Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

Archiv

Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

Archives

On this website you find information about my work as member of parliament (1998 - Oct. 2009)

Curriculum Vitae english Curriculum Vitae français Curriculum Vitae spanish Curriculum Vitae russian Curriculum Vitae chinese

    15.01.2007

    "Gewalt ist nicht cool"

    SPD Winsen und Griefahn luden zum Thema Gewaltspiele ein


    „Gewaltspiele als Sündenbock?“ – es war eine provokante Frage, die am vergangenen Donnerstag im Winsener Marstall-Café eine emotionale und kontroverse Diskussion entfachte. Die SPD Winsen und die SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn als Veranstalter hatten neben Computerspielen auch nicht virtuelle Spiele wie Paintball oder Gotcha zum Thema gemacht. Rund 80 Gäste hatten sich eingefunden und repräsentierten nicht nur eine breite Altersspanne, sondern auch nahezu das gesamte Meinungsspektrum zu dem Thema, das nach dem Amoklauf von Emsdetten im November wieder in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt ist.

    Monika Griefahn stellte in ihrer Einführung klar, dass es nach einer Gesetzesnovellierung nach dem Massaker an einer Erfurter Schule im Jahre 2003 genug Handhabe gibt, Gewalt verherrlichende Computerspiele zu indizieren. "Die Gesetze sind vorhanden. Es hapert am Vollzug", stellte sie klar, und Matthias Kleimann vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen fand eine Erklärung dafür. Den Staatsanwaltschaften fehlte es an Zeit, Erfahrung und Mut, gegen Darstellungen vorzugehen, die Gewalt verherrlichten und die Menschenwürde verletzten. Es gebe bislang zu wenig Urteile, die diesen Verstoß schon definiert hätten.

    Eine Indizierung hielt er für bei einigen Spielen für sinnvoll – und dass er Sequenzen aus Gewaltspielen zeigte, unterstrich diese Einschätzung sehr eindrucksvoll. Ist ein Spiel auf dem Index, darf es nicht mehr verbreitet werden und ist mit einem Werbeverbot belegt. Zwar sei es dennoch einfach, zum Beispiel über das Internet, das Spiel zu bekommen, was selbst einige der Zuschauer, die sich zur Nutzung solcher Spiele bekannten, monierten. Aber vom Massenmarkt sei es verschwunden, und somit aus den Händen einer überwältigenden Mehrheit, die es sonst womöglich spielen und auch unter 18-Jährigen zugänglich machen würde.

    Monika Griefahn betonte, dass die Branche der Computerspiele insgesamt sehr kreativ und vielfältig sei und inzwischen einen größeren Umsatz habe als die Filmindustrie – nur fünf Prozent des gesamten Angebots seien Gewaltspiele. Bestrebungen der Politik gingen nun dahin, mit Hilfe von Preisverleihungen eine Positivwirkung zu erzielen. Die Auszeichnungen könnten auch eine Beurteilungshilfe für Eltern sein, die häufig gar nicht einschätzen könnten, was ihre Kinder am Computer trieben.

    Die Diskussion, an der Eltern, Lehrer, Politiker, aber auch bekennende Teilnehmer von PC-LAN-Partys ebenso wie Paintball-Spieler teilnahmen, zeigte letztlich auch, dass Computerspiele auf der einen und nicht virtuelle Spiele auf der anderen Seite nur bedingt in einen Topf geworfen werden können. So hoben Paintball-Verfechter hervor, dass sie das Spiel als Mannschaftssport schätzten, der auch taktisches Denken erfordere. Zuschauer, die selbst oder aus Erzählungen mit einem realen Krieg in Berührung gekommen waren, betonten hingegen eindringlich, dass die Hemmschwelle für Gewalt jeder Art so hoch wie möglich gesetzt werden müsse. "Gewalt ist nicht cool", das müsse Kindern klar gemacht werden.

    In diesem Zusammenhang erschreckte die Vorführung durch Jens Peter Schlüter (Shape Sport GmbH Winsen) von in Deutschland zugelassenen Spielzeugwaffen, gegen die der Reball-Markierer tatsächlich recht harmlos daherkam. Schlüter, der auf seinen Wunsch nach dem Betrieb einer Reball-Anlage von der Stadt Winsen eine Absage bekam, argumentierte auch, dass es im Paintball inzwischen weltweit Meisterschaften gebe, es sich also bereits um einen Turniersport handele. Medienwissenschaftler Kleimann hob hervor, dass für ihn der Kontext das Entscheidende sei: Verbrecherkarrieren darzustellen oder Handlungen militärisch einzubetten halte er für problematisch, andere Formen könnten spaßig sein.

    Wissenschaftlich erwiesen ist inzwischen soviel: Gewaltkriminalität wird durch Gewaltspiele nur bei bestimmten Risikogruppen gefördert. Dabei ist das Ursache-Wirkungs-Verhältnis nicht klar. Die Frage, ob Gewaltspiele gewalttätig machen oder ob Gewalttäter Gewaltspiele spielten, sei noch nicht beantwortet. Wer in seinem Leben genug Schutz genieße, für den seien die Spiele nicht schädlich. Das Umfeld, speziell die Familie, müsse sich mit dem Medienkonsum der Kinder auseinandersetzen und die Zeit am Computer begrenzen, damit junge Menschen einen verantwortungsvollen Umgang lernen könnten. Dieser Einschätzung von Matthias Kleimann stimmte Monika Griefahn voll und ganz zu. Der Landtagsabgeordnete Uwe Harden hatte schon in seinen Eingangsbemerkungen gesagt, dass Kinder Zuwendung, Erfolgserlebnisse, Perspektive und eine Verankerung in der Gesellschaft bräuchten, um nicht zur Risikogruppe zu gehören. "Das müssen wir jetzt umsetzen", sah er Politiker, Multiplikatoren und die Familie gleichermaßen gefordert.