Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    15.03.2005

    Rede zur Trauerfeier anlässlich des Todes von Brigitte Mira


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Sehr geehrte Angehörige und Freunde,

    Mit Brigitte Mira hat Deutschland eine große Schauspielerin, Kabarettistin und Sängerin und einen liebenswerten Menschen verloren. Menschlich, volksnah, frech, quirlig, ehrlich – so wird sie uns in Erinnerung bleiben.

    Sie war eine wirkliche Volksschauspielerin und wenngleich dieser Begriff manchmal altbacken anmutet, trifft er auf Brigitte Mira ausschließlich im positiven Sinne zu. Denn besonders ihre mit soviel Wärme, Herzlichkeit und Gewitztheit gespielten Rollen, brachten sie den Menschen nah, so dass sich viele mit ihr identifizierten. Brigitte Mira war kein abgehobener Star, sondern eine bewundernswerte Frau aus der Mitte unseres Volkes.

    Die Bundesrepublik Deutschland ehrte Brigitte Mira 1981 mit dem Verdienstkreuz erster Klasse und 1995 erneut mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse.

    Nicht nur in Deutschland wurde sie als Schauspielerin gefeiert. Ihre zahlreichen Preise sind Beweise ihres Erfolgs. Ich will nur an die größten Auszeichnungen erinnern. Zwei mal erhielt sie den Deutschen Filmpreis. Zum einen wurde ihr das Filmband in Gold für ihre Rolle der Emmi in „Angst essen Seele auf“ 1974 in Cannes überreicht. Zum anderen ehrte man sie mit der gleichen Trophäe 1989 für ihr schauspielerisches Gesamtwerk. Vor 5 Jahren wurde ihr dann die Goldene Ehrenkamera verliehen.

    Genau wie Brigitte Mira selbst bin ich mir sicher, dass, wenn Rainer Werner Fassbinder nicht so früh gestorben wäre, noch viele solcher Auszeichnungen gefolgt wären, denn gerade die Zusammenarbeit des Regisseurs und der Schauspielerin war Aufsehen erregend. Wenn ich in den letzten Tagen mit Freunden über Brigitte Mira sprach, merkte ich, dass bei sehr vielen der Film „Angst essen Seele auf“ einen besonders bleibenden Eindruck hinterlassen hat. So auch bei mir. Szenen, wie die, in der sie als Putzfrau Emmi beim Hochzeitsessen mit dem marokkanischen Gastarbeiter Ali spricht, sind von bewegender Zartheit und Traurigkeit.

    Obwohl der Film vor mehr als 30 Jahren entstand (1973), sind sein Inhalt und so auch die Person der Emmi nach wie vor aktuell. Eine Frau, die sich den Anfeindungen der Gesellschaft ausgesetzt sieht, weil sie einen viel jüngeren ausländischen Mann heiraten will – das, versinnbildlicht durch die Emmi, lässt den Zuschauer auch heute noch nachdenklich werden. Dieser Film ist nur ein Beispiel für die unzähligen Rollen, die Brigitte Mira mit Leben füllte und wegen derer sie als so besondere Charakterdarstellerin galt.

    Auch die Filme „Berlin Alexanderplatz“ und „Lili Marleen“ waren erfolgreiche Resultate dieser fruchtbaren Zusammenarbeit, mit sich Brigitte Mira in die Galerie des großen deutschen Films einreihte.

    Doch nicht nur im Genre des Films hinterlässt sie ihre Spuren. Sie bekannte sich zeitlebens zum Theater und zum Kabarett und erreichte ebenso über das Fernsehen Millionen von Zuschauern. Als Oberhaupt der Bratwurstbudenfamilie machte sie in der Fernsehserie „Die drei Damen vom Grill“ von sich reden – auch eine der Rollen, in denen sie immer wieder die beschriebene Volksnähe zeigte.

    Ich habe große Achtung vor Brigitte Mira – dieser starken Frau, die ihren jüdischen Vater im Zweiten Weltkrieg vor den Nazis versteckte, die jahrzehntelang mit ungebrochener Leidenschaft arbeitete und die sich die Schauspielerei auch dann nicht nehmen ließ, als es ihr gesundheitlich immer schlechter ging und sie sogar schon im Krankenhaus lag. Bewundert habe ich ihre Zähigkeit und Ausdauer mit der sie so lange bis jenseits der 90 aufgetreten ist. Die Schauspielerei war ihr Lebenselexier. Noch bis 2003 wirkte sie an den Jedermann-Aufführungen im Berliner Dom mit.

    Brigitte Mira sagte, wenn sie sterben müsse, wolle sie „graziös hinter dem Vorhang zusammensinken. So, dass es noch ein hübsches Foto gibt.“ Es ist weit mehr geworden als ein schönes Foto. Brigitte Mira wird ein wichtiger Mensch der deutschen Kultur bleiben.