Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    18.06.2009

    Plenarrede zum Antrag von CDU/CSU und SPD „Medien- und Onlinesucht als Suchtphänomen erforschen, Prävention und Therapien fördern“


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    zunächst möchte ich mich bei meiner Kollegin Dorothee Bär bedanken, die mit mir gemeinsam diesen Antrag auf den Weg gebracht hat. Ich betone dies, weil dabei einige Widerstände zu überwinden waren. Allerdings betone ich auch, dass sich auch die Gesundheitspolitiker unserer beiden Fraktionen nach einigen Gesprächen und einigen Bedenken unserem Ziel, einen Antrag zu diesem Thema auf den Weg zu bringen, in sehr konstruktiver Weise angeschlossen haben. Auf diesem Weg haben uns zudem die Familien- und Jugendpolitiker sehr unterstützt. Vielen Dank also allen Kolleginnen und Kollegen!

    Es geht hier um ein sehr wichtiges Thema, was leider lange Zeit ein Schattendasein gefristet hat – eine Form der Sucht von Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen, beim Umgang mit dem Computer, Spielkonsolen und anderen Medien. Es gibt bisher wenig fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen der Nutzung, in vielen Fällen der exzessiven Nutzung von Medien und Computern und den Symptomen einer Sucht besteht. Diese Erkenntnisse sind allerdings immens wichtig, um diese Formen der Sucht als Krankheit anerkennen und vor allem entsprechend therapieren zu können.

    In der öffentlichen Debatte wird immer häufiger davon gesprochen, dass Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, aufgrund eines exzessiven Medienkonsums bzw. der Internetnutzung in Form von Onlinespielen, Chats oder dem Surfen Schule, Beruf und soziale Kontakte vernachlässigen. Teilweise verlieren Menschen regelrecht den Bezug zu ihrer kompletten Umwelt. Ihre Mitmenschen, häufig die Eltern sind mit diesen Entwicklungen oft überfordert, auch weil es wenig kompetente Anlaufstellen und Informationen dazu gibt.

    In einer gemeinsamen Anhörung des Ausschusses für Kultur und Medien mit dem Unterausschuss Neue Medien haben uns Experten sehr eindringlich bestätigt, dass in diesem Bereich etwas getan werden muss. Vor allem auch deshalb, weil man mittlerweile sehr eindeutig von einer Zunahme von Suchterscheinungen sprechen könne. Hinweise also, die auch auf der so genannten Jim-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest aus dem Jahr 2008 beruhen, der zufolge im Jahr 2008 erstmals mehr Jugendliche im Alter von 12-19 Jahren (71%) angaben, einen eigenen Computer im Zimmer zu haben, als einen Fernseher (61%). Vor diesem Hintergrund führt das Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) in Hamburg im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit seit Anfang 2008 die Studie „Beratungs- und Behandlungsangebote pathologischen Internetgebrauchs“ durch, welche im März 2010 fertig gestellt sein soll und u.a. Hinweise darauf geben soll, wie eine deutschlandweite Diagnose für Medien- und Onlinesucht auf den Weg gebracht werden könnte.

    In der Anhörung, aber auch in den bereits vorliegenden Studien, sind sich die Experten über Folgendes zumeist einig:

    • es braucht mehr Forschung in diesem Bereich, um die Wirkungszusammenhänge besser erforschen zu können;
    • Medien- und Onlinesucht sollte als Krankheit bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannt werden, damit Behandlungsmöglichkeiten für Betroffene entwickelt, bereitgestellt und letztlich auch finanziert werden können und
    • die vorhandenen Beratungsangebote müssen ausgebaut und besser vernetzt werden.

    Diese Punkte haben wir in dem heute zur Abstimmung vorliegenden Antrag aufgegriffen und fordern die Bundesregierung auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

    Über die Frage von Medien- und Onlinesucht als Krankheit hinaus war uns ein Punkt besonders wichtig: die Stärkung der Verantwortung und der Kompetenz sowohl von Medienanbietern als auch Mediennutzern.

    Die Bundesregierung macht in diesem Bereich bereits eine Menge, erwähnt sei das „Netz für Kinder“ und www.fragFINN.de. Zudem haben wir uns als Parlament für die Schaffung des Deutschen Computerspielepreis eingesetzt, mit dem qualitativ hochwertige sowie kulturell und pädagogisch wertvolle Computerspiele ausgezeichnet werden.

    Aus unserer Sicht ist Medienkompetenz eine Schlüsselqualifikation in der modernen Informations- und Kommunikationsgesellschaft und hilft, sich in einer medial geprägten Welt zu Recht zu finden. Deshalb war es uns im Antrag wichtig, die Förderung und Unterstützung von Medienkompetenz sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene sowie die Verankerung Medienkunde ein regulärem Schulfach in den Ländern zu fordern.

    Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, dass wir mit diesem Antrag ein sehr wichtiges Thema aufgegriffen haben, bei dem noch viel Handlungsbedarf besteht. Diesen Handlungsbedarf haben wir mit dem vorliegenden Antrag formuliert, weshalb ich um Unterstützung dafür werbe.

    Vielen Dank!