieser von Griefahn vorgestellten Ansätze, trieb viele der rund 80 Zuschauer die Frage um, wie viel Macht und Einfluss Politik auf die Geschehnisse der Weltfinanzmärkte haben kann. Die Referenten machten deutlich, dass Politik sehr starken Einfluss habe. Heinz Lüers lobte ausdrücklich den Schutzschirm, den die Bundesregierung zur Absicherung von Banken im Herbst vergangenen Jahres beschlossen hatte. Ein Kollaps des Finanzsystems hätte massive Auswirkungen auf die Realwirtschaft gehabt. Lüers nannte den Schutzschirm das „größte Arbeitsplatzssicherungssystem, das es je gegeben hat“.

    Auch Dr. Barbara Hendricks, die bis 2007 Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen gewesen ist, bestritt eine Machtlosigkeit der Politik energisch. Das sehe man schon daran, dass nun so massiv und von allen Seiten nach Hilfe des Staates gerufen werde. Regierung und Parlament hätten über die Steuerpolitik beispielsweise schon früher dahingehend Einfluss genommen, dass der Mittelstand seine Eigenkapitalquote habe verbessern können. Eine längere Bezugszeit von Kurzarbeitergeld (unter anderem) helfe jetzt den Betrieben, die aktuelle Krise zu überstehen, ohne Mitarbeiter entlassen zu müssen. Sie betonte, dass die politischen Akteure die Verantwortung für ein funktionierendes Gemeinwohl auch gar nicht abgeben könnten. „Wer soll es denn sonst machen?“ fragte sie. Aus ihrer Sicht reagiere man angemessen auf eine Krise, deren Fortgang und Dauer niemand vorher sehen könne. Dass die heutigen Hilfsmaßnahmen eine große Hypothek für zukünftige Generationen seien, verhehlte sie nicht. Die Expertin betonte aber, dass es sehr wohl einen Tilgungsfonds und Vorstellungen über den Abbau der neuen Schulden gebe und auch eine parlamentarische Kontrolle.

    Das Podium (v.l.): Dr. Barbara Hendriks (am Pult), Dieter Eilers, Monika Griefahn und Heinz Lüers.

    Auch ließ die SPD-Schatzmeisterin es sich nicht nehmen zu betonen, dass zu sozialdemokratischer Politik schon seit dem Godesberger Programm 1959 eine regulierte Wirtschaft gehöre. Der Satz „So viel Markt wie möglich, so viel Staat wie nötig“ habe sich durch SPD-Politik gezogen und sei 2007 mit „So viel Wettbewerb wie möglich, so viel Regulierung wie nötig“ ein weiteres Mal niedergeschrieben worden. Sie belegte an verschiedenen Stationen, wie SPD-Politiker ein ums andere Mal eine bessere Sicherung und Kontrolle von Finanzaktivitäten angemahnt hatten, aber insbesondere von argwöhnischen Vereinigten Staaten und einem misstrauischen Großbritannien immer wieder ins Leere laufen gelassen wurden. Nun, so ergänzte Monika Griefahn, fordere sogar der neue US-Präsident Barack Obama, Managergehälter zu deckeln.

    Insgesamt waren sich die Referenten – und auch die Zuschauer einig – dass nationale Regelungen allein für den deutschen Finanzmarkt nicht praxistauglich sind. Eine TÜV-ähnliche Zertifizierung von Finanzprodukten ist eine der Forderungen, mit denen die Sozialdemokraten darum in die internationalen Verhandlungen gegangen seien, so Barbara Hendricks.

    Gastgeberin Monika Griefahn hatte schon in ihrer Einführungsrede dargelegt, mit welchen Maßnahmen die Bundesregierung die Folgen der Finanzmarktkrise auf die Wirtschaft abfedere und somit sehr wohl ihren politischen Einfluss unter Beweis stelle. Sie nannte das zweite Konjunkturpaket von 50 Milliarden Euro als Beispiel. Damit würden unter anderem den Kommunen in Deutschland erhebliche Investitionen ermöglicht, die insbesondere dem deutschen Mittelstand Aufträge verschafften. Sie schloss die engagierte Diskussion nach gut zweieinhalb Stunden schließlich mit der Hoffnung, dass der Beinahe-Kollaps des weltweiten Finanzsystems zu einer Besinnung auf alte, neue Werte führen möge – zu einem besseren Miteinander der Menschen und der ebenso alten wie neuen Erkenntnis, das Geld nicht alles ist.