Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    23.03.2009

    Beitrag zur Digitalisierung des Hörfunks

    Beitrag für die Zeitschrift Digitaler Rundfunk


    Muss die ARD eine Lokomotiv-Funktion übernehmen? Warum (nicht)?

    Für die erfolgreiche Entwicklung des digitalen Rundfunks – und dies gilt sowohl für Hörfunk wie für Fernsehen und sowohl für die öffentlich-rechtlichen Anbieter wie auch die privaten Rundfunkanbieter – ist es entscheidend, dass er sich die Chancen der Digitalisierung zunut-ze machen kann. Nur so wird es eine verbraucherorientierte und wirtschaftlich erfolgreiche Digitalisierung geben, die die Zukunftsfähigkeit des Medienstandortes Deutschland sichert. Ein zentrales Problem bei der Fortentwicklung der Digitalisierung ist, dass der potenziell und sicher in manchen Angebotsbereichen auch real vorhandene Mehrwert der Digitalisierung bislang nicht ausreichend als Anreiz für die Verbraucher gewirkt hat, auf die digitale Technik umzusteigen. Dadurch sind sowohl neue digitale Angebote wie auch der Adressatenkreis beschränkt geblieben. Die schwierige Einführung des DAB-Standards ist ein Beleg dafür, dass die Digitalisierung kein Selbstläufer ist. Auch der bisherige Verlauf der Diskussion und des Pilotprojektes zur Einführung des mobilen Fernsehens (Handy-TV) machen das deutlich. Die Verfügbarkeit einer leistungsfähigen Technik allein reicht nicht aus, um ein neues Me-diensegment zu etablieren. Die Digitalisierung des Rundfunks kann nur dann erfolgreich sein, wenn es den Anbietern gelingt, einen Zusatznutzen der neuen Technik zu realisieren, der die Verbraucherinnen und Verbraucher von den Vorteilen überzeugt.

    Unverzichtbar sind deshalb öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter, die in einem dualen System eine andere Aufgabe als ihre kommerziellen Konkurrenten haben: Nämlich die Bür-ger mit unabhängiger und sorgfältig recherchierter Information zu versorgen, die sie für ihre Orientierung benötigen, verbunden mit der Verpflichtung, unterschiedlichen Meinungen und Einstellungen in der Gesellschaft eine Stimme zugeben. Aus diesem Grund übernehmen sie natürlich auch eine Art Lokomotivfunktion. Das gilt erst recht, da es zuallererst der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist, der langfristig die Vielfalt der Angebote auf allen Übertragungswegen und insbesondere im digitalen terrestrischen Rundfunk sicherstellen soll und muss.

    Sollen die privaten Rundfunkveranstalter wie in Österreich durch einen Digitalisie-rungsfonds gefördert werden? Warum (nicht)?

    Aus Sicht sozialdemokratischer Medienpolitik muss es das Ziel sein, auch die digitale Welt mit ihrer Globalisierungsperspektive zu gestalten. Dazu bedarf es einer Medienordnung, die den Erfordernissen der digitalen Welt gerecht wird. Dieses Rundfunk- und Medienrecht muss zudem technologieneutral entwickelt werden. Für die Nutzung digitaler terrestrischer Netze braucht es bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen sowohl für Radio als auch Fernse-hen und Multimedia-Dienste. Vielfalt und Wettbewerb sind auch in der digitalen Welt Ziele der Regulierung. Die Digitalisierung des Hörfunks bedarf einer gemeinsamen Anstrengung von Medienbranche und Medienpolitik. Bund und Länder haben hier von Anfang an den Dia-log mit den Anbietern, den Infrastrukturbetreibern und auch den Herstellern gesucht. Ob das Potential der Digitalisierung des Rundfunks genutzt wird, ist für die weitere Entwicklung des Medienstandorts Deutschland insgesamt von großer Bedeutung.

    Sehen Sie den Rundfunk durch die am 4. März verabschiedete Frequenzbereichs-Zuweisungsplanverordnung in seinen Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt? Warum (nicht)?

    Die Medienpolitiker der SPD-Bundestagsfraktion vertreten die die Auffassung, dass eine zu-kunftsorientierte und verantwortungsvolle Medienpolitik die zukünftige Nutzung des durch den Umstieg von der Analog- auf die Digitaltechnik frei werdenden Frequenzspektrums in den Blick nehmen muss. Einerseits könnte das frei werdende Spektrum durch den Rundfunk genutzt werden – etwa für die terrestrische Ausstrahlung von mehr Programmen oder für die Ausstrahlung in besserer Qualität und mit interaktiven Diensten. Andererseits sind im betrof-fenen UHF-Band mobile und feste Funkanwendungen besonders gut und kostengünstig möglich. Eine bessere Versorgung mit breitbandigem Internet ist ebenso in Betracht zu zie-hen, zumal es in vielen (ländlichen) Gemeinden bis heute an einer optimalen Versorgung in diesem Bereich mangelt.

    Die Diskussion um die Digitalisierung des Rundfunks geht immer einher mit der Diskussion um das vermeintliche Ende der Frequenzknappheit und der so genannten digitalen Dividen-de. Beim Streit um die sogenannte digitale Dividende des Funkfrequenzspektrums sind die Frequenzen gemeint, die durch den Umstieg von analoger auf digitale Übertragungstechnik frei werden. Für die SPD-Medienpolitiker ist in aller Klarheit festzustellen, dass es bei der Neuordnung des Funkfrequenzspektrums und der Aufteilung der "digitalen Dividende" im Rahmen der geplanten Novelle des Regulierungsrahmens für den Telekommunikationsmarkt nach wie vor einen Vorrang für den Rundfunk und für die "meinungsbildenden Dienste" ge-ben muss und dass der besonderen gesellschaftlichen Bedeutung des Rundfunks Rechnung getragen werden muss. Es wird darauf ankommen, Frequenzen effizienter als bisher und damit die Chancen der „Digitalen Dividende“ zu nutzen. Das mit dem Umstieg von der Analog- auf die Digitaltechnik frei werdende Rundfunkspektrum könnte für einen Zu-gang zum schnellen Internet verwendet werden, wobei die Entwicklungsmöglichkeiten des Rundfunks zu wahren sind.

    Eine gerechte Verteilung der so genannten digitalen Dividende bedeutet nicht, die frei wer-denden Kapazitäten in vollem Umfang den bisherigen Träger zur Verfügung stellen zu müs-sen oder gar ungenutzt brach liegen zu lassen. Hier setzt sich der Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers aus der analogen Welt in der digitalen Welt fort. Das bewährte System der Must-Carry-, Can-Carry- und Not-Must-Carry-Regelungen kann eine Richtschnur für die Lö-sung dieses Problems sein. Die Diskussionen über Frequenzfragen und die Verwendung der Digitalen Dividende werden auch in den kommenden Monaten und Jahren auf der nationalen und europäischen Ebene andauern. Hierbei ist sicher zu stellen, dass auch langfristig die legitimen Interessen des Rundfunks ausreichend berücksichtigt werden. Dabei setzen sich die Medienpolitiker der SPD-Bundestagsfraktion dafür ein, auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass mit der Neuordnung des Frequenzspektrums langfristig die Vielfalt der Angebo-te und Anbieter im Rundfunkbereich und das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk auf allen Übertragungswegen und insbesondere im digitalen terrestri-schen Rundfunk sichergestellt ist.