Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    26.10.2006

    Statement zur AG1 „Modernes Profil: Die Rolle der Kreativindustrie“

    Konferenz zur AKBP im Auswärtigen Amt


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    vielen Dank für die interessanten Thesen, die gewissermaßen aus Industriesicht gut darstellen, was die Kreativindustrie zu leisten im Stande ist, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

    Ich möchte dem aus meiner politischen Sicht derjenigen, die für die Umsetzung solcher Rahmenbedingungen mitverantwortlich ist, noch einige Punkte hinzufügen.

    Ich selbst setze mich schon lange für die Stärkung der Kreativindustrie ein, denn ich weiß, dass unsere Qualitäten in Deutschland nicht darin bestehen besonders preiswert zu arbeiten. Sie bestehen auch nicht darin, immer auf einem technologisch höheren Stand als andere Nationen zu sein. Die Werte, die uns für die Zukunft wettbewerbsfähig machen werden, sind unserer Kreativität, der Ideenreichtum in unserem Land und die Phantasie jeder und jedes Einzelnen.

    Doch um diese Kreativindustrie zu beflügeln, braucht es unsere Anstrengungen. Wir müssen den gesellschaftlichen Horizont erweitern und endlich davon wegkommen, dass nur das für wertvoll gehalten wird, was ganz direkt einen möglichst bezifferbaren Ertrag einbringt.

    Ein besonders gutes Beispiel ist die Bildung. Nach wie vor hat in der Schule Mathematik oder Geschichte einen großeren Stellenwert als Musik oder Kunst. Kulturelle Bildung und die dadurch geförderten kreativen, sozialen oder kombinatorischen Fähigkeiten sind aber genau das, was wir in Zukunft brauchen. Deswegen darf es auch nicht an den Universitäten so weitergehen, dass drittmittelstarke Naturwissenschaften den Geisteswissenschaften gegenüber bevorzugt werden. Das können wir uns nicht leisten.

    Diese Problematik, zusammen mit den Punkten, die Tim Renner angeschnitten hat, ziehen allerdings Anforderungen nach sich, die wir erfüllen müssen. Hier sind wir mit ganz unterschiedlichen Initiativen zwar noch lange nicht am Ziel aber doch auf einem guten Weg.

    Zu dem, was wir bereits erreicht haben, gehören zum Beispiel das 4 Milliarden schwere Ganztagsschulprogramm, die vielen Verbesserungen beim Bürgerschaftlichen Engagement, die Bemühungen für mehr deutsche Musik in den Medien oder auch die neue Filmförderung, für die ab 2007 pro Jahr 60 Millionen Euro fließen, um nur einige wenige Schlaglichter zu werfen.

    An anderen wichtigen Verbesserungen arbeiten wir noch. Da ist zu Beispiel das wichtige Feld der Technologieförderung, wo wir beispielsweise mit der Förderung von Computerspielen weiterkommen wollen. Ganz besonders wichtig sind außerdem der bessere Schutz des geistigen Eigentums sowie die angemessene Vergütung für die Urheber. Ich hoffe, dass wir bei der momentan sehr aufgeheizten Diskussion um den Zweiten Korb des Urheberrechts zu einer Lösung kommen, mit der die Urheber, die Verwerter als auch die Geräteindustrie leben können. Diese Lösung muss aber in jedem Fall deutlich zeigen, dass geistiges Eigentum nicht nur schützenswert ist, sondern dass die Resultate von Kreativität nicht umsonst sind, sondern auch angemessen vergütet werden müssen.

    Wir in Deutschland haben genau die „Creative Class“, die Richard Florida mit den Schlagworten Technologie, Toleranz, Talente als Voraussetzung für Kreativindustrie beschreibt. Aber dieses Potential lässt sich nicht durch ein zwei Hauruck-Maßnahmen hervorlocken. Stattdessen braucht es Veränderungen und Fördermaßnahmen an ganz unterschiedlichen Stellen. Voraussetzung dafür ist es aber, dass gesellschaftlich klar wird, welch großen Stellenwert Kreativität in Zukunft haben wird.

    Für die heutige Veranstaltung sollten diese Überlegungen allerdings eher den Hintergrund bilden, denn es geht darum, unsere außenpolitischen Aufgaben und Chancen zu diskutieren.

    Mit unserer Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in ihrer Gesamtheit haben wir einen vitalen Vermittler unserer Kultur in der Welt. Durch ein DAAD-Stipendium, eine Diskussionsforum des Goethe-Instituts, die Sendung „PopXport“ des Deutsche Welle Fernsehens und vielem mehr, machen wir ganz bewusst Werbung für unser Land, unsere Kultur und nicht zuletzt für unsere Wirtschaft.

    Ich freue mich, dass das Engagement des Außenministers - nicht zuletzt in Form dieser Konferenz - zeigt, dass Deutschland ein Zukunftsmarkt für die Kreative Industrie ist. In diesem Sinne ist Außenkulturpolitik kein Luxus der Repräsentation, sondern - wenn man so will - knallharte Interessenspolitik, bei der wir auch Resultate einfordern. Dafür stehen zahlreiche Initiativen, die wir im Bundestag formuliert haben.

    Seit Jahren kämpfen wir beispielsweise um die Budgetierung und 2008 wird es nach viel Überzeugungsarbeit nun zumindest beim Goethe-Institut soweit sein. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung von wirtschaftlicher Nachhaltigkeit, die wir durch modernes, flexibles Management, klare Zielvereinbarungen und gründliche Evaluierung erreichen. Das alles ist Bestandteil des Auftrags, den wir deutlich an das Auswärtige Amt formuliert haben.

    Wir erwarten außerdem von den Botschaften im Ausland und den Mittlerorganisationen des Auswärtigen Amtes, dass sie sich in Zukunft noch stärker vernetzen und sich gegenüber Firmen, anderen Mittlern und Institutionen einerseits aus Deutschland und andererseits aus Partnerländern noch mehr öffnen. In der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik haben wir die Aufgabe für unsere Kultur und damit für unser Land, deren Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu werben. Wir wollen aus einem Dialog, einem Kreativitäts- und Wissensaustausch profitieren und dafür müssen wir uns noch besser aufstellen. Das bringt uns nicht nur im Ausland weiter, sondern ermöglicht uns, gerade auch im Inland den Wert von Kreativität für die Zukunft klarzumachen.

    Ich freue mich auf die Diskussion.
    Vielen Dank.