Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    08.06.2009

    Reine Wahltaktik: Innenminister gegen Computerspiele

    Verbotsdebatten ersetzen nicht mangelnden Vollzug des Jugendmedienschutzes


    Zum Vorschlag der Innenminister des Bundes und der Länder, schnellstmöglich ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot von gewalthaltigen Computerspielen umzusetzen, erklärt die Sprecherin der Arbeitsgruppe für Kultur und Medien der SPD-Bundestagsfraktion Monika Griefahn:

    Der Vorschlag, noch vor der Bundestagswahl ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot von gewalthaltigen Computerspielen umzusetzen, ist vor allem ein wahltaktischer Schnellschuss. Damit greifen die Innenminister von Bund und Länder die in schöner Regelmäßigkeit geführte, populistische Verbotsdebatte auf. Dabei ignorieren sie die gesellschaftliche Debatte der vergangenen Jahre und ihre politischen Ergebnisse zur Verbesserung des Jugendmedienschutzes. Darüber hinaus übersieht der Vorschlag geflissentlich, dass erst im vergangenen Jahr das Jugendschutzrecht novelliert wurde. Seit dem 1. Juli 2008 ist der Katalog der schwer jugendgefährdenden Trägermedien, die indiziert sind, im Hinblick auf Gewaltdarstellungen erweitert, die Indizierungskriterien wurden in Bezug auf mediale Gewaltdarstellungen präzisiert, zudem wurde die Mindestgröße der Alterskennzeichen der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle gesetzlich festgeschrieben.

    Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Evaluation des Jugendmedienschutzes durch das Hans-Bredow-Institut, welche nicht zuletzt die Grundlagen für die Novellierung des Jugendschutzrechtes bildete. Ergebnis dieser Evaluation war es, das es im Hinblick auf Computerspiele in Deutschland einen vorbildlichen und wirksamen Jugendmedienschutz gibt, wenngleich Defizite im Vollzug des Jugendmedienschutzes bestehen. Vor allem aber hat die Evaluation deutlich gemacht, dass zusätzliche Verschärfungen und gesetzliche Verbote, beispielsweise durch eine Erweiterung des Paragraf 131 StGB zur Gewaltverherrlichung, nicht nur unnötig sind, sondern auch wirkungslos wären.

    Populistische Verbotsforderungen sind damit als Placebos enttarnt. Nicht Gesetzeslücken verhindern die Strafverfolgung, sondern die mangelnde Anwendung der gesetzlichen Möglichkeiten. Jedem Bundesland bleibt es daher selbst überlassen, eine härtere Verfolgung durch seine Behörden anzuordnen und durch entsprechendes Personal zu ermöglichen. Dies wäre sinnvoller, als regelmäßige populistische Verbotsdebatten als Wahlkampfthema zu inszenieren. Zuzustimmen ist hier dem Deutschen Kulturrat und seiner Feststellung, dass der Jugendschutz und die Kunst-, Presse- und Meinungsfreiheit viel zu wichtig sind, um sie den wahlkämpfenden Innenministern von Bund und Ländern zu überlassen.