Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    18.05.2006

    Rede Indische Botschaft zu Ehren Sri Sri Shankars


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich freue mich sehr über die Einladung zu dem heutigen Abend und ganz besonders, dass ich Herrn Sri Sri Shankar nun auch in Deutschland begrüßen darf. Das sage ich, nachdem er mich im Februar dieses Jahres zur der Feier zum 25-jährigen Bestehen der „Art of Living Foundation“ in Bangalore Willkommen hieß.

    Es war etwas ganz besonderes, zu sehen, wie Sri Sri Shankar und die Wirkung und Strahlkraft seines Engagements die Menschen überzeugte. Ich denke, 2,5 Millionen Menschen, die aus aller Welt anreisen und die aus den unterschiedlichsten Ländern, mit den verschiedensten Hintergründen, Kulturen und Religionen friedlich zusammen feiern und damit die Arbeit unseres heutigen Ehrengastes würdigen, sprechen für sich! In einer Zeit, die unter dem Eindruck von Geschehnissen wie dem Karikaturenstreit eher von Konfrontation geprägt scheinen, setzte dies ein wunderbares Zeichen.

    Genau wie Sri Sri Ravar Shankar halte ich es immer wieder für sehr wichtig, zu zeigen, dass interkulturelle Verständigung über Konfessionsgrenzen und jegliche Unterschiede hinweg möglich ist. Deswegen bin ich froh, dass sich die deutsch-indischen Beziehungen auch auf dieser Ebene immer weiter verbessern. Ich glaube, wir können viel voneinander lernen.

    Indien ist ein Land, indem der Dialog der Kulturen und Religionen weitgehend funktioniert. Da ist es schon beachtenswert, dass es den Hindus, Muslimen, Christen, Sikhs, Buddhisten, Jains und Parsen gelingt, in einem meist guten Miteinander zu leben. Das zeigte auch beim Karikaturenstreit die Kritik von Moslems, die aus Indien kam. Diese wurde zwar formuliert, aber das sachlich und konstruktiv anstatt, dass der Konflikt gewaltsam ausgetragen wurde.

    Ich selbst bin Mitglied in der Jury des Alternativen Nobelpreises (Right Livelihood Award) in der wir im vorletzten Jahr zwei Inder auszeichnen durften, die sich ganz besonders für diesen Dialog einsetzen. Swami Agnivesh und Asghar Ali wurden für ihr langjähriges Engagement für friedliche Koexistenz, Toleranz und Verständigung Indiens mit Ländern Süd-Asiens prämiert. Sie und andere Preisträger der vergangenen Jahre zeigen uns wie das Engagement für den Dialog der Kulturen aussehen kann.

    In Deutschland bemühen wir uns besonders im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik für den kulturellen Dialog.

    Bereits seit September 2001 haben wir das Programm „Europäisch-Islamischer Kulturdialog“ aufgelegt, mit dem wir viele verschiedene Projekte in den islamisch geprägten Ländern durchführen.

    Auch in Indien sind wir aktiv – allerdings bei Weitem noch nicht so stark wie ich es mir wünschen würde. So wie Indien beispielsweise das Tagore-Zentrum in Berlin hat, so hat das deutsche Goethe-Institut unter dem Namen Max Mueller Bhavan sechs Kulturinstitute in Indien. Darunter sind Neu Delhi, Mumbai, Bangalore, Chennai, Kolkata und Pune. Gerade in diesem Jahr wurde außerdem eine Sprachenschule in Chandigarh zu einem Kulturzentrum erweitert.

    Eines der wichtigsten Anliegen muss es sein, den Austausch und die Verständigung zwischen unseren Kulturen zu erleichtern. Dabei liegt die Sprache natürlich am nächsten. Die Zahl der Deutsch lernenden Inder ist inzwischen auf über 10.000 gestiegen. Im Vergleich zu anderen Ländern mag das sich noch nicht viel anhören aber es ist ein guter Anfang bei zwei Sprachfamilien und Kulturen, die doch schon weiter auseinander liegen als so manche andere.

    Auch bei den Studierenden können beide Länder noch mehr tun. Die Zahl der indischen Studierenden in Deutschland hat sich zwar durch Werbemaßnahmen und Stipendienvergaben in den vergangenen sieben Jahren auf mehr als 4250 in etwa vervierfacht.

    Dennoch ist ja gerade der Aufenthalt einer deutschen Studentin in Indien oder der eines indischen Studenten in Deutschland ein Garant dafür, dass der kulturelle Dialog wie wir ihn wollen, lebendig ist.

    Spätestens der Karikaturenstreit hat mir deutlich gezeigt, dass wir unsere Bemühungen verstärken müssen. Wir können nur mit dem gegenseitigen Kennenlernen unserer verschiedenen Kulturen, unserer Normen und Werte, zu einer Verständigung kommen. Wir müssen uns zusammen finden und jeder muss die Möglichkeit haben darzustellen wie wichtig ihr oder ihm bestimmte Werte und Normen in den verschiedenen Kulturen und Religionen sind.

    Dabei ist unsere Grundlage immer klar. Die Menschenrechte gelten für alle. In ihnen sind auch Religionsfreiheit und Meinungs- und Pressefreiheit festgeschrieben. Selbst wenn diese auch Grenzen haben, so sind sie ein Bestandteil der Grundrechte, die für die ganze Welt gelten. Das müssen wir klar machen, ganz genauso wie wir deutlich machen müssen, dass Gewalt nicht zum Mittel werden darf. Das ist die Voraussetzung, um im Dialog mit ferneren Kulturen führen zu können. Und wenn das so klappt, dann werden ganz tolle und ergreifende Begegnungen möglich, wie die, von der ich Ihnen zum Schluss meiner Rede noch erzählen möchte.

    Vor zweieinhalb Jahren durfte ich bei der Wiedereröffnung des Goethe-Instituts in Kabul dabei sein. Obwohl die sehr große Zerstörung in Afghanistan das Leben der Menschen bestimmte, war das Interesse gigantisch.
    Besonders bewegend war, wie ein bayrischer Zitterspieler zusammen mit afghanischen Musikern auf traditionellen Instrumenten musiziert hat. Und das, nachdem in der sechsjährigen Herrschaft der Taliban überhaupt keine Musik gemacht werden durfte!

    Auch wenn es manchmal ein schwerer Weg zur Verständigung zwischen den Kulturen ist, zeigen mir Erfahrungen wie diese immer wieder, dass es keineswegs aussichtslos ist. Wenn wir uns mit denen, die einen Dialog wollen, stark machen, dann können uns dabei auch keine Fanatiker oder Machthaber, die um ihre Macht fürchten, aufhalten.

    Vielen Dank!