Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    31.05.2001

    Plenarrede zu den deutsch-französischen Beziehungen


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    die Beziehungen zu Frankreich erfreuen sich nach wie vor bester Gesundheit. Frankreich ist der wichtigste und engste Partner Deutschlands in Europa.

    Wie Sie wissen, findet diese Zusammenarbeit seit 1963 auf der Basis des Elysée-Vertrages statt und ist seit 1988 stark institutionalisiert. Seit Anfang dieses Jahres finden nach der sogenannten "Blaesheim-Formel" regelmäßig informelle Treffen auf höchster Ebene statt. Ich skizziere hier nur diejenigen Aspekte der deutsch-französischen Beziehungen, die Ihnen allen ohnehin bekannt sind. Jedenfalls ist die Intensität der Zusammenarbeit mit Frankreich ohne Beispiel in den internationalen Beziehungen und bedarf schon allein deswegen keiner Neubegründung.

    Ich möchte mich hier auf die zivilgesellschaftliche Ebene der Kooperation konzentrieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union: sie sprechen in Ihrem Antrag zwar von kulturpolitischen Maßnahmen, die es zu verbessern gelte, lassen aber ausser Acht, dass wir gerade auf diesem Gebiet unzählige und jahrelange Kontakte pflegen, die zum großen Teil fest verankert sind.

    Ihr Antrag bewertet die Rolle der Zivilgesellschaft völlig unter. Ich kann hier in der Kürze der Zeit nur einige Beispiele für die zahlreichen Kontakte, Initiativen und Maßnahmen nennen, die allein schon zeigen, dass es keiner Neubegründung bedarf:

    Im Hochschulbereich sind dies:

    • Deutsch-Französische Hochschule (seit September 1999 ist das Abkommen in Kraft, beschlossen auf dem Gipfel von Weimar 1997)
    • Zentrum für Deutschlandstudien in Frankreich (Eröffnung Herbst 2001)
    • Deutsch-Französische Hochschulexpertenkommission (nächste Tagung 9.7.2001)

    Denken Sie auch an die vielfältigen kulturpolitischen Beziehungen: zunächst gibt es keine Konzentration der Kulturinstitute in Paris, wie Sie meinen, sondern ein vielfältiges Netz der Aktivitäten im ganzen Land:

    • 4 Generalkonsulate,
    • 15 Honorarkonsulate,
    • 5 Goethe-Institute,
    • die Föderation der deutsch-französischen Kulturhäuser in 6 franz. Städten,
    • die große Zahl deutsch-franz. Kulturgesellschaften, davon allein 125 im größten deutschen Dachverband,
    • ca. 2000 Städtepartnerschaften,
    • dazu eine Fülle von Direktkontakten von Schulen, Universitäten, Theatern und Kulturvereinen

    Ebenso haben wir die Regionalpartnerschaften der Bundesländer mit einzelnen franz. Regionen:

    • Niedersachsen/Haute Normandie,
    • Rheinland-Pfalz/Bourgogne,
    • Thüringen/Picardie,
    • Niederbayern/Oise

    Das Auswärtige Amt hat einen engeren Informationsaustausch zwischen GIIN und der französischen Seite bei kulturellen Planungen mit dem Ziel vermehrter gemeinsamer Veranstaltungen initiiert.

    Geplant ist darüber hinaus die Einrichtung gemeinsamer deutsch-französischer Kulturinstitute in Europa (bereits erfolgt in Palermo, Febr. 2001, in Luxemburg wird die Einrichtung eines trilateralen Instituts geplant)

    Der traditionelle Dialog zwischen beiden Ländern wird immer mehr zu einem Dialog der Gesellschaften. Die Zivilgesellschaft hat eine wachsende Bedeutung für die Kooperation. Kontakte zwischen Multiplikatoren, Entscheidungsträgern kommen zu den traditionellen Kontakten der Städtepartnerschaften, des Schüleraustausches und der Regierungszusammenarbeit hinzu.

    Die Grundkoordinaten der deutsch-franz. Zusammenarbeit haben sich seit der Wiedervereinigung und dem Regierungswechsel geändert. Die Neubelebung der "relance" darf als gelungen gelten, insofern müssen die Beziehungen nicht neu begründet werden. Die neue Zusammenarbeit ist auch durch den Generationenwechsel gekennzeichnet. Die heutige Generation ist europäisch sozialisiert. Ging es früher um Versöhnung und die Bewältigung der Vergangenheit, so steht heute die Bewältigung der Zukunft auf dem gemeinsamen Programm.

    Es gibt aber immer noch Defizite, das will ich nicht verschweigen: der Spracherwerb der jeweils anderen Sprache ist rückläufig. Dies ist eine der wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft. Mobilität in der Ausbildung und Etablierung hervorragender Ausbildungsstätten ist unverzichtbar.

    Fazit:
    Es gibt wirklich keinen Grund, die Beziehungen neu zu begründen. Sowohl die politische als auch die kulturelle wie die zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit im weiteren Sinne befinden sich in einem gesunden Zustand und sucht ihresgleichen in den Beziehungen zu einem Partnerland, sei es in Europa oder sonstwo in der Welt. Gerade die Regierung Schröder hat dies erkannt und einen besonderen Aspekt auf eben die Zivilgesellschaft und ihre Kommunikation untereinander gelegt. Sie unterscheidet sich damit deutlich von der Vorgängerregierung und unterstützt und unterhält Kontakte auf allen Ebenen. Wenn Sie die Neubegründung der deutsch-französischen Beziehungen verlangen, dann kann ich Sie nur auffordern, konstruktiv an dem Ausbau der eben aufgezeigten Beziehungen mitzuarbeiten. Wenn überhaupt, bedürfen sie nicht einer Neubegründung, sondern einer Belebung, die den Anforderungen des neuen Jahrhunderts gerecht wird.