Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    23.10.2008

    Länder verabschieden schwierigen Kompromiss

    SPD Bundestagsabgeordnete kritisieren 12. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag


    Anlässlich der Verabschiedung des Entwurfes für den 12. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Dresden erklären die Sprecherin der Arbeitsgruppe für Kultur und Medien der SPD-Bundestagsfraktion, Monika Griefahn, der zuständige Berichterstatter der Arbeitsgruppe Europa der SPD-Bundestagsfraktion, Steffen Reiche, der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss und der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse:

    Die Ministerpräsidenten haben heute den Entwurf für den 12. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag beschlossen, mit dem die Vorgaben des EU-Beihilfekompromisses umgesetzt werden sollen. Der Vertrag muss jetzt von den Landesparlamenten ratifiziert werden. Änderungen sind de facto nicht mehr möglich.

    Mit dem 12. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag sollen die entscheidenden Weichen für den Bestand, die Weiterentwicklungsmöglichkeiten und die Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gestellt werden. Diese notwendige Weichenstellung kann aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion nur bedingt als ein Erfolg angesehen werden. Die jetzt verabschiedeten Regelungen werden gravierende Auswirkungen hinsichtlich der publizistischen Relevanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der neuen digitalen Medienwelt und damit auch hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Akzeptanz haben. Es ist sehr bedauerlich, dass die unionsregierten Länder bei den zurückliegenden Beratungen vor allem ein Ziel verfolgt haben: den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erheblich zu beschränken und vor allem seinen Online-Auftritt drastisch zu deckeln.

    Mit dem jetzt beschlossenen Entwurf wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer Art und Weise begrenzt, die nach dem EU-Beihilfekompromiss weder notwendig noch aus medien- und gesellschaftspolitischer Perspektive erwünscht ist – und die vermutlich verfassungsrechtlich nicht zulässig ist. Zwar werden mit den vorgesehenen Regelungen die Hörfunk- und Fernsehangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im jetzigen Umfang „gesichert“, zugleich jedoch weitgehend „eingefroren“ – dies ist mit Blick auf die verfassungsrechtlich gebotene Bestands- und Weiterentwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wie sie das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 11.09.2007 erneut bestätigt hat, äußerst problematisch.

    Zugleich werden die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Online-Bereich drastisch gedeckelt. Wir begrüßen ausdrücklich, dass es in den Verhandlungen gelungen ist, die von den unionsregierten Ländern geforderten weiteren Beschränkungen und die grundsätzliche Verkürzung des Programmauftrages im Online-Bereich um das gesamte Feld der Unterhaltung zu verhindern. Die originäre Online-Ermächtigung, wird aber leider durch die zugleich festgelegten Beschränkungen – genannt seien hier nur die 7-Tage-Regelung, das Verbot von presseähnlichen Angeboten oder aber der lokalen Berichterstattung - ins Gegenteil verkehrt. Zudem gehen die vorgesehenen Regelungen ohne jede Not weit über eine 1:1-Umsetzung der Zusagen gegenüber der EU-Kommission im Rahmen des EU-Beihilfeverfahrens hinaus, für die wir – Bund und Länder gemeinsam – in den Verhandlungen mit der Kommission gerungen haben.

    Die Parlamente der Länder sind aufgefordert, die Umsetzung der Vorgaben des 12. Rundfunkänderungs-Staatsvertrages sorgfältig zu begleiten und die Auswirkungen der neuen rechtlichen Vorgaben genau zu beobachten und zu evaluieren. Sollte sich bestätigen, dass die Auswirkungen dieser gesetzlichen Vorgaben zu Verzerrungen im publizistischen Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privaten Medienanbietern oder aber zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen, müssen die Länder auf solche Entwicklungen zeitnah reagieren. Es wird abzuwarten sein, ob die Vorgaben des 12. Rundfunkänderungs-Staatsvertrages vor einer verfassungsrechtlichen Überprüfung Bestand haben werden – Zweifel sind hier durchaus angebracht.