Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    27.02.2009

    Interview zum System des Presse-Grosso


    1. Die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage und das Presse-Grosso ringen derzeit in harten Verhandlungen um die finanziellen Konditionen für die Auslieferung der Presse-Produkte an den Einzelhandel. Welche medienpolitische Relevanz hat diese Auseinandersetzung aus Ihrer Sicht?

    ANTWORT: Zunächst ist auch hier das Aushandeln von Konditionen zwischen Wirtschaftspartnern eine in erster Linie wirtschaftliche Angelegenheit. Da das Presse-Grosso in unserer Demokratie jedoch eine wichtige Funktion hat und unter besonderem Schutz steht, ist es ausgeschlossen, dass Konditionen verhandelt werden, die die Existenz des Grosso gefährden. Ich habe deswegen schon immer dafür plädiert, dass sich die Verlage mit den Grossisten gütlich einigen, damit Politik als letztes Mittel nicht eingreifen muss. Bisher hat das eigentlich gut funktioniert, was in meinen Augen zeigt, wie sinnvoll dieses System der Vielfaltssicherung ist.

    2. Im Rahmen der Debatte um die Veränderung der Fusionkontrolle in der Pressebranche hatte der Bundesverband Presse-Grosso bereits vor einigen Jahren dafür plädiert, die deutsche Pressevertriebsstruktur und damit den Bestand eines mittelständischen und verlagsunabhängigen Presse-Grosso gesetzlich festschreiben zu lassen. Vor dem Hintergrund der erbitterten Auseinandersetzung um die genannten Konditionen sowie der Kündigungen, die die Bauer Media Group gegenüber drei Presse-Grosso-Unternehmen ausgesprochen hat, könnte diese Forderung neue Aktualität erhalten. Welche Haltung nehmen Sie gegenüber dieser Forderung ein?

    ANTWORT: Ich sage es ganz klar: Das Grosso-System steht nicht zur Disposition. So wie ich das wahrnehme, stehen die Verlage aber nach wie vor zu diesem System. Das hat mir auch Heinz Bauer für seinen Verlag in einem Brief versichert. Sollte jedoch klar werden, dass sich Zeitungs- und Zeitschriftenverlage gegen das Grosso-System stellen, so bin ich sicher, dass wir schnell zu einer gesetzlichen Sicherung finden würden.

    Ich sehe die Kündigung von verlagsunabhängigen Grossisten durch die Bauer Media Group allerdings kritisch. Zwar beliefert der Bauer Verlag über den eigenen Grossisten weiter, jedoch stellt dieser Vorgang massiv den Grundsatz der Verlagsunabhängigkeit in Frage und mittelfristig wird ebenfalls das Prinzip der gleichen Marktzutrittchancen auch für kleine Verlage unterlaufen. Diese greift zwei Essentials an, auf denen das Grosso-System fußt. An diesem Punkt werden deswegen auf politischer Ebene Gespräche geführt, damit einerseits das Grosso-System nicht gefährdet wird und andererseits Verlage in diesen wirtschaftlich schweren Zeiten nicht über Gebühr belastet werden.

    3. In der so genannten Gemeinsamen Erklärung vom August 2004, die seinerzeit vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Clement und der Kultur- und Medienbeauftragten Weiss angeregt wurde, bekennen VDZ, BDZV und der Bundesverband Presse-Grosso sich zur bestehenden Struktur des Pressevertriebssystems in Deutschland. Inwiefern sehen Sie die Inhalte der Gemeinsamen Erklärung durch die aktuelle Auseinandersetzung zwischen den Verlagen und dem Presse-Grosso berührt?

    ANTWORT: Prominent legt der dritte Satz der Gemeinsamen Erklärung fest, dass eine Ausweitung der Grossisten mit Verlagsbeteiligung nicht stattfinden soll. Gleichzeitig wird die Neutralitätsverpflichtung genannt. Beide Punkt sehe ich in der derzeitigen Situation unmittelbar berührt. Ich hoffe sehr, dass in den derzeit laufenden Gesprächen hier eine Lösung gefunden wird. Die gekündigten Grossisten haben ebenfalls Klage erhoben, so dass ich auch über diesen Weg gute Chancen für eine positive Lösung des Konflikts sehe. Das Eingreifen des Gesetzgebers sollte wirklich das letzte Mittel sein.