Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    08.09.2007

    Grußwort zum Jubiläum vom Springhornhof Neuenkirchen

    Kunstverein wird 25 Jahre alt


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Liebe Mitglieder des Kunstvereins Springhornhof,
    liebe Kunstfreundinnen und Kunstfreunde,

    Juan Miró hat seine Skulpturen häufig aus Fundstücken geschaffen, die er bei seinen Spaziergängen fand. Woran andere achtlos vorübergingen, das vermochte er zu sehen. Juan Prats, Mirós Freund, sagte einmal bewundernd: „Wenn ich einen Stein aufhebe, ist es ein Stein. Wenn Miró einen Stein aufhebt, ist es ein Miró.“ So viel im Leben ist des Aufhebens wert. Die Kunst lehrt uns, nicht wie Blinde durch die Welt zu stolpern, sondern zu sehen.

    In diesem Sinne freue ich mich, dass heute so viele „Sehende“ den Weg zum Springhornhof gefunden haben und wir gemeinsam das 25jährige Jubiläum des Kunstvereins Springhornhof feiern können.

    Liebe Mitglieder des Kunstvereins Springhornhofs, ich gratuliere Ihnen hiermit ganz herzlich zum 25jährigen Bestehen Ihrer Kunstinitiative. Seit nun mehr als zwei Jahrzehnten ist der Springhornhof Anlaufstelle für Kunstschaffende und Kunstliebhaber aus der Region, aus Deutschland und aus der ganzen Welt. Mit Ihrer Begeisterung für Kunst und Kultur, sind Sie, liebe Mitglieder des Kunstvereins Springhornhof, eine wahre Bereicherung für das kulturelle Leben in der Lüneburger Heide.

    Den größten eigenen Einsatz haben zweifelsohne die Begründer des Kunstvereins, Ruth und Wilm Falazik, in dieses Projekt hineingesteckt. Mit Ihrem Umzug von Bochum nach Neuenkirchen und der Gründung des Kunstvereins Springhornhof haben sie den Grundstein für ein Mehr an künstlerischer und kultureller Vielfalt in der Region gelegt. Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die Lüneburger Heide heute nicht nur für die wunderschöne Naturlandschaft, sondern auch für zeitgenössische Kunst bekannt ist. Und dafür verdienen Sie unsere größte Anerkennung und einen ganz besonderen Dank.

    Häufig konzentriert sich das öffentliche Interesse auf die großen Kunst- und Kulturzentren in den Großstädten. Das ist schade, denn dabei wird häufig vergessen, dass in den ländlichen Regionen eine beeindruckende kulturelle Vielfalt anzutreffen ist. Hier, in der Lüneburger Heide, ist Kunst authentisch. Sie wird in den unterschiedlichsten Formen gelebt, und das von sehr großen Teilen der Bevölkerung. Der Springhornhof ist das beste Beispiel dafür. Besonders beeindruckt hat mich Ihr Projekt KUNST-LANDSCHAFT. Hier ist die Region Programm und Ausdruck des Zusammenspiels zwischen der Kunst, der Bevölkerung und der Naturlandschaft Lüneburger Heide, aber auch die internationalen Projekte wie mit isländischen und osteuropäischen Künstlerinnen und Künstlern finde ich einmalig.

    Ich halte es für einen gefährlichen Trugschluss, die kulturelle Vielfalt in den Regionen geringer zu schätzen als sie in Wahrheit ist. Denn gerade in ländlichen Gebieten kommt neben dem kulturellen Wert auch der soziale Aspekt der Kunst zum Tragen. Dort, wo die Bürger ihren Heimatort aktiv mit gestalten, da werden Kunst- und Kulturprojekte viel besser wahrgenommen. Und das Gemeinschaftsgefühl der Gemeinde und die eigenständige Identität der Region können so viel besser bewahrt werden.

    Gerade das kulturelle Leben in ländlichen Regionen lebt von der freiwilligen und ehrenamtlichen Arbeit. Sie werden mir sicher zustimmen, dass dies ein „Pfund“ der Kulturarbeit in ländlichen Regionen ist, das auf jeden Fall bewahrt werden muss. Deshalb setze ich mich auch dafür ein, dass die ländlichen Regionen bei der Kulturpolitik des Bundes und der Länder noch stärker berücksichtigt werden.

    Sie werden mir sicherlich zustimmen: Das Engagement in Kunst und Kultur ist nicht zuletzt aus finanziellen Gründen nicht immer leicht. Es können kaum genügend staatliche Fördermittel zur Verfügung gestellt werden, um all die nötigen Kunstprojekte zu unterstützen. In der Bundespolitik, in der wir zwar nicht wie die Länder einzelne Projekte fördern, wollen wir hauptsächlich die Rahmenbedingungen, in denen Kunst und Kultur stattfinden, verbessern.

    Einen wichtigen Schritt haben wir im Juli dieses Jahres getan. Da haben wir im Deutschen Bundestag das neue Gemeinnützigkeitsrecht verabschiedet. Finanzminister Peer Steinbrück hatte mit seinem Konzept „Hilfen für Helfer“ - wobei wir die vielen Helferinnen auf keinen Fall vergessen sollten - einen wirklich guten Vorschlag vorgelegt, mit dem wir jetzt die Menschen, die sich tagtäglich im sozialen, kulturellen, sportlichen oder sonst gesellschaftlichen Bereich engagieren, weiter unterstützen werden.

    Der persönliche und in den meisten Fällen ehrenamtliche und unentgeltliche Einsatz, ist bewundernswert und viele Menschen profitieren davon. So gibt es überall in unserem Land kostenlose Museen und Ausstellungen, musikalische Veranstaltungen hören oder Theaterspiele sehen, die nur aufgrund von privatem Einsatz existieren.

    In dem neuen Gesetz fördern wir aus diesem Grund konkret durch eine erhöhte Spendenabzugsfähigkeit, die Abzugsfähigkeit von finanziellen Zuwendungen an Stiftungen, verbesserte Haftungsregelungen oder die angehobene Besteuerungsgrenze für wirtschaftliche Betätigungen gemeinnütziger Körperschaften. Das alles soll helfen, dass noch mehr Menschen Aufgaben in der Gemeinschaft übernehmen.

    So verschieden die Projekte in Kunst und Kultur sind, so unterschiedlich sind auch die Menschen und die Umstände, in denen sie geschaffen werden. Gerade vor dem Hintergrund des demographischen Wandels in Deutschland sehe ich mehrere Herausforderungen für die Kulturarbeit in den Regionen. Immer mehr Menschen ziehen vom Land in die Stadt. Die Region Süd-Niedersachsen macht davon keine Ausnahme. Dieser Trend ist gefährlich und kann im schlimmsten Fall die Verödung ganzer Landstriche zur Folge haben. Ihm kann aber auch entgegengewirkt werden. Und zwar mit einer aktiven und engagierten Kulturarbeit vor Ort! Warum sollten wir kulturtouristische Produkte nicht besser vermarkten und so strukturschwachen Räumen neue Lebens- und Arbeitsperspektiven eröffnen? Darin sehe ich einen ganz wichtigen Faktor für die zukünftige Kunst- und Kulturarbeit in den Regionen.

    Ein weiterer Punkt ist, dass unsere Gesellschaft immer internationaler und vielfältiger wird. Deutschland ist, auch wenn sich einige Stimmen aus der Politik lange dagegen gewehrt haben, zu einem Einwanderungsland geworden. Diese Tendenz wird sich in Zukunft noch verstärken. Und deshalb müssen wir Zugewanderten Angebote zur Verfügung stellen, die ihre Integration fördern. Gleichzeitig können aber auch wir von ihnen lernen, denn Zugewanderte sehen die Lüneburger Heide vielleicht mit ganz anderen Augen. Wir sollten uns nicht nur die Frage stellen: Was können wir Migranten vermitteln? Genauso wichtig ist aber auch die Frage: Was können uns Menschen aus anderen Teilen der Welt geben und welche kulturellen Reichtümer bringen sie mit nach Deutschland?

    Der kulturelle Austausch ist dafür ein hervorragender Türöffner. Auf dem Springhornhof hat man das schon lange erkannt. Hier treffen sich Kunststudenten und junge Künstler aus Deutschland, Polen, Tschechien oder Island aus und diskutieren über die Kunst auf dem Land und in der Landschaft. Der Springhornhof führt Menschen mit ganz verschiedenen Hintergründen und ganz unterschiedlichen Vorstellungen von Kunst zusammen. Hier wird das Miteinander der Generationen und der Nationen gelebt, Kontakte werden geknüpft und Freundschaften geschlossen. Das ist in meinen Augen eine wunderbare Perspektive!

    Mit dem heutigen Jubiläum des Springhornhofs wünsche ich mir, dass Ihr Kunstverein noch mehr Resonanz in der Öffentlichkeit und Unterstützung aus der Region bekommt. Ihre Arbeit regt Menschen dazu an, ihre kreative Ader zu entdecken. Kunst und Kultur liegen direkt vor unserer Haustür! Wir müssen bloß die Augen öffnen.

    Ich wünsche Ihnen allen eine gelungene Geburtstagsfeier und dem Kunstverein Springhornhof für die kommenden 25 Jahre weiterhin viel Erfolg.

    Vielen Dank