Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    12.10.2007

    Plenumsrede zur großen Anfrage der Grünen

    Aussagen zur auswärtigen Kulturpolitik


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Herr Präsident!
    Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
    Liebe Uschi Eid,

    wir diskutieren heute über die Große Anfrage und über Ihren Antrag. Ich finde das Instrument der Kleinen und Großen Anfragen prinzipiell gut, weil damit wichtige Aspekte dargestellt, aktuelle Daten und auch Verbesserungsmöglichkeiten deutlich gemacht werden. Aber ich muss sagen: Bei dieser Großen Anfrage, auch wenn alle Vorredner sie sehr positiv bewertet haben, habe ich mich doch manchmal gefragt, ob das alles wirklich notwendig war, liebe Uschi Eid. Denn wir haben das Instrument des Unterausschusses „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“, der viele Fragen aufgegriffen und Daten zur Verfügung gestellt hat. Wir haben den jährlichen Bericht über die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, über den wir intensiv diskutiert haben.

    Ich finde, wir haben sehr viel auf den Weg gebracht, sodass diejenigen, die davon betroffen sind, jetzt auch arbeiten müssen. Als jemand, der sich damit beschäftigt, wie die Leute die notwendigen Unterlagen zusammentragen müssen, muss ich ehrlich sagen: Manchmal hat es ein bisschen an Beschäftigungstherapie für unsere Mittlerorganisationen erinnert, die in der Zeit Unterlagen zusammentragen mussten, in der sie eigentlich hätten arbeiten müssen, um die Konzepte umzusetzen, die wir schon beschlossen haben, und zwar einvernehmlich.

    Ich hätte mir gewünscht, dass Fragen wie zum Beispiel die, an welchen internationalen und europäischen Tagungen Mitarbeiter alles Ressorts der Bundesregierung seit 1998 teilgenommen haben, in so einer Auflistung nicht vorkommen. Ich finde die Antwort der Bundesregierung auf diese Frage richtig. Sie schreibt: „Die Bundesregierung führt hierzu keine umfassenden Übersichten.“

    Das finde ich wirklich ein bisschen üppig. Ich muss sagen: Wir arbeiten da immer gut zusammen, und vieles ist auf dem Weg; wir müssen es voranbringen. Die erkennbare, in den vergangenen Monaten eingeleitete beeindruckende Trendwende in der auswärtigen Kulturpolitik hängt auch mit den handelnden Personen zusammen. Unser Minister hat sich dafür aktiv eingesetzt; bei Joschka Fischer habe ich dies manchmal sehr vermisst. Liebe Uschi Eid, du warst damals auch in der Regierung und hättest vieles davon auch mit anleiern können. Es hat mir ein bisschen leid getan, dass Lothar Mark und ich, die wir hierfür schon viel früher aktiv waren, immer gepusht, aber nicht immer entsprechende Resonanz gefunden haben.

    Nichtsdestotrotz konnten wir erreichen, dass das Goethe-Institut als größte Mittlerorganisation bereits in diesem Jahr gestärkt worden ist und dass mehr Mittel vorhanden sind. Die Neukonzeption läuft auf Hochtouren. Auch für 2008 werden wir weitere Anstrengungen unternehmen und zum Beispiel Projektmittel um 10 Millionen Euro erhöhen. Das sind Gelder, die wirklich vor Ort ankommen.

    Angesichts dessen, dass auch Einrichtungen, die uns beiden wichtig sind, über zu wenig Mittel verfügen konnten zum Beispiel das Goethe-Institut in Addis Abeba, das neben Nairobi das einzige Institut in Mittel-Ost-Afrika ist, das bislang nur 43 600 Euro Projektmittel im Jahr zur Verfügung hatte und davon auch noch Spracharbeit und alle Anschaffungen für die Bibliothek bezahlt hat, ist klar, dass aufgrund dessen zu wenig Geld für die kulturellen Projekte übrig bleibt. Es ist eine gute Sache, dass diese Einrichtung mehr Geld bekommt, wenn die Projektmittel für das Goethe-Institut erhöht werden; dafür haben wir gemeinsam gestritten. Bei der Aufstockung dieser Mittel liegt der Fokus auf dem neuen Schwerpunktprojekt: 20 Millionen Euro für die Initiative „Aktion Afrika“ fließen in einen Themenbereich, bei dem wir die Hilfe von Ihnen, Frau Eid, wirklich brauchen können, um die Initiative praktisch auszustatten. Mit den Mitteln werden wir Schüleraustausche, Medienarbeit, Stipendien, Künstleraustausche und Kulturprojekte durchführen, um für den Kontinent, der vielleicht ein Stück zu kurz gekommen ist, tatsächlich etwas auf den Weg zu bringen.

    Einen Aspekt der großen Anfrage begrüße ich übrigens ausdrücklich. Mehrere Fragen zielen auf die Verbindung von auswärtiger Kulturpolitik und Entwicklungshilfe ab. Das halte ich für einen sehr wichtigen Punkt. In der Antwort der Bundesregierung heißt es dazu:

    „Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg von Entwicklungsprojekten besteht darin, dass sie mit den kulturellen Rahmenbedingungen des jeweiligen Landes kompatibel sind.“

    Genau diese Verbindung zeigt uns, wie wichtig es auch für den Erfolg für Entwicklungshilfe ist, dass wir die Kultur des Gastlandes nicht nur gut kennen, sondern auch in den kulturellen Dialog eintreten. Die Trennung von Kulturpolitik und Entwicklungshilfe ist meiner Meinung nach das sage ich schon seit Längerem nicht mehr zeitgemäß, gerade in Schwellenländern, wo die Instrumente der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik und Bildung als solche sowie deren Verknüpfung zentrale Punkte sind, um vorankommen. Ich hoffe dabei natürlich auf die kompetente Kooperation und Hilfe, die auch Uschi Eid dabei geben kann, weil sie sich damit schon immer besonders beschäftigt hat.

    Einen Schwerpunkt in der Großen Anfrage bilden Fragen zum Einsatz von Evaluation. Hier passiert vieles, und noch mehr ist geplant. Die Budgetierung des Goethe-Institutes, die ich ebenfalls zusammen mit meinem Kollegen Lothar Mark seit 1998 einzuführen versucht habe und die endlich 2008 weltweit gelten wird, bedeutet nicht nur den flexibleren und besseren Einsatz finanzieller Mittel, sondern eben auch den Einsatz von Evaluation. Um durch Ergebnisse von Evaluationsmaßnahmen die derzeitige Arbeit des Auswärtigen Amtes und seiner Mittler noch weiter zu optimieren, werden wir auch 2008 dafür rund 300 000 Euro zusätzlich in den Haushalt einstellen.

    An dieser Stelle muss ich aber auch dem heute vorliegenden Antrag der Grünen in zweierlei Hinsicht widersprechen. Erstens ist von der dort festgestellten Halbherzigkeit unserer Maßnahmen nun wirklich nichts zu erkennen, wenn man sieht, dass wir Evaluation durchführen. Zweitens bin ich dagegen, dass wir, wie es zurzeit Mode zu sein scheint, einem Evaluationswahn verfallen. Das bringt nichts, kostet viel Geld und hindert an der Arbeit, die vor Ort gemacht werden muss. Wenn man immer nur Berichte schreibt, dann kommt man nicht mehr dazu, die Dinge tatsächlich zu tun.

    Ich kann davon ein Lied singen: Ich war Bildungsreferentin und musste immer irgendwelche Anträge und Berichte schreiben, während ich für die Maßnahmen an sich die wenigste Zeit aufwenden konnte. Das müssen wir wirklich dringend anders machen.

    Im nächsten Jahr machen wir noch einen wichtigen Schritt, auf den ich zum Schluss eingehe. Das ist die Schulinitiative, für die wir 2008 zusätzliche 41,5 Millionen Euro aufbringen wollen; damit wollen wir das Netz der deutschen Schulen im Ausland verstärken und ausbauen. Das ist wichtig - Herr Gauweiler hat darauf aufmerksam gemacht -, denn in den letzten Jahren ist immer klarer geworden, welch großen Beitrag Bildung für die Entwicklung eines Landes und dessen Kultur leistet, aber auch, welche Anbindung die deutsche Sprache dabei bietet. Ich werde mir wirklich merken, wie Sie das so schön gesagt haben: Stammkundschaft vor Laufkundschaft. Das ist ganz richtig. In den kommenden Jahren wollen wir das Schulnetz auf 1 000 Partnerschulen ausbauen, insbesondere in der Region Asien, aber auch im Nahen und Mittleren Osten sowie in Mittel- und Osteuropa; denn dort sind wir nicht hinreichend präsent. Das bedeutet nicht, dass wir überall neue Schulen bauen müssen. Stattdessen können wir auch an qualifizierten Schulen des Gastlandes die Angebote, Deutsch als Fremdsprache zu erlernen, ausbauen und so eine Antwort auf die starke Nachfrage gerade in Asien und Osteuropa geben.

    Ich erlebe auf internationalen Konferenzen immer wieder, dass wir gebeten werden, dafür zu sorgen, dass auf diesen Konferenzen auch auf Deutsch übersetzt wird. Denn viele unserer Kollegen, zum Beispiel solche aus Osteuropa, können eher Deutsch als Englisch.

    Wenn die Konferenzsprache nur Englisch oder Französisch ist, können sie nicht folgen. Hier haben wir, wie ich glaube, eine Verantwortung. Wir müssen deutlich machen, dass Deutsch in der EU und auf vielen internationalen Konferenzen eine Amtssprache ist. Weil wir aber immer klaglos hinnehmen, dass Englisch oder Französisch geredet wird, tragen wir mit dazu bei, dass unsere osteuropäischen Kollegen häufig nicht mitreden können. Das finde ich nicht gut.

    Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt ist die Schularbeit; das wird mir immer wieder deutlich. Im Moment feiern mehrere Schulen auf der ganzen Welt größere Jubiläen. So feiert zum Beispiel die Deutsche Schule Montevideo gerade ihr 150-jähriges Jubiläum. Die Anbindung Uruguays an Deutschland ist enorm. Viele Leute in diesem Land, auch viele Entscheidungsträger, haben diese Schule durchlaufen. Sie gilt als eine der besten Schulen in Montevideo, und viele Leute gehen zum Studieren dorthin. Ich glaube, dass unsere Anbindung an derartige Länder sehr wichtig ist. Wir müssen sie ausbauen. Das ist im Rahmen der Schulinitiative, die die Koalition mit einem eigenen Antrag, den sie in den nächsten Wochen einbringt, parlamentarisch begleiten wird, ein sehr wichtiger Punkt.

    Wie Sie sehen, ist in der auswärtigen Kulturpolitik eine ganze Menge im Fluss. Wir haben viel vor. Es kommt auf die Taten an. Ich wünsche mir, dass wir über unsere Taten diskutieren und konkrete Anträge stellen, um das Außenministerium in seinen Aktivitäten zu unterstützen. Auf die Auswertung von Berichten sollten wir nicht so viel Wert legen. Mehr Wert sollten wir darauf legen, dass etwas getan wird. Ich hoffe, dass wir in diesem Sinne im Ausschuss weiterhin aktiv kooperieren.

    Danke schön.