Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

Archiv

Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

Archives

On this website you find information about my work as member of parliament (1998 - Oct. 2009)

Curriculum Vitae english Curriculum Vitae français Curriculum Vitae spanish Curriculum Vitae russian Curriculum Vitae chinese

    16.06.2008

    Vortrag zur Klausurtagung der Alexander von Humboldt Stiftung


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich danke Ihnen herzlich für die Einladung und freue mich heute hier in Ihrem Kreise zu sein. Ich wurde gebeten aus meiner Sicht etwas zur Rolle der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in der Außenpolitik zu sagen, natürlich auch insbesondere in Hinblick auf die Alexander von Humboldt Stiftung. Das tue ich sehr gern, doch freue ich mich gleichzeitig auch auf den Austausch mit und Anregungen von Ihnen. Es ist zwar nach dem Vortrag eine Diskussion eingeplant aber wenn Ihnen bereits vorher an irgendeinem Punkt meines Vortrags eine Frage oder ein Kommentar unter den Nägeln brennt, dann zögern Sie bitte nicht, mich zu unterbrechen.

    „Der Mensch muß das Gute und Große wollen, das Übrige hängt vom Schicksal ab.“ Mit diesem Zitat von Alexander von Humboldt kann man gut die wechselhafte Geschichte der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands beschreiben. Immer wieder gab es Menschen, die für dieses Politikfeld das Gute und Große wollten und auch umgesetzt haben, doch leider verschonte uns das gleichzeitig nicht gänzlich vor Schicksalsschlägen.

    Ich will nur an einige wichtige Ankerpunkte erinnern, durch die die Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zu dem wurde, was sie heute ist.

    Willy Brandt schuf eine bis heute zentrale Grundlage für die Arbeit der AKBP als er sie sowohl in ihrer Bedeutung als auch finanziell zur Dritten Säule der Außenpolitik erhob. Dieses Umdenken Ende der 60er Jahre markiert gerade deshalb einen so wichtigen Punkt, weil Politik den Wert von Kultur als Mittler in den internationalen Beziehungen erkannte. Kultur ist dialogisch und steht damit auf einer ganz anderen, informellen, nachhaltigeren, anpassungsfähigeren und von weit mehr Menschen akzeptierten Stufe der gegenseitigen Begegnung.

    Der finanzielle Stellenwert dieser nicht nur für die AKBP sehr angenehmen Jahre, konnte bekanntermaßen nicht gehalten werden und leider änderte sich dies auch nicht in der Zeit der rot-grünen Regierung 1998 bis 2004.

    „Ich hielt es für besser, etwas zu leisten, als nichts zu versuchen, weil man nicht alles leisten kann.“ Mit diesem Zitat von Humboldt musste ich mich in der Zeit von Außenminister Fischer, in dessen Amtszeit die „Dritte Säule“ um Einiges kleiner geworden ist, des Öfteren motivieren. Ein ganz wichtiges Entscheidungsjahr war beispielsweise 2003, als das Koch-Steinbrück-Papier zum Subventionsabbau vorgelegt wurde. In diesem wurden öffentliche Ausgaben für Kultur und damit auch für Auswärtige Kultur generell als Subventionen eingestuft, die dem geplanten Subventionsabbau unterliegen würden.

    Glücklicherweise schafften wir es parlamentarisch, Kultur aus diesem Subventionsbegriff herauszulösen. Wir machten deutlich, dass Kulturförderung eben nicht Subvention, sondern Investition in die Zukunft ist. Mit der Förderung von Künstlerinnen und Künstlern engagieren wir uns für kulturelle Kreativität und Vielfalt. Kultur ist eben nicht nur Lebensmittel von Menschen, sondern auch Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit eines jeden Landes. Das gilt ohne Abstriche auch für die AKBP.

    Mit dem neuen Außenminister Frank Walter Steinmeier sah man wieder einmal sehr deutlich: ob ein bestimmtes Politikfeld in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückt, hängt eben ganz entscheidend auch von der Person ab, die es vertritt. Ganz in der Tradition von Willy Brandt sieht Frank Walter Steinmeier eindeutig die großen Chancen und Möglichkeiten von auswärtiger Kultur- und Bildungsarbeit. Das macht auch die parlamentarische Arbeit leichter, denn nun kann ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen viel mehr mit gestalten, als Verhinderungskämpfe führen zu müssen.

    Zusammen mit dem Auswärtigen Amt stärken wir die „Dritte Säule“ über eine zunächst dreijährige Strategie. Im ersten Jahr 2007 konnten wir das Goethe-Institut als den größten Mittler von seinem strukturellen Defizit bewahren, es mit einem neuen Konzept für die nächsten Jahre solide aufstellen, es budgetieren und mit mehr Programmmitteln ausstatten. In diesem Jahr 2008 bildet die Initiative „Schulen – Partner der Zukunft“ den strategischen Schwerpunkt, bei der sich die Anzahl der Partnerschulen auf der Welt nahezu verdoppeln soll. Und im nächsten Jahr 2009 wird es dann die Außenwissenschaftspolitik sein, die wir stärken wollen.

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    Sie merken, an dieser Stelle kommt nun auch die Arbeit der Alexander von Humboldt Stiftung ins Spiel. Doch wie schon diese 3jährige Strategie zeigt, ist die Arbeit der Stiftung alles andere als singulär zu betrachten. Stattdessen ist sie zusammen mit der Außenwissenschaftspolitik ganz klar in einer Reihe von ineinandergreifenden Maßnahmen der AKBP zu sehen.

    Nach den bisherigen Schwerpunkten ist das nur konsequent und zeigt: Bildung ist Zukunft. So können wir nicht nur für Deutschland als Bildungs- und Forschungsstandort werben und ihn attraktiver machen, sondern darüber hinaus mit mehr Stipendien und Austauschprogrammen die internationale Zusammenarbeit verstärken.

    Momentan erreichen wir mit 117 Deutschen Auslandsschulen und 461 Schulen, an denen wir durch Lehrerentsendeprogramme Deutschunterricht anbieten können, fast 300.000 Schülerinnen und Schüler weltweit. Das ist eine beachtliche Zahl, auf die wir durchaus stolz sein können.

    Was wir mit dieser Schularbeit erreichen, ist zunächst eine hoch qualitative Ausbildung, bei der man die deutsche Sprache und Kultur kennen lernt. Das hohe Niveau sieht man allein daran, dass die Schüler von Auslandschulen bei PISA weit besser abgeschnitten haben als Schüler in Deutschland.

    Aber die Wirksamkeit der Schulen endet nicht mit dem Bildungsaspekt. Gleichzeitig sind die Schulen auch Treffpunkte für Menschen, bei dem sie in einen interkulturellen Dialog treten.

    Humboldt sagte: „Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.“

    Auch nach dem Abschluss wollen wir, dass die Schülerinnen und Schüler weiter eng mit Deutschland verbunden bleiben. Sehr viele gehen zum Studium in Deutschland. Das wollen wir in Zukunft noch stärker ermöglichen und bewerben. Gleichzeitig ist die Verbesserung der Alumniprogramme ein zentrales Ziel.

    Diese wenigen Punkte zeigen bereits wie wichtig Auslandsschulen sind und aus diesem Grund stärken wir mit einem Bundestags-Antrag diese Arbeit und insbesondere auch das Programm „Schulen – Partner der Zukunft“. Ich bin dankbar, dass wir mit Frank Walter Steinmeier nun endlich einen Außenminister haben, der die Bedeutung der Kultur- und Bildungspolitik für die Außenpolitik erkennt und fördert. Mit der Initiative wird das Schulnetz innerhalb von drei Jahren auf 1.000 Schulen steigen.

    Durch die Arbeit der Stiftung entsteht ein aktives Netzwerk von Wissenschaftlern in der ganzen Welt.

    Die Alexander von Humboldt-Stiftung widmet sich dem internationalen Austausch hoch qualifizierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und trägt damit wesentlich zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Hochschul- und Wissenschaftsstandort bei. Die Arbeit der Stiftung multipliziert sich, weil durch die sie wichtiger Boden bereitet wird, für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und deren Arbeit. Humboldt sagt: „Wo ein Jäger lebt, können zehn Hirten leben, hundert Ackerbauer und tausend Gärtner.“ Dieses Bild lässt sich gut auf die Stiftung beziehen.

    Und gleich noch ein Zitat vom Meister: „Das Beste im Menschen ist, was man offen aussprechen darf.“ Mit diesem Ausspruch von Humboldt möchte ich zwei Wünsche an Sie und an die Stiftung richten. Und ganz im Sinne des Zitats spreche ich diese offen aus, weil sich dahinter eben keine Kritik versteckt, sondern sie eher Ansporn geben sollen, etwas, das zu dem besten gehört, noch weiter zu verbessern.

    Ich wünsche mir, dass sich die Stiftung bei den aktuellen Entwicklungen am Ball bleibt, sich modern und möglichst flexibel aufstellt. Damit diese neue Qualität der Arbeit entstehen kann, haben wir im Parlament lange gekämpft. Inzwischen werden die Alexander von Humboldt-Stiftung zusammen mit dem DAAD, der Deutschen UNESCO-Kommission, dem IfA, der Villa Aurora und endlich auch dem Goethe-Institut über inhaltliche Kriterien und strategische Zielvereinbarungen gesteuert.

    Sie glauben gar nicht wie viele Jahre ich im Parlament dafür Überzeugungsarbeit leisten musste. Aber um es mit Alexander von Humboldt zu sagen: „Überall geht ein frühes Ahnen dem späteren Wissen voraus“ . Und spätestens jetzt sollten auch die früheren Skeptiker merken, dass wir mit der größeren Eigenverantwortlichkeit der Mittler auch die Wirkung der AKBP nachhaltig stärken. Doch, wo es diese flexibleren Möglichkeiten gibt, müssen sie auch zum Positiven genutzt und ausgeschöpft werden. Und genau das wünsche ich mir von Ihnen.

    Zu meinem zweiten Wunsch: Napoléon Bonaparte sagte zu Alexander von Humboldt: „Sie beschäftigen sich mit Botanik? Genau wie meine Frau!“ Um mehr Wertschätzung zu erreichen als der größte kleine Franzose Humboldt zuteil werden ließ, muss die Stiftung Einiges tun.

    Die Stiftung blickt in ihrer Geschichte auf 23.000 geförderte junge ausländische Forscher zurück, darunter sage und schreibe 40 Nobelpreisträger. Das lässt sich wirklich mehr als sehen, muss aber eben auch vermittelt werden. Ich könnte mir denken, dass nicht einmal im Deutschen Bundestag mehr als 10 Prozent der Abgeordneten Genaueres über die Stiftung wissen. Nehmen Sie das zum Anlass noch offensiver und selbstbewusster für sich zu werben.

    Ich erlaube mir, meinen Vortrag mit einem letzten Zitat von Alexander von Humboldt abzuschließen. Er hat gesagt „Ich wollte schon immer alt werden, wenn nur die, die um mich her sind, jung sind.“ Das hat er als Namensgeber und geistiger Vater dieser Stiftung, deren Geschichte fast 150 Jahre zurück reicht und die immer junge Stipendiatinnen und Stipendiaten haben wird, geschafft. Ich wünsche Ihnen und der Stiftung für die Zukunft alles Gute und freue mich jetzt über eine anregende Diskussion.

    Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.