Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    17.09.2008

    Rede zur Generaldebatte des Bundeshaushalts 2009


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    für uns als SPD ist Kultur Lebensmittel und deswegen ist sie weder aus dem täglichen Leben noch aus dem Bundeshaushalt wegzudenken. Da ist es für uns ganz selbstverständlich, dass die Kultur in dieser Debatte eine wichtige Rolle spielen muss. Davon ist bei den anderen Parteien heute nichts zu sehen. Das finde ich wirklich sehr schade.

    Aber zur Sache. Viel Verwirrung hat es in den letzten Tagen um die Künstlersozialversicherung gegeben. Baden-Württemberg hat im Bundesrat eine Initiative zur Abschaffung der KSK eingebracht. Einige Länder haben sich irrtümlicherweise angeschlossen. Denn nur um einen Irrtum kann es sich handeln. Die in der sozialliberalen Koalition der 70er Jahre eingeführte Künstlersozialversicherung ist eines der wichtigsten sozial- und vor allem kulturpolitischen Errungenschaft, um Kultur- und Medienschaffende abzusichern. Da hat Baden-Württemberg wirklich vollstes KulturUNverständnis bewiesen. Die anderen Ministerpräsidenten müssen diesen Fehler jetzt schnellstens korrigieren.

    Klar ist: bürokratische Hemmnisse müssen abgebaut werden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die im KSK-Beirat vertretenen Verbände sind bereits dabei, hier gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Das und nicht die Holzhammermethode ist die richtige Art und Weise hier positiv etwas zu bewegen.

    Sehr sinnvoll ist die Förderung von Kultur und Medien durch den Bund, der sich hier pro Jahr mit mehr als 1Milliarde Euro beteiligt. Hinzu kommen noch einmal rund 700 Millionen im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Beim Bundeskulturstaatsminister ist ein Aufwuchs von 1,51 Prozent gegenüber 2008 vorgesehen. Der Außenminister hat in seinem Kulturetat sogar einen Anstieg von 7,5 Prozent erreicht. Damit machen wir erneut deutlich, welche Bedeutung wir der Kultur und den Medien im In- und Ausland beimessen.

    Mit der kontinuierlichen Steigerung in den letzten Jahren setzen wir uns übrigens weitaus beständiger für Kunst und Kultur ein als so manche Bundesländer. Insbesondere die Ministerpräsidenten der Länder, die bei den Kulturausgaben die letzten Ränge belegen – das sind Peter Müller, Peter Harry Carstensen und Christian Wulf – sollten sich fragen, ob sie ihrer Kulturhoheit auch finanziell eigentlich noch ausreichend gerecht werden.

    Was planen wir für 2009?

    Wir entwickeln das Konzept zur Gedenkstättenförderung weiter. Als SPD war uns dabei besonders wichtig, bedeutsame Gedenkstätten auch in den alten Bundesländern in die institutionelle Förderung aufzunehmen, damit zum Beispiel Führungen mit Schulklassen ausgeweitet werden können. So erhalten diese Gedenkstätten Planungssicherheit bei ihrer Arbeit.

    Wir sehen doch, wie wichtig authentische Orte sind, gerade wenn es um die historisch-politische Bildung geht. Ansonsten werden wir weiter Studien lesen, die das mangelhafte Wissen vieler junger Menschen übrigens auch und gerade über die SED-Diktatur offenbaren.

    Ein Problem löst allerdings der vorliegende Haushaltsentwurf noch nicht: die Sanierung von Haus 1 / Normannenstraße. Auch wenn im Moment schwer einzuschätzen ist, welche Kosten damit verbunden sind, sollten wir mit einem Leertitel bereits jetzt den politischen Willen zur Sanierung deutlich machen.

    Ein weiteres Projekt der Großen Koalition ist auf der Zielgeraden: die Vereinbarung, auch in Berlin ein sichtbares Zeichen zu setzen, um im Geiste der Versöhnung die Erinnerung und das Gedenken an Flucht und Vertreibung wach zuhalten.

    Wir wollen ein „Sichtbares Zeichen“ in öffentlicher Trägerschaft und uns ist außerdem wichtig, eine internationale Konferenz durchzuführen, die auf der Grundlage der Ausstellung „Flucht, Vertreibung, Integration“ vom Haus der Geschichte in Bonn die Basis für die neue Dauerausstellung im Deutschlandhaus legt. Diese Konferenz wird noch in diesem Jahr stattfinden und den Blick auch ganz klar nach vorn richten. Das heißt, dass das Thema Versöhnung nur zusammen mit unseren europäischen Nachbarn und allen voran Polen und Tschechien angepackt werden kann. So lautete die Koalitionsvereinbarung und so setzen wir sie jetzt um.

    Bei einem anderen Thema kann ich einen Glückwunsch loswerden. Der geht an die neuen Intendantinnen der Festspiele Bayreuth Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier. Wir schauen erwartungsvoll auf die Nachfolgerinnen. Die beiden haben angekündigt, unterschiedliche zusätzliche Projekte anpacken zu wollen. Das ist lobenswert, denn darin besteht die wichtige Chance, die Festspiele für mehr Menschen und vor allem auch für jungen Menschen erlebbar zu machen. Gleichzeitig kommt es darauf an, die für diese Vorhaben notwendigen Mittel außerhalb des Bundeshaushalts zu erschließen.

    Was noch ansteht, ist der Blick auf den „kulturellen Nachwuchs“. Nicht nur, dass wir mit mehr kultureller Bildung das Publikum von morgen erreichen, auf diese Weise werden auch viele wichtigen kreativen und sozialen Kompetenzen geschult.

    Die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ schlägt beispielsweise vor, die Mittel für das Freiwillige Soziale Jahr Kultur zu erhöhen, um mehr Plätze einrichten zu können oder den Fonds Soziokultur um 1 Million zu erhöhen.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    an diesen und anderen Empfehlungen der Enquete-Kommission müssen wir gemeinsam noch weiter vorankommen.

    Mit dem Filmförderfonds haben wir den Anteil des deutschen Films im Kino deutlich steigern können. Das wollen wir weiter führen. In einem Zwischenschritt muss man jetzt prüfen, welche genauen Effekte mit diesem Instrument der Filmwirtschaftsförderung erzielt wurden.

    Ähnlich verhält es sich mit der Initiative Musik. Hier stellen wir seit zwei Jahren Mittel zur Verfügung und inzwischen ist auch einiges in Gang gekommen. Für das nächste Jahr erwarte ich die in unserem Antrag geforderte Evaluation der Initiative, damit wir prüfen können, ob den Zielen des Bundestages mit den Förderrichtlinien auch entsprochen wird. Der Spielstättenprogrammpreis, der insbesondere an Jazzspielstätten vergeben werden soll, steht in jedem Fall noch aus. Diese klare Forderung haben die Kulturpolitiker aller Parteien vor wenigen Wochen im Kulturausschuss noch einmal bekräftigt. Wenn wir die Mittel für die Initiative Musik nun fortschreiben sollen, dann erwarte ich bereits jetzt konkrete Signale, dass es in diesem Punkt vorangeht.

    Mit unserem Etat sind wir nicht nur für Kultur, sondern auch für Medien zuständig. Wir begrüßen außerordentlich, dass Mittel für die Medienforschung in den Haushalt eingestellt wurden. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert dies bereits seit geraumer Zeit, insbesondere mit Blick auf die Medienwirkungsforschung. Vor dem Hintergrund von Digitalisierung, Konvergenz und weltweiter Vernetzung gilt es, die Auswirkungen genauer zu erforschen. Wir brauchen belastbare Zahlen zur Medienentwicklung und zur Medienkonzentration.

    Nach einer langen Durststrecke sind mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier 2005 endlich das Interesse und die Wertschätzung von Kunst und Kultur wieder in die Außenpolitik der Bundesregierung eingekehrt. Das zeigt nicht zuletzt der sehr hohe Aufwuchs von 7,5 Prozent in diesem Haushaltstitel. Für dieses Engagement des Außenministers bin ich dankbar, denn dadurch finden wir auch mit unserer parlamentarischen Arbeit wieder einen Nährboden und können viel voranbringen in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. In den letzten zwei Jahren haben wir unter anderem das Goethe-Institut auf neue starke Beine gestellt und uns für Deutsche Schulen im Ausland engagiert.

    Diese Erfolggeschichte werden wir mit dem Haushalt 2009 weiter schreiben. Das nächste Jahr soll das Jahr der Außenwissenschaft werden. Unser Dialog mit anderen Kulturen funktioniert ganz entscheidend über die Brücken von Studium und Wissenschaft. Dieser Schwerpunkt rundet unser Engagement in diesem Bereich ab. Insgesamt ein großer Schritt, auf den wir stolz sein können.

    Vielen Dank