Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    06.04.2006

    Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes

    Rede zum Gesetzentwurf des Bundesrates


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

    wir in Deutschland können stolz sein, dass es in der Kultur- und Medienpolitik über die Jahre immer wieder gelungen ist, starke Pfosten für die Kulturförderung einzuschlagen. Das Buchpreisbindungsgesetz ist dabei ein wichtiger Baustein, mit dem eine einzigartige Vielfalt von Büchern und große Zahl von Buchhändlern bewahrt werden können. Wo wir uns doch so gern als „Volk der Dichter und Denker“ bezeichnen lassen, ist es nur konsequent, kulturpolitisch auch die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

    Zum ersten Mal kam die Buchpreisbindung auf den Prüfstand der Europäischen Kommission, nachdem der österreichische Handelskonzern "Libro" ein Beschwerdeverfahren angestrengt hatte. Er war von einigen deutschen Verlagen nicht mehr beliefert worden, nachdem er Bücher im Internet 20 Prozent unter dem offiziellen Preis angeboten hatte.

    In der Folge haben wir 2002 das Buchpreisbindungsgesetz verabschiedet, ähnlich wie es auch in Frankreich, Österreich oder der Schweiz existiert. Unter dieses Gesetz fallen neben Büchern auch Musiknoten, kartographische Produkte und mit Büchern kombinierte Produkte wie etwa CD-ROMs und Lernkassetten.

    Mit diesem Gesetz haben wir drei ganz wesentliche kulturpolitische Ziele verankert, auf die mein Kollege Jörg Tauss in der ersten Lesung bereits hingewiesen und mit sehr eindrucksvollen Zahlen untermauert hat.

    1. Die Sicherung der großen Vielfalt und der hohen Qualität des Buchangebotes in Deutschland.
    2. Der Erhalt eines engen Netzes von Buchhandlungen auch in kleinen und mittleren Orten mit qualifiziertem Personal und
    3. Die Gewährleistung einer angemessenen Vergütung für die Urheber, die Autorinnen und Autoren und natürlich auch die Übersetzer.

    Das Schöne an der Buchpreisbindung ist, dass sie von allen Seiten Zustimmung findet. Bei Gesetzen, die unterschiedliche Geschäftsbereiche betreffen eigentlich nicht oft der Fall. Doch Verleger und Autoren sowie Buchhändler sind gemeinsam mit uns der Ansicht, dass es richtig ist, Bücher eben nicht mit üblichen Handelswaren gleichzusetzen, sondern sie als Kulturgut zu schützen.

    In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal ganz ausdrücklich darauf hinweisen, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent, der auch für Bücher gilt, weiterhin erhalten bleibt. Wir haben uns im Koalitionsvertrag klar darauf verständigt und damit unterstrichen, dass Kultur und Medien weiterhin – also auch für diese Regierung – eine wichtige Rolle spielen.

    Doch worum genau geht es bei den Änderungen des Buchpreisbindungsgesetzes, die der Bundesrat vorgeschlagen und die der Ausschuss für Kultur und Medien nun eingebracht hat?

    In manchen Bundesländern werden seit einiger Zeit die Eltern an der Schulbuchfinanzierung beteiligt und in anderen Bundesländern steht das noch an. Im bisherigen Gesetz heißt es aber, dass ein Sammelrabatt für die Schulbücher gewährt wird "die überwiegend von der öffentlichen Hand finanziert werden". Wir ändern das, damit der Sammelrabatt in Zukunft für alle Modelle der Schulbuchfinanzierung gilt. Egal ob die Schule allein die Bücher bezahlt oder ob die Eltern den größeren Anteil übernehmen: der Rabatt auf Sammelbestellungen wird gewährt.

    Die Kultur- und Medienpolitiker aller Fraktionen haben sich jetzt dafür ausgesprochen, bei dieser Gelegenheit gleichzeitig den Kreis der Rabattberechtigten zu erweitern. Damit werden Privatschulen, die nach den Schulgesetzen den Status staatlicher Ersatzschulen haben, in den Kreis der Rabattberechtigten mit einbezogen.

    Eine weitere Änderung ist die Kennzeichnungspflicht für Mängelexemplare. Damit soll verhindert werden, dass einwandfreie Bücher als Mängelexemplare mit Rabatt verkauft werden können.

    Außerdem wurde eine so genannte Räumungsverkaufsklausel eingeführt, da die bisherigen Möglichkeiten der Lagerbereinigung von Buchhandlungen nicht ausreichen. Konkret heißt das, dass die Buchhändlerinnen und Buchhändler bei einem Räumungsverkauf die meist schon älteren Buchtitel billiger anbieten können, wenn sie von den Verlagen nicht mehr zurückgenommen werden. Diese Regelung ist keine Gefahr für das Kulturgut Buch, sondern bedeutet eine wichtige Möglichkeit für den Verkauf von älteren Titeln. Hinzu kommt, dass es Auflagen gibt, die einen Missbrauch der Regelung verhindern.

    In einem weiteren Punkt haben wir die Buchpreisbindung für Ausgaben aufgehoben, deren erstes Erscheinen länger als 18 Monate zurückliegt. Bisher war es so, dass der Zeitpunkt der jeweiligen Druckauflage entscheidend war. Deshalb konnte es bislang passieren, dass bei unveränderten Nach- oder Neudrucken zur gleichen Zeit sowohl preisgebundene als auch preisfreie Ausgaben desselben Titels auf dem Markt waren.

    In Zukunft gilt die Preisbindung bei älteren Titeln nur dann, wenn diese in überarbeiteter oder in veränderter Form neu veröffentlicht werden.

    All diese Änderungen verbessern wichtige Teile des bestehenden Gesetzes. Die Schulen und damit auch die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern werden auch zukünftig von Preisnachlässen profitieren. Im Buchhandel selbst werden einige Regelungen flexibler gestaltet und dazu gegen Missbrauch geschützt.

    Mit dieser Novellierung stärken wir die Buchpreisbindung als wichtiges Instrument der Kulturförderung in Deutschland. Ohne das gäbe es vielleicht viele Bücher zu erschwinglichen Preisen im Taschenbuchformat. Jedoch würde Fach- und Wissenschaftsliteratur ungleich teurer, weil dann eine Quersubventionierung anspruchsvoller Literatur und kleiner Auflagen nicht mehr möglich wäre.

    Ich persönlich bin nicht nur als Kulturpolitikern unglaublich froh über die Buchpreisbindung, sondern vor allem auch als Leserin. Es ist für mich nach wie vor ein unheimliches Vergnügen in kleinen Bücherläden herum zu stöbern, mit der Verkäuferin oder dem Verkäufer zu fachsimpeln und mich von ihnen kundig beraten zu lassen. Und selbst diese Freude wird zunehmend eingetrübt durch große Handelsketten, die zwar an die Buchpreisbindung gebunden sind, jedoch durch ihre schiere Marktmacht einen zunehmenden Verdrängungswettbewerb auslösen. Im Supermarkt will ich in Zukunft keine Bücher kaufen müssen.

    Dazu kommt, dass ich – wie viele andere auch – auf dem Land wohne und sehr davon profitiere, dass es auch im ländlichen Raum so viele Buchhandlungen mit so einer breiten Vielfalt von Büchern gibt.

    Kultur im Allgemeinen und Bücher im Speziellen gehören zum täglichen Leben der Menschen. Kultur ist Lebensmittel. Und deswegen ist es richtig, dass jeder – egal ob in der Stadt oder auf dem Land – eine Buchhandlung in seiner Umgebung findet, so wie es auch Bäckereien oder Supermärkte gibt.

    In diesem Sinne hoffe ich zunächst einmal auf ein schnelles Inkrafttreten der Gesetzesänderung, damit zum einen die Schüler im neuen Schuljahr die Rabattregelungen weiterhin nutzen können und zum anderen die Buchpreisbindung ihre bisherige wichtige kultur- und auch gesellschaftspolitische Funktion erfüllen kann: den Erhalt der Vielfalt dieses wertvollen Kulturguts.

    Vielen Dank!