Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    12.03.2006

    Rede zum Gründungstreffen der Ständigen Konferenz Tanz


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich bedanke mich herzlich für die Einladung zu Ihrem heutigen Gründungstreffen und freue mich, hier so viele Organisationen und Institutionen zu sehen, die sich der Tanzkunst widmen. Es ist eine prima Idee, ein Netzwerk zu bilden, denn so kann der Tanz zu mehr Aufmerksamkeit kommen. Und ich finde mehr Aufmerksamkeit ist nicht nur dringend nötig, sondern der Tanz hat sie auch wirklich verdient.

    Wenn ich einmal die Bundeskulturpolitik der letzten Jahre Revue passieren lasse, dann muss ich feststellen, dass der Tanz nicht besonders häufig an prominenter Stelle auftaucht. Da drängen sich wohl Themen wie Medienpolitik, der Filmförderung oder die Gedenkstätten nach vorn. Doch das muss ja nichts schlechtes sein. Ganz im Gegenteil: nachdem was ich selbst erfahre steht es um den Tanz weitaus besser da als andere Bereich mit denen wir zu tun haben. Da bin ich verleitet zu sagen: seinen Sie nur froh, dass keine Krise die Szene um die Tänzerinnen und Tänzer in die Mühlen der Bundespolitik zwingt.

    Damit will natürlich nicht die zurückgehende Entwicklung von Tänzern an Staats- und Stadttheatern unterschlagen, doch für solche direkte Förderung sind ja nun einmal die Länder zuständig.

    Und nur weil der Tanz in der Bundespolitik nicht ständig präsent ist, sagt das noch lange nichts über seine Bedeutung für Deutsche Kultur aus. Der englische Dichter John Dryden (1631-1700) hat einmal sehr schön formuliert: „Tanzen ist die Poesie des Fußes.“

    Dass diese „Poesie“ im Kanon der Künste einen großen Stellenwert genießt, möchte ich Ihnen an einigen Beispielen zeigen.

    Beispielsweise gibt es hier in Berlin zahlreiche Tanzprojekte im „Haus der Kulturen der Welt“, dass eine Institution des Bundes ist. Gerade jetzt im April (20. - 23.04.2006) wird hier der Deutschen Tanzkongress mit dem Thema „Wissen in Bewegung“ veranstaltet, bei dem es auch ein Rahmenprogramm geben wird, was wie ich finde sehr vielversprechend klingt.

    Mitförderer ist die Bundeskulturstiftung. Sie hat sich momentan den Schwerpunkt Tanz auf die Fahne geschrieben und will mit einem „Tanzplan Deutschland“ das Engagement für den Tanz und die öffentliche Anerkennung seines künstlerischen Potentials bundesweit stärken. In diesem Rahmen finanziert die Stiftung zusammen mit Ländern und Städten Maßnahmen zur Stärkung des Tanzes in acht Städten. Dabei sind Berlin, Potsdam, Bremen, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Essen, Hamburg und München. Die Konzepte sind sehr umfassend und reichen von der tänzerischen Breitenarbeit über Tanz in der Schule bis hin zur Konsolidierung der freien Tanzszene.

    Auch in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik gibt es zahlreiche Initiativen, die mittels Tanz Kulturbegegnungen mit anderen Ländern gestalten. Beim Deutschen Kulturjahr in Russland (2004) fallen mir da die Tanztheateraufführungen von Pina Bausch und Sasha Waltz ein und auf dem Festival d’Avignon wurde Constanza Macras „Back to the present“ aufgeführt.

    Einen Großteil der Arbeit in diesem Bereich macht das Goethe-Institut als Mittlerorganisation im Auftrag der Bundesregierung. Hier werden Gastspiele deutscher Tanzensembles im Ausland und internationale Koproduktionen gefördert. An den zahlreichen Auslandsinstituten gibt es Gastchoreografien, Workshops und Aufführungen. Außerdem wurde ein Hospitationsprogramm für junge ausländische Theaterschaffende an deutschen Bühnen einrichtet.

    Doch natürlich gibt es – wenn auch keine akuten – trotzdem nicht zu vernachlässigende Probleme im Bereich der Tanzkunst.

    Die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“, die gerade wieder neu eingerichtet wurde, damit sie ihre Arbeit zu Ende bringen kann, beschäftigt sich mit diesem Thema. Beispielsweise wurde hier die Ungleichheit zwischen Studienabschlüssen und Abschlüssen von anderen staatlichen Institutionen problematisiert. Ein zweiter Punkt ist die fehlende Anerkennung durch Auszeichnungen. Bei der, wegen der körperlichen Ansprüche recht kurzen Karrieredauer, kann der Tanz oft gerade nicht mit den anderen Künsten über einen Kamm geschoren werden.

    Weiter beschäftigen die Enquete-Kommission Fragen nach der sozialen Absicherung des zweiten Berufeinstieges, nach Stipendien und Wettbewerben, nach der Repräsentanz in den öffentlich-rechtlichen Medien oder auch nach der Nachwuchsgewinnung wie Tanz in den Schulen.

    Gerade der letzte Punkt ist mir selbst ganz eindrucksvoll vor Augen geführt worden. Ich durfte bei der (Film?-)Premiere von „Rhythm is it“ dabei sein. Dieses unglaubliche Tanzprojekt, bei dem die Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Sir Simon Rattle zusammen mit dem Choreograf Royston Maldoom 250 Berliner Durchschnittskids aus 25 Nationen buchstäblich Beine machten, ist ein ganz besonders tolles Beispiel für gelungene kulturelle Bildung.

    Ich hoffe, von diesen und von den vielen anderen wunderbaren Projekten, die ich jetzt nicht alle aufzählen kann, wird es in Zukunft noch viele geben. Dabei bin ich zuversichtlich, dass das Netzwerk der Ständigen Konferenz Tanz viel dazu beitragen können wird. Ich wünsche ich Ihnen dafür alles Gute und viel Erfolg.

    Vielen Dank