Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    17.06.2004

    Plenarrede zum Deutsch-Französischen Jugendwerk


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    letztes Jahr haben wir gemeinsam in Versailles den 40. Jahrestages des Elysée-Vertrages gefeiert. Es war für uns alle ein bewegendes Erlebnis als wir - deutsche und französische Abgeordnete zusammen - dort saßen und gemeinsam Jacques Chirac und Gerhard Schröder zuhörten.

    Parallel dazu haben die beiden Parlamentspräsidenten, Wolfgang Thierse und Jean-Louis Debré, vereinbart, die Arbeit zwischen den Parlamenten zu verstärken. Sie haben einen konkreten Auftrag formuliert, eine deutsch-französische Parlamentarierarbeitsgruppe einzusetzen, die die Arbeit des deutsch-französischen Jugendwerks der letzten 40 Jahre analysiert und Vorschläge für eine zukünftige Arbeit unterbreitet.

    Wir diskutieren heute einen interfraktionellen Antrag, der die Schlussfolgerungen dieser Parlamentariergruppe aufgreift, die sich seit Oktober 2003 in monatlichem Rhythmus getroffen, Akteure und Verantwortliche des deutsch-französischen Jugendwerkes befragt und ein ca. 40-seitigen Bericht und 11 Vorschläge vorgelegt hat.

    Wir begrüßen heute deshalb sowohl den Vizepräsidenten der Nationalversammlung, Yves Bur, der der französische Kopf der deutsch-französischen Parlamentarierarbeitsgruppe war, sowie unsere französischen Kollegen, und wir freuen uns, dass wir nächste Woche den Bericht, der von der Arbeitsgruppe einvernehmlich erstellt worden ist, beiden Präsidenten in Paris übergeben zu dürfen.

    Ich bedanke mich an dieser Stelle für die SPD-Fraktion ganz herzlich bei den Präsidenten für diesen Auftrag. Insbesondere danke ich aber meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag und der Assemblée Nationale für die ungemein angenehme und konstruktive Zusammenarbeit, die wir im letzten dreiviertel Jahr miteinander haben durften.

    Ich glaube, wir sind ein tolles Team geworden. Wir sind sehr schnell zu gleichen Analysen und Vorschlägen gekommen und wir waren so motiviert bei der Arbeit, dass wir gleich auf den nächsten Auftrag der beiden Präsidenten hoffen.

    Ich möchte an dieser Stelle auch dem deutsch-französischen Jugendwerk und seinen langjährigen Mitarbeitern danken, von denen ich viele noch persönlich aus meiner aktiven Zeit im deutsch-französischen Jugendwerk kenne. Ich danke auch den Partnerorganisationen, Verbänden und Institutionen, die es in den letzten 41 Jahren geschafft haben, 7 Mio. Jugendliche zu motivieren, die deutsche bzw. französische Sprache zu lernen und die jeweils andere Kultur kennen zu lernen. Sich auf andere Kulturen einzulassen, sich mit anderen Kulturen auseinanderzusetzen und vielleicht auch die Geduld aufzubringen, sich mit Unterschieden intensiv zu beschäftigen und Verständnis dafür zu bekommen, ist eine Grundlage für das, was wir kurz als Dialog der Kulturen definieren. Das ist im deutsch-französischen Jugendwerk vorzüglich geleistet worden.

    Der Elysée-Vertrag und das deutsch-französische Jugendwerk sind eine Erfolgsgeschichte, denn alle Beteiligten haben es geschafft, die Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich herzustellen.

    Für viele Jugendliche ist es heute vollkommen normal, miteinander in Europa zu leben. Franzosen sind für sie keine anderen Europäer als Engländer, Dänen, Italiener. Das Wissen über die neuen EU-Staaten und ihre Menschen ist bei uns „alten“ Europäern dagegen noch nicht so stark ausgeprägt. Deshalb haben Deutsche und Franzosen gemeinsam in Europa und der globalisierten Welt neue Aufgaben. Daraus folgt unsere Forderung nach einem Neuauftrag, nach einer Neubegründung des deutsch-französischen Jugendwerks, das seinen bisherigen Auftrag wirklich erfolgreich umgesetzt hat. Es muss aber in einem neuen, komplexeren Umfeld im gesamteuropäischen Kontext und in einer globalisierten Welt seine Aufgaben zuspitzen, präzisieren und vielleicht in einigen Teilen auch neu definieren.

    Wir glauben, dass einerseits eine Erweiterung der Programme mit Drittstaaten gerade in den neuen Beitrittsländern der EU erfolgen muss, damit wir genau diesen Mangel an Kenntnis ausgleichen können. Wir glauben aber auch, dass die Kontakte möglichst nachhaltig sein müssen und sowohl Aspekte des interkulturellen Lernens, der Lebensweisen als auch der Sprache beinhalten sollten. Sprache ist die Grundlage der Verständigung, des Verstehens der anderen Kultur. Wir haben heute die Situation, dass sich Jugendliche aus diversen europäischen Ländern, natürlich auch in Frankreich und Deutschland, auf englisch unterhalten, aber wir stellen immer wieder fest, dass die Unkenntnis der Sprache des anderen natürlich auch zu einem Mangel an Verständnis führt.

    Besonders deutlich ist mir das geworden, als ich eine Gruppe eingeladen hatte, die, unterstützt durch die Handwerkskammer Lüneburg, in die Partnerregion in Rodez im Départment Aveyron gereist ist, um dort entsprechende Betriebe - einen Karosseriehersteller, eine Bäckerei, ein Restaurant - zu besuchen. Sie haben selber erlebt, wie wichtig die Sprache als Grundlage gerade für junge Berufstätige ist. Und dieses wird neben dem interkulturellen Leben ein wichtiger Faktor für ein immer freizügigeres Europa der Arbeitswelt sein. Gerade bei jungen Berufstätigen ist es immer wichtiger, im Bereich Sprachvermittlung die Arbeit zu verstärken. Dies ist eine große Zukunftsaufgabe.

    Wir haben den Bericht an die beiden Regierungen bereits übermittelt; wir haben mit dem Kuratorium des deutsch-französischen Jugendwerkes unsere Schlussfolgerungen diskutiert und wir hoffen auf eine konstruktive Umsetzung der Schlussfolgerungen durch die beiden Regierungen, deren Aufgabe es ist, die Konkretisierung und die Neuausrichtung gemeinsam mit den Kuratoriumsmitgliedern vorzunehmen und dem deutsch-französischen Jugendwerk eine positive Zukunft zu bescheren.