Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    07.04.2009

    Rede in der Generaldebatte der IPU in Addis Ababa


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

    die umfassende Finanz- und Wirtschaftskrise hat die ganze Welt durcheinander geworfen so viel verändert hat, wie wir momentan noch gar nicht absehen können. Eine Um- und Neugestaltung des internationalen Dialogs ist jetzt gefordert, und zwar nicht nur, was das Bankwesen anbelangt. Was für eine große Chance! Denn indem nun wirtschaftliche Beziehungen neu strukturiert werden müssen, ergeben sich auch politisch neue Möglichkeiten des Umgangs miteinander. Wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben die bedeutsame Möglichkeit und Aufgabe, dies mitzugestalten. Das Thema dieser Generaldebatte, „Building Peace, Democracy and Development in times of crisis“, ist also brandaktuell und birgt gerade jetzt das Potential, grundlegende Strukturen in der Welt zu verbessern.

    Die Stärkung von Frieden und Demokratie ist heute wichtiger denn je. Deshalb setze ich mich entschieden dafür ein, dass die Kulturpolitik, und besonders die auswärtige Kulturpolitik in Deutschland, nicht den allumgreifenden Sparzwängen infolge der Finanzkrise unterworfen wird. Denn Bildung und Kultur sind in meinen Augen der Schlüssel zur Völkerverständigung, d.h. zum gegenseitigen Kennenlernen auf Augenhöhe und ohne Machtansprüche. Und anders als bei den unheilvollen internationalen Verkettungen der Finanzmärkte ist der Kulturaustausch und Unterstützung zwischen den Ländern auch viel weniger gefährlich, denn wir können dabei alle nur gewinnen.

    Wenn wir also in dieser Debatte darüber reden, wie Frieden, Demokratie und Entwicklung aufgebaut und gestärkt werden können, dann ist meine Antwort: durch eine soziale, nachhaltige und die eigenen Landesgrenzen überschreitende Bildungspolitik. Und den Finanzministern sei nebenbei gesagt: Dieser Weg ist auch viel, viel billiger als militärisch miteinander zu kommunizieren!

    Dabei geht es mir nicht um die Kunst um ihrer selbst Willen, sondern um konkrete Schritte. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat das erkannt und Deutschlands auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik eine besondere Bedeutung beigemessen. So wurde in den letzten Jahren das weltweite Netz unserer Kulturinstitute erweitert und unterhält jetzt 134 Institute in 82 Ländern. Diese bieten Sprach-, Kultur-, und Informationsangebote mit standortspezifischen Schwerpunkten an. Die Deutsche Welle verbreitet Informationen in 21 Sprachen im Netz und schafft auch durch ihren Sender einen direkten Kontakt zu Deutschland. Die 132 deutschen Schulen im Ausland und die 500 Schulen des Netzwerkes „Partnerschulen für die Zukunft“ sowie auch der Deutsche Akademische Austauschdienst liefern Bildung als Grundlage für Stabilität und Frieden, indem zum Beispiel jungen Menschen aus aller Welt die Gelegenheit gegeben werden kann, bei uns zu studieren.

    Unsere Aufgabe als Parlamentarier ist es, der Vorstellung mehr Gewicht verleihen, dass Dialog und kultureller Austausch seit jeher zum friedlichen Miteinander und zur kulturellen Vielfalt beigetragen haben. Auf der Ebene der Europäischen Union ist dies gut gelungen: Wir haben die verheerenden Kriege der letzten Jahrhunderte hinter uns gelassen und seit über 60 Jahren Frieden, d.h. einen konstruktiven Dialog auf politischer und wirtschaftlicher Ebene.

    Gegenwärtig sind die meisten Konflikte auf der Welt durch kulturelle, ethnische oder religiöse Unterschiede verursacht wurden. Deshalb ist es umso wichtiger, den Dialog auch als Mittel für gesellschaftliche Veränderungen zu betrachten. Ein internationaler Jugendaustausch ist besser als ein neues Verteidigungsprogramm! Ein Austauschprogramm via Internet öffnet denjenigen neue Tore, die nicht imstande sind, zu reisen.

    Deshalb müssen wir als Parlamentarier besonders jetzt in Zeiten der Wirtschaftskrise darauf bestehen, dass Haushaltsgelder für Kultur, Bildung und Austauschprogramme bereitgestellt werden und einen hohen Stellenwert haben! Denn nur wenn wir lernen, die Lebensweise und die Kultur des anderen zu verstehen, können wir verstehen, weshalb er oder sie so gehandelt hat. Nur durch den aktiven Dialog der Kulturen und Religionen können wir den Tendenzen des Fundamentalismus, der Gewalt und der Konfrontation entgegenwirken, die die Demokratisierung verhindern. Deshalb freue ich mich, dass die IPU den internationalen Austausch schon seit langem pflegt und hoffe, dass auch dieses Treffen eine große Resonanz erhält.

    Vielen Dank.