Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    15.05.2009

    Rede bei „90 Jahre Frauenwahlrecht in Winsen“


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Lieber Roderik Pfreundschuh,
    liebe Gisela Notz,
    liebe Sabina Hellendoorn,
    mein sehr geehrten Damen und Herren,

    heute ist der Wahlkampfauftakt der SPD und an einem solchen Tag steht es uns gut, ein Thema zu beleuchten, ohne das weder die SPD noch alle anderen Parteien in Deutschland so wären wie sie heute sind. Vor 90 Jahren, und zwar ganz genau am 19. Januar 1919 konnten Frauen in Deutschland zum ersten Mal wählen. Seitdem hat sich Politik fundamental im Positiven geändert und zwar auch ganz besonders durch die aktive Mitwirkung von Wählerinnen und Politikerinnen.

    Man glaubt es kaum, aber das gilt selbst für die CSU, die knapp vor der CDU die Partei mit dem geringsten Frauenanteil im Bundestag sind. Ich brauche nicht an Gabriele Pauli erinnern, die die CSU-Patriarchen jüngst bis in die Spitze kräftig durchgeschüttelt hat. Spätestens das ist der Beleg dafür, dass sich Frauen ihren mehr oder weniger festen Platz in der Politik erkämpft haben aber ebenso dafür, dass sie sich auch heute diesen Platz immer wieder neu erkämpfen müssen.

    Doch vor 90 Jahren sah dieser Kampf noch ganz anders aus. Gegen die Stimmen aller bürgerlichen Parteien, hat die SPD damals erreicht, dass Frauen in Deutschland das aktive und passive Wahlrecht erhielten. Damit konnten Frauen zum ersten Mal wählen und sich selbst auch zur Wahl stellen. In den konservativen Parteien war MANN damals der Meinung, dass Frauen nicht in die Öffentlichkeit gehören. Zum Glück gab es damals Kämpferinnen wie Marie Juchacz, die der Forderung nach dem Frauenwahlrecht immer wieder politisch Nachdruck verlieh. Ohne solchen Einsatz wäre ein Wahlrecht für Frauen in Deutschland so früh nicht durchgesetzt worden.

    Wie schwer es damals war, Forderungen nach mehr Gleichberechtigung umzusetzen, wird klar, wenn man bedenkt, dass die SPD als erste Partei in Deutschland das Frauenwahlrecht schon 1891 in ihr Wahlprogramm aufgenommen hatte. Trotzdem konnte es erst 28 Jahre später realisiert werden.

    Ich finde, aus der heutigen Situation heraus, wäre es undenkbar, dass Frauen nicht am politischen Prozess beteiligt sind. Und das sage ich nicht nur, weil ich selbst eine gewählte Politikerin bin.

    Heute ist das Wahlrecht für Frauen in unserer Gesellschaft eine unumstrittene Selbstverständlichkeit, die über die Jahre immer stärker geworden ist.

    Die Gleichberechtigung von Mann und Frau steht seit 1949 im Grundgesetz, dass dieser Tage übrigens sein 60. Jubiläum feiert. 2001 haben wir unter Rot-Grün das Bundesgleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst verankert und seit 2006 gibt es das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

    Auch für die Gleichstellung in der Arbeitswelt haben wir mit dem Elterngeld, den Elternmonaten, beim Ausbau der Kinderbetreuung oder auch mit den Ganztagsschulen schon viel erreichen können. Aber auch 90 Jahre nach Einführung des Wahlrechts für Frauen gibt es weiterhin viel zu tun. Wir als SPD halten deswegen – im Gegensatz zu unserem Koalitionspartner – auch gesetzliche Regelungen für notwendig.

    Jüngst haben wir als SPD-Fraktion ein 10-Punkte-Programm zur Gleichstellung in der Arbeitswelt verabschiedet. Wir wollen:

    1. Endlich Lohngleichheit schaffen
    2. Mehr Frauen in den Aufsichtsräten
    3. Frauen an der Spitze von Behörden und Unternehmen
    4. Mindestlöhne, die ja gerade auch Frauen zugute kommen
    5. Einen noch wirkungsvolleren Diskriminierungsschutz
    6. Die Chancen für Migrantinnen, ältere Arbeitnehmerinnen und Frauen mit Behinderung vergrößern
    7. Ehegattensplitting sozial gerecht weiterentwickeln und dabei für bessere Erwerbsanreize für Frauen sorgen
    8. Noch mehr Partnerschaftlichkeit z.B. bei Partnermonaten in der Elternzeit
    9. Bessere Bildungschancen von Anfang an
    10. Eine Offensive für Alleinerziehende

    Ich habe nicht die Zeit, an dieser Stelle auf alle Punkte einzugehen. Sie sehen aber, dass wir in diesem Bereich noch viel tun müssen und als SPD auch tun wollen. Wenn Sie das genauer interessiert, können wir die einzelnen Punkte in der Podiumsdiskussion gerne noch vertiefen. Jetzt freue ich mich aber erst einmal auf den Vortrag von Dr. Gisela Notz von der Friedrich-Ebert Stiftung.

    Vielen Dank