Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    13.02.2009

    Interview zu Auslandsschulen

    „Bildung ist die Grundlage für Demokratie“


    Die SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn engagiert sich seit Jahren für das deutsche Auslandsschulwesen. Stefany Krath sprach mit der Politikerin über aktuelle Entwicklungen.

    Frau Griefahn, wie bewerten Sie die Einschätzung vieler Experten, dass es in Deutschland an qualifiziertem Nachwuchs in Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft fehlt?

    Das stimmt in verschiedenen Bereichen und ist deswegen ein Thema, an dem wir intensiv arbeiten. Immerhin sind wir inzwischen in Deutschland der drittattraktivste Studienstandort auch für ausländische Studierende. Das ist, glaube ich, der richtige Weg, aber wir müssen da noch mehr tun. Uns fehlen alleine im Moment zwischen 50.000 und 70.000 Ingenieure. Das können wir sicherlich mit Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, alleine nicht ausgleichen, sondern da brauchen wir auch die internationale Kompetenz.

    Damit sind wir schon bei den Deutschen Auslandschulen: Was können die Schulen in diesem Zusammenhang leisten?

    Wir haben ja inzwischen 132 eigene Deutsche Auslandsschulen und haben es seit dem letzten Jahr geschafft die Partnerschulen, die wir im Ausland haben, auf über 1.000 aufzustocken. Das ist wichtig, damit wir noch intensiver mit Schulen im Ausland zusammenarbeiten können, Deutschland als Land attraktiv machen und ein Bild von Deutschland vermitteln, das weltoffen und freundlich ist. Wir wollen natürlich den Dialog mit vielen Ländern und wir wollen natürlich auch die Anbindung von vielen Menschen an Deutschland. Jemand, der in einer Schule mit einem deutschen Schwerpunkt war, studiert dann eventuell auch in Deutschland. Früher waren die Deutschen Schulen im Ausland vorwiegend Expertenschulen, wo deutsche Kinder hingegangen sind, wenn ihre Eltern im Ausland arbeiteten. Jetzt sind es mehr und mehr Schulen, an die Schüler aus den Gastländern gehen. Und was wir nun verstärkt haben und auch weiter verstärken wollen, sind Stipendienprogramme – auch an den Schulen – so dass begabte Kinder die an eine Deutsche Schule gehen wollen, nicht am Schulgeld scheitern. Wir wollen Menschen die Möglichkeit geben, in Deutschland mit einem Vollstipendium zu studieren und damit sowohl Nachwuchs für andere Länder, mit denen wir eng zusammenarbeiten, auszubilden, als auch, es attraktiv zu machen, in Deutschland zu arbeiten. 2009 sind alleine 150 Millionen Euro für diese Stipendien vorgesehen.

    Sie waren eine der Verfechterinnen der Entschließung des Deutschen Bundestages zum Thema „Deutsche Auslandsschulen“. Warum haben Sie sich so engagiert?

    Weil ich glaube, dass das zwei wichtige Botschaften mit sich bringt. Erstens: Deutsche Auslandsschulen sind für uns Botschafter im Ausland. Wir haben dadurch einen intensiven Kontakt, eine Verankerung von Deutschland in anderen Ländern. Zweitens sind die Schulen für uns wichtig, weil jemand, der als junger Mensch einerseits die deutsche Sprache lernt –ein ganz wichtiges Element an einer Deutschen Schule – und andererseits auch die Lebensweise in Deutschland und Europa kennenlernt, eine Anbindung an Deutschland gewinnt. Das bedeutet, sie oder er hat dann vielleicht auch ein Interesse daran, in Deutschland zu studieren oder in einer Firma in seinem Land zu arbeiten, die mit Deutschland zusammenarbeitet. Das kann uns insgesamt nur gut tun – sowohl für das Ansehen von Deutschland in der Welt, als auch für die Möglichkeit miteinander wirtschaftliche Beziehungen zu unterhalten. Wenn man etwas kennt, dann geht man ganz anders damit um, als wenn einem das fremd ist.

    In der vorausgegangenen Debatte zur Entschließung wurde den Deutschen Schulen im Ausland vorgeworfen, dass sie ein reines Angebot an die Elite wären Wie stehen Sie dazu?

    Das hat sich ja insofern geändert, als dass wir die Stipendienprogramme an den Schulen erweitert haben und mit dem Partnerschulprogramm eben auch sehr viel verstärkten Unterricht an Schulen geben, die bereits existieren. Damit gehen eben auch finanzielle Mittel an Schulen, um Kindern überhaupt eine Schulbildung zu ermöglichen. Wir sagen, Bildung ist alles und Bildung ist die Grundlage für Demokratie. Das ist ja auch ein ganz wichtiger Faktor: Wenn Menschen Kenntnisse haben, sie lesen und schreiben können, wenn sie ausgebildet sind – dann können sie auch bewusst Entscheidungen treffen und werden auch weniger von Diktaturen mitgezogen, wie das vielleicht sonst der Fall wäre.

    Sie haben schon einige Auslandsschulen persönlich besucht. Welchen Eindruck haben Sie dabei mitgenommen?

    Ich bin immer sehr begeistert von unseren Deutschen Schulen im Ausland, weil ich denke, dass das Personal, das dort hinkommt, höchst motiviert ist. Das ist auch klar, denn man bewirbt sich freiwillig, um an eine Deutsche Auslandsschule zu gehen. Es ist ein sehr engagiertes Klima. Ich wünschte mir manchmal für unsere deutschen Schulen, an denen es teilweise sehr schwierige Arbeitsbedingungen gibt, die Möglichkeiten, die die Deutschen Schulen im Ausland häufig haben. Das liegt natürlich auch daran, weil die Elternvereine, die die Schulen betreiben, sehr aktiv sind. Im Ausland ist das eher der Fall, dort ist die Deutsche Schule ein kultureller Anlaufpunkt für die deutsche Community, so dass da dann natürlich auch mehr Engagement und auch kulturelles Programm läuft, als das bei uns teilweise der Fall sein kann. Und ich denke, dass die Ergebnisse – das sieht man auch, wenn man die freiwillige Teilnahme der Schulen an PISA-Tests etc. sieht – sehr, sehr gut sind.

    Wie sehen Sie die Entwicklung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik unter den Bedingungen der schwierigen Haushaltsentwicklung, Stichwort Wirtschaftskrise?

    Wir haben sehr dafür gekämpft, dass der Etat der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht worden ist. Und ich bin sehr froh, dass Frank-Walter Steinmeier als Außenminister sich gemeinsam mit uns als Parlament sehr engagiert hat. Das war bei dem vorherigen Außenminister nicht der Fall – aber ich sehe, dass dieses Geld eine wichtige Investition in die Zukunft ist. Ich denke, wenn Leute gut ausgebildet sind, wenn sie dann auch selber aktiv werden können, wenn sie im wirtschaftlichen Bereich, im wissenschaftlichen Bereich aktiv teilhaben, dann haben wir auch die Möglichkeit, neue Märkte zu erschließen und ich glaube, dass das für unsere Wirtschaft auch sehr wichtig ist, diesen kontinuierlichen Kontakt zu betreiben und auch zu unterstützen. Insofern sehe ich, dass die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik eher ein Stabilisierungsfaktor, denn ein Faktor ist, den man jetzt wieder kürzen dürfte.

    Superwahljahr 2009: Wird das Deutsche Auslandsschulwesen, je nach Ausgang der Wahl, leiden?

    Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, dass gerade die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik inzwischen parteiübergreifend einen hohen Stellenwert genießt. Wir haben alle Anträge, die mit diesem Thema zu tun haben – seien es Goethe-Institute, seien es Schulen einstimmig im Parlament verabschiedet. Ich glaube, alle sehen die Notwendigkeit. Es war ein guter Diskussionsprozess, der auch alle Parteien hinter sich versammelt hat, weswegen ich sehr hoffe, dass alle Parteien diese Entwicklung auch nach der Wahl weitertreiben werden.