Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    09.03.2007

    Klimaschutz auf allen Ebenen - Bericht von Monika Griefahn

    Landtagswahlkonferenz Uwe Harden, MdL


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Meine Damen und Herren, liebe Parteifreunde, lieber Uwe,

    ich freue mich, dass Du mich eingeladen hast, ein paar Worte zum Thema „Klimaschutz“ zu sagen. Es ist sicherlich eine Herzensangelegenheit für mich und ein Bereich, in dem ich mich schon seit 30 Jahren engagiere.

    Und uns Aktivisten von damals ist auch schon seit ebenso langer Zeit bekannt, dass der Mensch das Klima auf der Erde durch seine Art des Lebens verändert. Dass das nun endlich als vermeintlich neue Erkenntnis auch in anderen Teilen der Bevölkerung ankommt, freut mich, auch wenn mich die Zeit, die es gedauert hat und die nunmehr nicht mehr für ein Abwenden des Klimawandels zur Verfügung steht, gleichzeitig traurig macht. Denn der neue UN-Klimareport mahnt zu Eile. Aus dem noch nicht veröffentlichten dritten Teil des Berichts wurde bekannt, dass die UN das Handlungsfenster auf 15 Jahre beziffert, wollen wir einen völlig unkontrollierten Klimawandel vermeiden.

    Da meine ich doch, jeder von uns sollte sich dort, wo er handeln kann, so schnell wie möglich an die Arbeit machen! Was jeder Einzelne tun kann, ist hinlänglich bekannt: Fahrrad und Zug statt Auto fahren, Ökostrom statt Atomstrom kaufen, auf Energieeffizienz beim Kühlschrankkauf achten. Dass das im Alltag häufig schwer ist, dass wir alle in Mobilitätszwängen stecken, weiß ich. Aber sind äußere Zwänge wirklich immer gegeben? Es ist denkbar einfach und mit keinerlei Nachteilen verbunden, seinen Stromanbieter zu wechseln. Was genau hält so viele Menschen davon ab, es zu tun? Dass Handeln oft genug nicht dem besseren Wissen folgt, beschäftigt mich. Ich glaube nicht, dass der Kampf gegen die Klimakatastrophe gewonnen werden kann, wenn wir Menschen unsere Mentalität nicht verändern.

    Klimaschutz geht also alle an, jeden Einzelnen. Aber natürlich sind auch wir Politiker in der Pflicht, und zwar auf allen Ebenen. Den Verantwortlichen in aller Welt muss klar sein, was die Erderwärmung für ihre Länder bedeutet. Australiens Initiative für Energiesparlampen ist löblich, lieber wäre mir, das Land würde das Kyoto-Protokoll unterschreiben - da würde ich mich übrigens auch über die Unterschrift der USA freuen. Den aufstrebenden Weltwirtschaften China und Indien müssen wir klar machen, dass ökonomische Erfolg ohne ökologische Weitsichtigkeit nur in die Katastrophe führen kann. Klimaschutz kostet Geld, ja, aber kein Klimaschutz kostet mehr Geld und bedeutet - wenn wir uns schon existierende Stürme, Überflutungen und Hitzewellen ins Gedächtnis rufen - das Einbüßen von Lebensqualität mit allen erdenklichen Folgen wie Kriege und Flüchtlingsströme.

    Wir dürfen auch als nationale und europäische Politiker nicht vergessen, dass Klima- und Umweltschutz globale Themen sind. Wenn wir hier Biokraftstoffe herstellen und einsetzen, ist das im Prinzip gut. Wenn aber, zum Beispiel für die Palmölgewinnung, die Regenwälder in Malaysia und Indonesien abgeholzt werden, ist das kontraproduktiv und schadet dem Klima unter Umständen mehr als es nützt. Meines Erachtens könnte eine verpflichtende Zertifizierung aller Biokraftstoffe hier einen Schutz gegen diese Verfehlungen sein. Die Zertifizierung sollte Lieferungen nach Umwelt- und Sozialstandards bewerten und Voraussetzung für einen Import in die EU sein.

    Wir in der großen Koalition - und die Weichen haben wir dafür schon in der rot-grünen Koalition gestellt - setzen uns auf nationaler Ebene im Umwelt- und Klimaschutz für den Ausbau der erneuerbaren Energien und für mehr Energie-Effizienz ein. Dadurch soll insbesondere der Ausstoß von CO2 vermindert werden, das einer der Hauptverursacher des Klimawandels ist. Für das Jahr 2006 lässt sich die CO2-Minderung dadurch, dass herkömmliche Energieträger im Bereich Strom, Wärme und Treibstoffe durch erneuerbare Energien ersetzt haben, auf rund 97 Millionen Tonnen beziffern.

    Und unser Programm ist dabei alles andere als wirtschaftsfeindlich. Im Bereich der erneuerbaren Energien hat sich der Inlandsumsatz im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr um 19 Prozent auf 21,6 Milliarden Euro erhöht. Der umsatzstärkste Bereich ist mit 38 Prozent die energetische Nutzung von Biomasse vor der Nutzung von Solarenergie mit 28 Prozent und der Windenergie mit 26 Prozent. Damit verbunden ist ein deutlicher Beschäftigungszuwachs. 2006 waren etwa 214.000 Menschen im Bereich der erneuerbaren Energien beschäftigt, 2004 waren es noch 57.000 weniger.

    Unter dem Thema Energie-Effizienz wollen wir dort einhaken, wo Energie ungenutzt verloren geht. Beispielsweise soll unser Gebäudesanierungsprogramm dabei helfen. Darin unterstützen wir die energetische Modernisierung an alten Wohngebäuden mit zinsgünstigen Darlehen durch die KfW-Bank. Wer sein Haus modernisiert, indem er zum Beispiel die Außenwände besser dämmt oder Fenster erneuert, „verheizt“ weniger Energie ungenutzt. Das schont langfristig gesehen den Geldbeutel der Hausbesitzer und das Klima, und es stärkt ganz nebenbei die heimische Wirtschaft.

    Weil das Thema Atomkraft gerne in die Diskussion um den Klimawandel eingestreut und als eine Lösung im Kampf gegen die Klimakatastrophe benannt wird, möchte ich eines deutlich machen: Für mich ist Atomkraft keine Alternative. Tschernobyl ist auch 20 Jahre nach der Reaktorexplosion ein mahnendes Beispiel für die Unbeherrschbarkeit dieser Form der Energiegewinnung. Über die Leukämiefälle in der Elbmarsch herrscht nach wie vor Unklarheit. Aber auch zur Überbrückung einer gewissen Zeit, bis die alternativen Energieformen noch marktfähiger sind, bringt Atomkraft nichts. Wer daran festhält, verzögert wichtige Innovationen auf dem alternativen Energiesektor, mehr nicht.

    Um beim Klimaschutz voranzukommen, sollten auch die Länder und die Kommunen als untere Naturschutzbehörden ihren Beitrag leisten. Bei der geplanten Umstellung der Kfz-Steuer von Hubraum auf Schadstoffausstoß beispielsweise können Niedersachsen und Co. beweisen, dass es möglich ist, in Sachen Klimaschutz an einem Strang zu ziehen. Sie können in den Bereichen Naturschutz- und Hochwasserschutz dazu beitragen, die Natur zu stärken. Sie können EU-Richtlinien zügig und im Sinne von Natur und Klimaschutz umsetzen und vieles mehr. In Niedersachsen und Hamburg entdecke ich unter den CDU-geführten Regierungen leider nicht das nötige Einsehen in ein schnelles Handeln. Beide Länder haben Umweltbehörden abgeschafft und verzichten damit unnötigerweise auf viel Fachverstand. Dass das Land Niedersachsen für seine Liegenschaften den Ökostrom Ende 2006 abbestellt hat, ist ein verheerendes Zeichen.

    Ich sehe auch die Industrie in der Pflicht. Die deutsche Autoindustrie hat eine wichtige Entwicklung verschlafen. Autobauer anderer Länder haben sich mit verbrauchsarmen Fahrzeugen auf das richtige Feld begeben, während in Deutschland Autos schwerer und verbrauchsintensiver wurden. Ich bin froh, dass diese Unternehmen inzwischen sehen, dass sie das Pferd wechseln sollten, wenn sie weiterhin im Wettbewerb bestehen wollen. Dass Umweltschutz ein Wettbewerbsfaktor wird,ist ein gutes Zeichen. Umweltgesetzgebung auf europäischer Ebene und entsprechende Gesetzesinitiativen von uns in Berlin (z.B. steuerliche Förderung von Dieselrußfiltern) stoßen die Industrie dabei gleichsam in die richtige Richtung.

    Schade nur, dass so vieles, was selbstverständlich sein sollte, nicht umgesetzt wird. Ich bin dennoch keineswegs deprimiert, denn die Umweltschutzbewegung hat schon sehr viel erreicht: Der totgesagte Wald ist zwar krank, aber noch am leben, weil Gegenmaßnahmen ergriffen wurden. Die Flüsse sind wieder sauberer als zuvor, die Ökobauern kommen kaum hinterher mit ihrer Produktion, um die steigende Nachfrage zu erfüllen. Es bewegt sich etwas auf dem Umweltsektor. Und beim Klima speziell schaffen wir das auch.

    Vielen Dank.