Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    26.07.2007

    Für HipHop aber gegen Gewalt


    „Frau Griefahn, warum wollen Sie eigentlich HipHop- Musik verbieten?“. Fast immer, wenn ich mit Schulklassen diskutiere, wartet diese Frage auf mich. Mein Anliegen ist es aber gar nicht, HipHop zu verbieten. Im Gegenteil: Ich freue mich über den Erfolg des HipHop in Deutschland und persönlich ganz besonders über Bands wie die Fantastischen Vier, Fettes Brot oder Absolute Beginner.

    Ich habe allerdings etwas dagegen, wenn pornografische, Gewalt verherrlichende, frauenfeindliche und rassistische Texte erstens unwidersprochen hingenommen und zweitens Kindern und Jugendlichen ständig zugemutet werden. Dass nicht alle mit diesen Texten umgehen können, stützen auch wissenschaftliche Untersuchungen wie die von Olaf Kessler. Er zeigte, dass Kinder und Jugendliche, die nicht in einem sicheren sozialen Umfeld und in einer intakten Familie aufwachsen, ein viel höheres Aggressionspotential haben, wenn sie 15-mal am Tag Textzeilen wie „Ich fick dich in die Urinblase“ hören. Solche Inhalte gehören nicht ins Tagesprogramm der Sender.

    Meine Bitte an die Landesmedienanstalten und Musiksender, noch besser ihre Sendelisten daraufhin zu überprüfen, stieß erfreulicherweise auf große Bereitschaft. MTV/VIVA kündigte mir gegenüber beispielsweise an, ein internes „Jugendschutz-Gremium“ bilden zu wollen, das die Videos bewerte. Ich habe nichts dagegen, wenn Songs erst ab einer Zeit in den Medien gespielt werden, zu der sie keine Kinder und Jugendlichen mehr gefährden können. Damit kann eine demokratische Gesellschaft umgehen - nicht aber mit der Ignoranz und dem Wegschauen bei Sexismus, Schwulen-, Fremdenfeindlichkeit und Gewaltverherrlichung.

    Rapper Sido sagt, er würde seinen Sohn nie seinen so genannten „Arschficksong“ hören lassen und bestreitet gleichzeitig öffentlich, dass seine Texte Jugendliche in ihrer Entwicklung stören könnten. In Gesprächen mit jugendlichen Straftätern haben Sozialpädagogen wie Werner Meyer-Deters jedoch genau das festgestellt. Elf- bis 15-Jährigen fällt die Unterscheidung zwischen Realität und Song schwer. Ein Resultat ist die sexuelle Verrohung von Kindern und Jugendlichen.

    Ich würde mir wünschen, dass sich Künstler und Labels nicht nur gegenüber ihren eigenen Kindern, sondern auch gegenüber ihren Fans verantwortlich fühlen. Zum Glück regt sich inzwischen auch in der HipHop- Szene selbst Widerstand gegen jene scheinheiligen Provokateure, die ihre Texte benutzen, um die Vermarktung ihrer Alben zu steigern.