Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

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    05.03.2009

    Medien- und Kommunikationsbericht liegt vor

    Bericht macht medienpolitische Anforderungen deutlich


    Anlässlich der heutigen 1. Lesung des Medien- und Kommunikationsberichtes im Deutschen Bundestag erklären die Sprecherin der Arbeitsgruppe für Kultur und Medien, Monika Griefahn, MdB, und der medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Jörg Tauss, MdB:

    Wir begrüßen, dass die Bundesregierung – wenn auch mit erheblicher Verzögerung – den dringend notwendigen Medien- und Kommunikationsbericht vorgelegt hat. Darin wird deutlich, dass Vielfalt und Qualität in den Medien und im Journalismus Grundlagen einer aufgeklärten, offenen, pluralen und vielfältigen demokratischen Gesellschaft sind.

    Die zentrale Aussage des Berichtes lautet, dass wir zwar über ein qualitativ sehr hohes und vielfältiges Mediensystem – vom Rundfunk, über die Presse und über die Neuen Medien bis hin zum Film – verfügen. Es bedarf in Zukunft aber auch der verfassungsrechtlich gebotenen Vielfaltssicherung und darüber hinaus erheblichen Anstrengungen zur Sicherung der Qualität der Medien und des Journalismus, zur Sicherstellung seiner Unabhängigkeit und damit auch der Medien- und Pressefreiheit. Aktuelle Ereignisse wie das offene Infrage stellen der Unabhängigkeit beim ZDF durch die Union, unterstreichen nur, wie wichtig dies ist.

    Mit Blick auf den Rundfunk und vor allem auch auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bleibt mit dem Medienbericht festzustellen: Die ausschließliche Kompetenz für den Rundfunk liegt bei den Mitgliedstaaten. Die Besonderheit des Rundfunks als Kultur- und Wirtschaftsgut muss berücksichtigt werden. Es kann also nicht Aufgabe der EU-Kommission sein, in den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter rein wettbewerbsrechtlichen Aspekten eingreifen zu wollen.

    Der mit der EU-Kommission ausgehandelte Beihilfekompromiss zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wurde mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag umgesetzt, der aktuell zur Beschlussfassung in den Länderparlamenten ansteht. Es sollte zunächst abgewartet werden, wie sich die Umsetzung insbesondere des Drei-Stufen-Tests zur Prüfung neuer Angebote in der Praxis bewährt. Es wäre wirklich schlechter Stil, wenn privaten Anbieter nun erneut über den Umweg Brüssel versuchen, nationales Medienrecht zu umgehen. Vor diesem Hintergrund hält die SPD-Bundestagsfraktion ebenso wie die Bundesregierung eine grundsätzliche Überarbeitung der Rundfunkmitteilung der EU-Kommission aus dem Jahr 2001 nicht für notwendig. Der vorliegende Vorschlag der EU-Kommission lässt vermuten, dass auf diesem Weg erneut die Frage der staatlichen Finanzierung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks unter dem Deckmantel des Beihilferechts der EU gestellt werden soll. Das lehnen wir in aller Deutlichkeit ab.

    Die Sicherung von Vielfalt und Qualität spielt neben den elektronischen Medien auch in der Presse eine wichtige Rolle. Dieser Tagen wird seitens eines Verlages das vielfaltssichernde System des Pressegrosso in Frage gestellt. Das Presse-Grosso steht für die SPD-Bundestagsfraktion nicht zur Disposition und muss als zentraler Bestandteil des Pressesystems zur Sicherstellung der Pressefreiheit und -vielfalt in Deutschland erhalten bleiben. Notfalls werden wir das per Gesetz sicherstellen müssen.

    Vielfalt und Qualität in den Medien und im Journalismus setzt vor allem eines voraus: Unabhängigkeit. Einerseits in wirtschaftlicher Hinsicht, aber auch in politischer Hinsicht. In wirtschaftlicher Hinsicht stehen vor allem die Presseunternehmen vor entscheidenden Herausforderungen. Hier sollten die Verlage Sorge dafür tragen, dass nicht – wie in Nordrhein-Westfalen – das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird oder wie beim Pressegrosso von einzelnen Verlagen die vielfaltssichernde Struktur aufgrund kurzfristiger Überlegungen in Frage gestellt wird. Das gilt aber auch in politischer Hinsicht – und was Herrn Koch und die anderen Gremienmitglieder der Union hier derzeit beim ZDF veranstalten, ist für unsere deutsche Medienordnung zutiefst beschämend. Eine so verstandene ausschließlich parteipolitisch ausgerichtete Medienpolitik legt die Axt an die Grundlagen dieses Systems und an die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt. Wenn sich diese Art der Politik durchsetzt, haben wir die Verpflichtung, die Gremienbesetzung zukünftig neu und besser auszutarieren.

    Auf der eines umfassenden wissenschaftlichen Gutachtens über die langfristigen Trends der Medienentwicklung zwischen 1998 und 2007, welches vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg erstellt wurde, gibt der Medien- und Kommunikationsbericht einen sehr umfassenden Überblick über die Lage der Medien in Deutschland und über die gravierenden Veränderungen der Medien- und Kommunikationslandschaft in den vergangenen Jahren. Zugleich zeigt der Bericht den sich daraus ergebenden politischen Handlungsbedarf auf und verdeutlicht die Notwendigkeit einer sektorübergreifenden Medien- und Kommunikationspolitik.