Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    26.11.2007

    Rede zur Vorstellung des Gutachtens Gratis Tageszeitungen


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Wer kennt den Satz nicht: „Es gibt keine Freiheit ohne Pressefreiheit“. Soweit so richtig. Allerdings würde ich diesen Satz immer erweitern wollen. Keine Freiheit ohne Pressefreiheit und ohne Pressevielfalt, sollte es vollständig heißen.

    Denn mit Meinungsmonopolen ist in einer Demokratie niemanden geholfen. In Deutschland haben wir einen funktionierenden Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt, der insbesondere durch das Presse-Grosso viel bunter und vielfältiger ist, als in vielen anderen Ländern. Aus diesem Grund sehe ich es als Kulturpolitikerin auch als meine Aufgabe an, mich für möglichst positive Rahmenbedingungen einzusetzen. Das Grosso-System ist in meinen Augen dafür eine der wichtigsten Grundlagen.

    Ich freue mich, dass dieser politische Einsatz wahrgenommen wird und möchte gleichzeitig der Stiftung Presse-Grosso und insbesondere Ihnen Herr Wülfrath für ihr Engagement danken.

    Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es wichtig ist, auch die kulturelle Bedeutung des Grosso immer wieder deutlich zu machen. Dies ist umso wichtiger, wo die Grossisten und damit auch deren Bedeutung für Käuferinnen und Käufer von Printprodukten im Hintergrund bleiben.

    Unter dem Aspekt der Vielfalt erscheinen Gratiszeitungen, mit denen sich Professor Haller in seinem hier vorgestellten Gutachten beschäftigt hat, auf den ersten Blick als positives Phänomen. Allerdings eben nur auf den ersten Blick.

    Sie wären dann positiv im Sinne der Vielfalt, so lange sie keine anderen Publikationen ersetzen oder Qualitätszeitungen verdrängen würden. Sie dürften darüber hinaus keinen Leserrückgang bei anderen Zeitungen auslösen. Ich kann mich noch gut an den Streit in Berlin erinnern, bei der die Gratiszeitung „15 Uhr aktuell“ argumentierte, dass fast alle ihrer Leserinnen und Leser die Gratiszeitung nur neben einer weiteren regulären Zeitung lesen würden. Es wäre gut, wenn dies so wäre.

    Ich bin da allerdings skeptisch. In meinem Wahlkreis im ländlichen Umkreis von Hamburg merke ich den Effekt bei den Anzeigenblättern. Diese kommen gratis nach Hause und bewegen viele Menschen dazu, ihre eigene Zeitung abzubestellen. Natürlich hat das auch etwas mit der Qualität der jeweiligen Lokalzeitung beziehungsweise der kostenlosen Zeitung zu tun.

    Aber ich glaube auch, dass wir die Aufgabe haben, hochwertigen Journalismus zu befördern, indem wir insbesondere sicherstellen, dass kleinere Qualitätszeitungen und Fachblätter eine Chance haben, wahrgenommen zu werden. Mit dem System der Grossisten schaffen wir dies. Genau deswegen kann jede Frau und jeder Mann, egal ob auf dem Land oder in der Stadt immer aus einem vielfältigen Pressesortiment wählen.

    Leider muss ich einschränken, dass dieses System des Pressegrossos keineswegs sicher ist. Mit dieser Beobachtung sage ich Ihnen sicherlich nichts Neues. Für größere Verlage erscheint es attraktiv, den Einzelverkauf durch das Grosso zu umgehen, um an einzelnen Standorten mit einem sehr begrenzten Sortiment den Absatz von eigenen Produkten zu steigern.

    Ich kann nur vor so einer Entwicklung warnen. Dies wäre ein Rückschritt, der mit der Einschränkung von Vielfalt der Presselandschaft alles andere als gut tun würde. In so einem Fall würde ich es als eine klar politische Aufgabe sehen, die Sicherung der Pressevielfalt über das erfolgreiche System des Pressegrossos zu gewährleisten.

    Aus diesem Grund wurde bei der letzten Diskussion im Plenum des Bundestages zu diesem Thema auch von allen Parteien die nach wie vor gültige Erklärung begrüßt, in der die Verlage zusammen mit dem Verband der Grossisten bekräftigen, dass sich dieses System, so wie es ist, bewährt hat und auch in Zukunft so bleiben soll.

    Ich denke, der heutige Welttag der Zeitschriften und das hier vorgestellte Gutachten bieten besonders passenden Anlass, sich den Wert und den Erfolg des Pressemarktes in Deutschland in Erinnerung zu rufen.

    Ich freue mich auf die Lektüre des Gutachtens und wünsche Ihnen neben mir noch viele weitere Leserinnen und Leser.

    Vielen Dank