Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

Archiv

Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

Archives

On this website you find information about my work as member of parliament (1998 - Oct. 2009)

Curriculum Vitae english Curriculum Vitae français Curriculum Vitae spanish Curriculum Vitae russian Curriculum Vitae chinese

    10.09.2006

    Rede beim Kongress deutscher Auslandschulen in Kapstadt


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich freue mich, dass bei dieser Auslandsschultagung einmal Zeit ist, ausführlich mit denjenigen zu sprechen, die sich auf ganz verschiedenen Ebenen für Deutsche Schulen im Ausland einsetzen. In diesem Gespräch geht es um Schulen als „Kulturelle Zentren“ und ich bin froh, gerade bei diesem Thema meine Gedanken auf dem Podium formulieren zu dürfen, weil ich diesen Aspekt der Arbeit in den Schulen besonders wichtig finde.

    Was leisten die Deutschen Schulen und was ist der besondere Mehrwert im Vergleich zu den Schulen der jeweiligen Länder? Ich setze die möglichst umfassende und gute Wissensvermittlung einmal voraus. Als zentrales Anliegen steht daneben die deutsche Sprache im Vordergrund. Über das Thema „Die Förderung der deutschen Sprache“ diskutierte ich in der letzten Woche mit deutschen Botschaftern bei der Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt in Berlin.

    Gerade die momentane Situation, in der die Zahl ausländischer Studierender in Deutschland immer weiter ansteigt, gibt uns Recht, wenn wir zwei Dinge fordern. Erstens haben wir so besser die Chance klarzumachen, dass wir den Studien- und Wissenschaftsaustausch beispielsweise über den Deutschen Akademischen Austauschdienst oder die Humboldt-Stiftung weiter verstärken müssen. Und zweitens müssen wir noch bessere Möglichkeiten zum Erlernen der deutschen Sprach im Ausland einfordern. Hier sind die Deutschen Schulen zusammen mit dem Goethe-Institut die Kerninstrumente unserer Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.

    Doch neben der Wissensvermittlung und dem Angebot der deutschen Sprache kommt auf die Auslandsschulen auch eine sehr wichtige Aufgabe im kulturellen Sinne zu. Jede einzelne Einrichtung ist auch ein Ort der Begegnung und des interkulturellen Dialogs. Den Schülern und ihren Familien wird an den Schulen deutsche Kultur vermittelt und ich glaube, dass ist so wichtig, dass wir hier in Zukunft noch mehr tun sollten.

    Mir fallen ganz verschiedene kulturelle Angebot ein, die schon von vielen einzelnen Schulen durchgeführt werden. In Washington gibt es Musikkonzerte deutscher Bands, hier in Kapstadt werden Filmnachmittage veranstaltet, in Taipei werden Bibel-Gesprächkreise und in Riyadh, Genf oder Paris Lesungen angeboten. Ich behaupte also nicht, die Schulen würden sich nicht engagieren. Viele tun es und entwickeln dabei wunderbare Programme, die die Schulen auch für eine breitere Öffentlichkeit öffnen.
    Allerdings sehe ich ein Defizit in der kulturellen Arbeit, weil die Angebote in diesem Bereich immer von dem individuellen Engagement der Schulleiterinnen und Schulleiter sowie der Lehrkräfte ausgehen. Ich wünsche mir klare strukturelle Vorraussetzungen, die die Schulen in die Lage versetzen, sich zunehmend als kulturelle Zentren zu etablieren.

    Dafür ist zuallererst mehr Effizienz gefragt. Es ist verständlich, dass die Schulen - gerade auch, wenn ich an die leider viel zu begrenzte finanzielle Ausstattung denke - ein vielfältiges kulturelles Angebot nicht so einfach selbst schultern können. Aus diesem Grund muss die Zusammenarbeit zwischen den Schulen und den unterschiedlichen Akteuren vor Ort zum Standard werden.

    Es können sich zahlreiche Synergieeffekte aus solch einer Zusammenarbeit ergeben, zum Beispiel in der Nutzung von Institutsbibliotheken oder bei gemeinsamen Kulturveranstaltungen. Genauso kann an Standorten, an denen die Nachfrage nach Deutschunterricht das Angebot übersteigt, der Sprachkursbetrieb des Goethe-Instituts auf die Gebäudeinfrastruktur der Schulen zurückgreifen, um nur einige Beispiele zu nennen.

    An nicht wenigen Schulen gibt es solche Kooperationen im kleineren aber auch im größeren Ausmaß bereits. Manche Schulen informieren Schüler und Eltern über das Angebot des Goethe-Instituts. Andere beziehen Besuche der Veranstaltungen oder Ausstellungen des Goethe-Instituts direkt in den Unterricht mit ein. Das sind erste Schritte auf dem Weg zu einem besseren Austausch zwischen den unterschiedlichen Institutionen.

    Ich will Ihnen aber auch noch drei Beispiele für besonders fruchtbare und intensivere Zusammenarbeit geben.

    In diesem Jahr nahm die Deutsche Schule Paris erstmalig an der „Expolangues“, der Pariser Sprachmesse, teil. In Kooperation mit der Deutschen Botschaft, dem Goethe-Institut und der DAAD-Außenstelle in Paris wurde ein Projekt durchgeführt, in dem Messebesucher durch Schülerinnen und Schüler informiert wurden.

    Ein zweites Beispiel von der Deutschen Schule in Mexiko-Stadt: Hier fanden in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, der Universität, dem DAAD, der Botschaft und der Handelskammer die so genannten „Semanas de futbol alemán“ während der Fußball-Weltmeisterschaft statt. Natürlich wurden die Fußballspiele in der Schule übertragen, es gab aber auch eine Ausstellung im Goethe-Institut zur „Weltsprache Fußball“ sowie einen Wettbewerb des „Fußball und Literatur“.

    Das dritte Beispiel ist mir aus Moskau zu Ohren gekommen. Hier wurden in Kooperation mit der Deutschen Botschaft die „Deutsch-Russischen Kulturbegegnungen“ 2003/2004 mitgestaltet. Dabei gab es den Wettbewerb „Kathedralen beiderseits des Rheins“. Dieser Wettbewerb richtete sich an alle russischen Schulen mit verstärktem Deutsch- oder Französischunterricht.

    Er sollte dazu dienen, die Zusammenarbeit von Personen zu fördern, die am kulturellen und sprachlichen Austausch zwischen Deutschland, Russland und Frankreich Interesse haben.

    Ich bin sicher, es gibt auch an anderen Schulen solche Beispiele, denn ich habe es erlebt, dass die Lehrkräfte an den Schulen nicht nur phantasievoll und kreativ bei der Findung solcher kultureller Projekte sind, sondern diese auch gern noch stärker anbieten möchten. Die genannten drei Projekte machen aber bereits schnell deutlich, wie fruchtbar die Kooperation in diesem Bereich sein kann.

    Aus diesen Überlegungen heraus sehe ich es als vorrangige, auch politische Aufgabe, auf die Systematisierung und Etablierung solch einer Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zu drängen. Erst durch sie werden die Schulen in die Lage versetzt, tatsächlich auch ihre so wichtige Aufgabe als kulturelle Zentren wahrzunehmen.

    Vielen Dank