Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    05.06.2007

    Rüdiger Nehberg erhält den internationalen B.A.U.M-Sonderpreis

    Laudatio würdigt Engagement gegen weibliche Genitalverstümmelung


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Meine sehr geehrten Damen und Herren,
    lieber Rüdiger,

    manchmal überlege ich mir, was ich tun werde, wenn ich in Rente bin. Da gibt es eine Menge Möglichkeiten! Aber eine, da bin ich mir sicher, wird für mich nicht dazugehören: Zu Hause zu sitzen und die Welt von außen zu betrachten. Da also, lieber Rüdiger, haben wir etwas gemeinsam. Ob ich allerdings ebenso viel Energie für gesellschaftliches Handeln aufbringen werde, wie Du das immer noch unermüdlich schaffst, das weiß ich nicht. Denn da legst Du die Messlatte sehr, sehr hoch.

    Du hast in Deinem Leben viel bewegt für Menschen, die keine Lobby haben. Du hast nicht nur Unrecht gesehen, und müde mit den Schultern gezuckt - nein, Du hast wirklich Dinge verändert.

    Nehmen wir Dein Engagement für die Yanomami-Indianer im brasilianischen Regenwald. Der Stamm war Anfang der 80er Jahre massiv bedroht von bewaffneten Goldsuchern. Der schleichende Völkermord, geleugnet von den brasilianischen Behörden, wäre weiter fortgeschritten, hättest Du nicht mit teils sehr spektakulären Aktionen die Öffentlichkeit hierzulande darauf aufmerksam gemacht. Zusammen mit anderen Menschenrechtlern und den Medien ist es Dir gelungen, die Yanomami und ihr Schicksal weltweit bekannt zu machen und nach 20 Jahren einen akzeptablen Frieden für sie zu erreichen.

    Auch in Deinem derzeitigen Schwerpunkt, dem Engagement gegen die weibliche Genitalverstümmelung, hast Du schon sehr viel erreicht - und das im Übrigen bereits nach nur sieben Jahren intensiver Arbeit. Mit dem von Dir gegründeten Verein „Target“, unterstützt Du Projekte wie das Mobile Hospital, das den afrikanischen Nomadenstamm der Afar betreut. Du unterstützt auch von der Verstümmelung betroffene Patenkinder. Mich beeindruckt aber besonders, dass Du es in drei Wüstenkonferenzen geschafft hast, wichtige muslimische Würdenträger an einen Tisch zu holen und einen Denkprozess anzustoßen. Dieser Weg scheint der richtige, sonst wäre Dir der große Durchbruch bei der Gelehrten-Konferenz im Kairo im November 2006 nicht gelungen. Dort einigten sich die Islam-Gelehrten auf den Beschluss, weibliche Genitalverstümmelung sei ein Verstoß gegen die höchsten Werte des Islam und ein „strafbares Verbrechen“. Ich habe überlegt, was Dein Erfolgsrezept ist - und ich meine abseits davon, Medienöffentlichkeit zu erzielen, um ein Lobby für Deine Anliegen aufzubauen.

    Ich glaube, Deine Erfolge für die Sache fußen auf Authetizität, auf Neugier und einer starken Überzeugung. Was Du tust, kommt aus Dir selbst. Nur wenn das der Fall ist, kann man andere mitreißen. Erfolge in der Sache sind dann eine Belohnung für das eigene Engagement. Und wenn man Dich anschaut und kennt, erkennt man zweifellos, dass der Erfolg in einer Sache, für die man kämpft, zufrieden und glücklich macht.

    Zu Deinem Erfolgsrezept gehören meines Erachtens auch Deine tiefen, vielleicht intuitiven Kenntnisse des Menschen. Deine zahlreichen, teils abenteuerlichen Reisen haben Dir geholfen, die eigene Wahrnehmung immer wieder zurechtzurücken, Verständnis und Empathie, Bewunderung und Respekt für andere Kulturen zu entwickeln. Nur mit diesen Eigenschaften kann man es schaffen, einen Dialog der Kulturen, wie Du ihn auf den Wüstenkonferenzen pflegst, kreativ und effektiv zu gestalten und ihn nicht an die Wand zu fahren.

    Schließlich meine ich, dass Antrieb und Bestätigung für die Dinge, die einem wichtig sind, auch daraus gespeist werden, dass man selbst Unterstützung erfährt. Mit deiner Lebensgefährtin Annette Weber hast Du da eine wichtige Mitstreiterin an Deiner Seite, die die heutige Auszeichnung sicherlich auch ein Stück weit mitverdient hat.

    In der Biografie auf Deiner Internetseite schreibst Du die Berufsbezeichnung „Aktivist für Menschenrechte“ unter das Jahr 1980 und fügst hinzu „bis Lebensende“. Wer das so klar formuliert, der hat seine Bestimmung gefunden. Ich wünsche Dir, dass es Dich noch lange glücklich macht, andere glücklich zu machen, und dass Du weiterhin so viel Erfolg in Deinen Aktivitäten für diejenigen hast, die unter Menschenrechtsverletzungen leiden. Ich wünsche Dir auch, dass Du immer Menschen an Deiner Seite hast, die diese Ziele teilen. Und was ich hoffe ist, dass Du nicht mehr ganz so viele gefährliche Dinge unternimmst, um Deine Ziele zu erreichen.

    Herzlichen Glückwunsch, lieber Rüdiger, zu dem B.A.U.M-Sonderpreis, der Dir heute verliehen wird!