Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

Archiv

Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

Archives

On this website you find information about my work as member of parliament (1998 - Oct. 2009)

Curriculum Vitae english Curriculum Vitae français Curriculum Vitae spanish Curriculum Vitae russian Curriculum Vitae chinese

    13.11.2008

    Plenumsrede zur Verabschiedung des Gedenkstättenkonzeptes


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    zunächst möchte ich mich dem Dank meiner Vorrednerinnen und Vorredner anschließen. Nachdem der Staatsminister im Juni 2007 einen doch umstrittenen Entwurf für die Fortschreibung der Gedenkstättenkonzeption vorlegte, haben wir in einem sehr konstruktiven Prozess die nun vorliegende Konzeption gemeinsam erarbeitet. Daran haben sowohl der Ausschuss mit einer Anhörung, als auch eine Reihe externer Experten mitgewirkt.

    Das Ergebnis ist eine überzeugende Fortschreibung der Gedenkstättenförderung durch den Bund.

    Besonders hervorheben möchte ich die Aufnahme von vier NS-Gedenkstätten in den alten Bundesländern in die institutionelle Förderung des Bundes. Dazu gehören Bergen-Belsen in Niedersachsen, Neuengamme in Hamburg, sowie Dachau und Flossenbürg in Bayern. Durch diese institutionelle Förderung wird diesen Gedenkstätten Planungssicherheit gegeben.

    Dafür möchte ich an dieser Stelle besonders dem Bundesfinanzminister danken, denn üblicherweise gibt es keine neuen institutionellen Förderungen. Ich bin froh, dass wir die seit vielen Jahren geleistete gute Arbeit der Gedenkstätten anerkennen und die große Nachfrage der Besuchergruppen, die existiert, besser mit geschultem Personal beantworten können.

    Zugleich führen wir die Projektförderung des Bundes für authentische und national bedeutsame Erinnerungsorte und Gedenkstätten fort. Damit können auch wir Initiativen unterstützen, von denen die Kultur unserer Erinnerung lebt, auf deren Engagement sie aufbaut. In Sachsen fördern wir zum Beispiel den Jugendwerkhof in Torgau. Hier können die Besucher einen Einblick erhalten in das fragwürdige Erziehungskonzept, den menschenunwürdigen Alltag und das drakonische Strafsystem im Geschlossenen Jugendwerkhof, der dem Ministerium für Volksbildung der DDR direkt unterstand.

    Neben dem zivilgesellschaftlichen Engagement ist ein zweiter Aspekt sehr wichtig: die politische Bildung. In der Diskussion um das Konzept ist deutlich geworden, wie wichtig Vermittlung und politische Bildung beim Umgang mit unserer Geschichte sind und wo es noch hapert.

    Wir werden in der nächsten Woche im Haushalt 2009 die Mittel dafür entsprechend erhöhen. Es ist gut, dass wir das geschafft haben.

    Im Umgang und der Vermittlung unserer Geschichte – ob nun Nationalsozialismus oder DDR – sind wir alle gefordert: Elternhäuser, Schulen, Medien und Politik – alle in unserer Gesellschaft also. Wie wichtig es ist, die Erinnerung wachzuhalten und mehr über unsere Geschichte lernen und wissen zu wollen, zeigen erschreckende Studien. Diese zeigen, dass viele Schüler aber auch Erwachsener nur wenig gerade über das Unrechtsregime der DDR wissen.

    Hier wird hier besonders deutlich, dass sich unser Bemühen nicht nur auf die gute Ausgestaltung der Gedenkstätten beschränken darf, sondern es einer umfassenden Aufarbeitung bedarf. Gerade wenn es um die ehemalige DDR geht, haben wir viele Zeitzeugen – im Grunde gehören wir alle selbst dazu. Diese persönlichen Erfahrungen sollten wir noch stärker einbringen, gerade auch in der Schule.

    Dieses Wissen bietet die Chance, ganz anschaulich über Alltag und Gesellschaft in der DDR zu berichten. Gerade die Alltagserfahrungen, das tägliche Leben in einem Konstrukt von Überwachung und Zersetzung, das menschliche Miteinander in einem unmenschlichen System, haben die Menschen in der DDR geprägt. Und diese Geschichten sollten wir uns erzählen, voneinander lernen. Das wir dabei auf dem richtigen Weg sind, hat der heute Vormittag diskutierte Bericht zur Deutschen Einheit gezeigt.

    Ich begrüße es außerordentlich, dass das Thema Gesellschaft und Alltag einen wichtigen Platz in der Konzeption einnimmt. Auch wenn dieser Aspekt in der Diskussion nicht unumstritten war, es war ein richtiger und wichtiger Schritt.

    Ich betone diesen Aspekt auch deshalb, weil wir im nächsten Jahr 20 Jahre Wiedervereinigung und 60 Jahre Grundgesetz feiern. Gleichzeitig gedenken wir weiteren, ebenfalls wichtigen Jahrestagen wie dem 70. Jahrestag des Überfalls Deutschlands auf Polen. Ich hoffe sehr, dass wir diese Jahrestage zum Nachdenken und für die Erinnerung nutzen.

    Die Gedenkstättenkonzeption des Bundes bietet auch in Zukunft eine gute Grundlage für das gemeinsame Bewusstsein und das brauchen wir in einer lebendigen Demokratie.

    Vielen Dank!