Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    14.05.2009

    Plenumsrede „Wettbewerb stärken, Werbung entbürokratisieren“


    ++ es gilt das gesprochene Wort ++

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    ich sage es gleich vorweg: Ich habe mich zunächst schon gefragt, was dieser Antrag mit der Sicherung der Presse- und Medienvielfalt zu tun hat. Doch beim Lesen des Antrages hat es sich mir schnell offenbart: die Sicherung der Presse- und Medienvielfalt ist im Grunde nur ein vorgeschobener Vorwand für die eigentliche Absicht des Antrages, einseitig die Werbewirtschaft zu unterstützen.

    Das wiederum ist im Grunde nicht verwerflich, etwas plump finde ich nur die Verschleierung der eigentlichen Absichten. Doch das, wie gesagt, nur vorweg, kommen wir zur inhaltlichen Diskussion des Antrages, die ja ihre Fortsetzung noch in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages finden wird.

    Lassen Sie mich zum Inhaltlichen kommen. Richtig ist die Feststellung des Antrages, dass in der Werbewirtschaft sinkende Umsätze festzustellen sind. Das ist angesichts der Bedeutung der Werbung für die Finanzierung vieler Presse- und Medienangebote durchaus eine bedenkenswerte Entwicklung, da insbesondere viele Presseerzeugnisse auf den Erlösen aus Werbung angewiesen sind. Die Finanz- und Wirtschaftskrise wird diesen Druck, den zunächst die Unternehmen durch Kürzungen ihrer Werbebudgets auffangen, den aber die Presse- und Medienlandschaft durch ganz konkrete Einsparungen ausgleichen muss, noch deutlich verstärken.

    Richtig ist auch, dass die Bereitstellung von Medienangeboten im Online-Bereich mit erheblichen Kosten verbunden ist, wenn es qualitativ gut sein soll, gleichzeitig aber relativ wenig Einnahmen über die klassischen Werbeformen im Online-Bereich zu erzielen sind.

    Doch leider zieht die FDP in ihrem Antrag aus diesen grundsätzlich richtigen Feststellungen die falschen Schlüsse. Denn indem die FDP im Namen der Werbewirtschaft mit dem Finger auf Andere, wie beispielsweise den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, zeigt, werden diese Probleme nicht gelöst. Auch indem man die aus Gründen des Jugend- und Verbraucherschutzes verankerten Bestimmungen im Rundfunkstaatsvertrag oder auch der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, früher EU-Fernsehrichtline genannt, als bürokratisch und beschränkend bezeichnet, löst man diese Probleme nicht.

    Und ganz besonders verbietet sich der Vergleich der Probleme der Medien- und Werbewirtschaft mit den notwendigen Maßnahmen zur Stabilisierung der Konjunktur und dem Erhalt unseres Bankensystems vor dem Hintergrund der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise.

    Insofern steht die SPD-Bundestagsfraktion den Forderungen des Antrages kritisch gegenüber. Beispielsweise haben wir es aus deutscher Sicht gerade als Erfolg gesehen, dass sich Deutschland im Rahmen seiner EU-Ratspräsidentschaft bei der Überarbeitung der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste mit der Forderung durchsetzen konnte, bei Produktplatzierungen die Transparenz zu verbessern, um redaktionelle Freiheit und Unabhängigkeit zu sichern und auch in Zukunft die Zuschauer vor Irreführungen zu schützen. Auch das erreichte, klar gefasste generelle Verbot von Themenplatzierungen haben wir ausdrücklich begrüßt, ebenso wie die unternommenen Schritte hin zu einem europaweit einheitlichen Niveau des Jugendmedienschutzes. Denn ganz zentral geht es um die Frage, wie wir insbesondere in Medien für Kinder und Jugendliche unangemessene Werbung verhindern. Insofern ist die Forderung der FDP ausdrücklich abzulehnen, in der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste sämtliche Beschränkungen der Werbemöglichkeiten aufzuheben.

    Auch die auf europäischer Ebene umgesetzten einheitlichen und verbesserten Regelungen im Bereich der Alkohol- und Tabakwerbung begrüßen wir. Die gerade gestern vorgestellte, von der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) in Auftrag gegebene Studie zeigt, wie sehr die Werbung den Konsum von Alkohol gerade bei Jugendlichen beeinflusst. Insofern halte ich den von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Frau Sabine Bätzing, unterbreiteten Vorschlag für mehr Selbstkontrolle der Werbung für Alkohol für richtig und überlegenswert.

    Das sollte auch der Ansatz für eine konstruktive Diskussion über die in diesem Antrag beschriebenen Probleme der Werbewirtschaft sein. Denn hier muss meines Erachtens auch ein Umdenken stattfinden. Es sind möglicherweise nicht mehr die klassischen Werbeformate und –inhalte, die erfolgreich sind. Deshalb nützt es nichts, die Welt drumherum ändern zu wollen. Vielmehr muss sich die Werbewirtschaft an die sich verändernde Welt anpassen, was sie ja bereits auch tut. Dazu gehört beispielsweise, dass die im Online-Bereich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten immer stärker in neuer Form genutzt werden. Dadurch werden neue Formen der Vermarktung, der Vernetzung und des Zur-Verfügung-Stellens von Informationsangeboten neue Einnahmemöglichkeiten auch im Werbebereich erschlossen.

    Und dazu gehört eben auch, dass die Selbstkontrollmechanismen der Werbung, die es ja unter anderem in Form des Deutschen Werberates bereits gibt, greifen und transparent sind. So wird auch ein für die Werbung sehr wichtiges Gut – Vertrauen – erhöht.

    Und lassen Sie mich noch einen wichtigen Punkt zum Schluss sagen, weswegen der Antrag aus meiner Sicht ebenfalls nicht hilfreich bei der Debatte dieser Fragen ist. Denn die FDP mischt andere Aspekte in die Debatte mit ein, die ihr zwar aus anderen Gründen ebenfalls wichtig erscheinen, die aber mit der Frage nach der Zukunft der Werbewirtschaft, und darum geht es ja im Grunde, nur wenig zu tun haben. Ich meine die Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Überarbeitung der Rundfunkänderungsstaatsverträge. Die Forderung der FDP – die wir ja aus anderen Diskussionen zur Genüge kennen - die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu vereinheitlichen, zu externalisieren und zu professionalisieren sowie „zu prüfen, ob dieses Ziel mit der Übertragung der Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an die Landesmedienanstalten erreicht werden kann“ hat nun wirklich nichts mit der Werbewirtschaft zu tun.

    Insofern kann ich ganz zum Schluss und zwar in einer doppelten Bedeutung ganz „im Sinne der Werbewirtschaft“ zu dem Antrag der FDP nur sagen: „Gut gemeint, aber schlecht gemacht!“

    Vielen Dank