Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

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    23.03.2006

    Bedrückende Handlung – stilles Entsetzen

    Jochen Missfeldt liest aus seinem Roman „Steilküste“


    Auf Einladung der SPD-Bundestagsabgeordneten Monika Griefahn und der Zivildienstschule Buchholz las Jochen Missfeldt aus seinem Roman „Steilküste“ – Aktion im Rahmen von „Gesicht zeigen!“

    Es war mucksmäuschenstill in der Aula der Zivildienstschule in Buchholz, als Jochen Missfeldt aus seinem Roman „Steilküste“ las. Stilles Entsetzen war das – die Reaktion auf die Handlung des Romans, in dem zwei deutsche Mariensoldaten noch nach der bedingungslosen Kapitulation im Mai 1945 wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt wurden. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn und Wolfgang Pfister, Leiter der Zivildienstschule, hatten anlässlich der derzeitigen Woche des Rassismus unter dem Motto „Gesicht zeigen!“ zu dieser Lesung eingeladen. Griefahn hatte den Aktionskreis „Gesicht zeigen! im Landkreis Harburg“ 2001 ins Leben gerufen.

    Er sei besonders gern gekommen, als er von dem Motto erfahren habe, sagte Jochen Missfeldt einleitend. „Denn zu Kriegsende haben viele das falsche Gesicht gezeigt, oder gar keines, jedenfalls nicht das der Zivilcourage.“

    Die SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn übergab Jochen Missfeldt ein kleines Präsent als Dank für sein Kommen.

    Missfeldt hatte Textstellen gewählt, die den Hergang der Geschehnisse exemplarisch darstellten und Einblick in die Charaktere der Handelnden lieferten. Einer Beschreibung der Geltinger Bucht, dem Handlungsort, folgte eine Charakterstudie des Kommandeurs, der später das Kriegsgericht veranlasst. Einblicke gab es auf eindringliche Weise auch in die letzten Gedanken der beiden Soldaten, die am 10. Mai 1945 – Himmelfahrt – hingerichtet werden: Der Autor hatte einen Abschiedsbrief an die Verlobte eines der beiden im original Wortlaut in den Roman eingearbeitet.

    Um die wahre Begebenheit für seinen Roman aufzuarbeiten, habe er die Prozessakten zu diesem Kriegsgerichts-Urteil studiert und mit Zeitzeugen gesprochen, erzählt Missfeldt später. Dass der Gerichtsherr, der 1945 das Todesurteil unterschrieb, in den 50er Jahren frei gesprochen wurde, weil man ihm keine Beugung des seinerzeit geltenden Rechts nachweisen konnte, und dass dieser Gerichtsherr seine Urteilsbestätigung von 1945 mit seinem Glauben an Gott in Einklang bringen konnte, erzürnte einige der rund 40 Zuhörer sehr.

    Die Zuhörer schlugen den Bogen von den damaligen Richtern und Rechtsprechenden in die heutige Zeit, in der Neonazi-Aufmärsche immer wieder zugelassen werden. Richter heute wurden jedoch in Schutz genommen: Ihre Rolle sei es, im Rahmen der geltenden Gesetze zu urteilen, auf die rechte Szene aber müsse gesellschaftlich reagiert werden, meinte beispielsweise Holger Kliem, Leiter der Polizei in Buchholz. Und Monika Griefahn ergänzte: „Wir müssen unser gesellschaftliches Umfeld so gestalten, dass die Rechten keine Chance haben. Dazu gehören Veranstaltungen wie die heute. Das tut sich nicht von selbst, Demokratie ist anstrengend.“