Monika Griefahn, Mitglied des Deutschen Bundestages a. D.

Archiv

Auf dieser Internetseite finden Sie Informationen über meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete (1998 bis Oktober 2009)

Archives

On this website you find information about my work as member of parliament (1998 - Oct. 2009)

Curriculum Vitae english Curriculum Vitae français Curriculum Vitae spanish Curriculum Vitae russian Curriculum Vitae chinese

    19.08.2009

    Musik als Köder

    Monika Griefahn diskutiert mit Winsener Jusos über Rechtsextremismus


    Im Winsener „Einstein“ informierten (v.l.) Jonathan Schorling, Regina Karsch und Monika Griefahn über Strategien der rechtsextremistischen Szene.

    Um mehr darüber zu erfahren, wie Rechtsextremisten Nachwuchs rekrutieren, haben die Winsener Jusos am 19. August zu einer Informationsveranstaltung zu „Rechtsextremismus heute – Wie wollen die Rechten junge Menschen ködern?“ eingeladen. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn berichtete über Strategien, die stellvertretende Juso-Landesvorsitzende Regina Karsch hatte anschauliche Beispiele mitgebracht – und nach beiden Referaten war klar: Musik ist der entscheidende Lockstoff in die rechte Szene.

    „Musik sorgt für beides, Abgrenzung und Zusammenhalt“, beschrieb Regina Karsch die Funktion von Liedern – Abgrenzung zu anderen, Zusammenhalt innerhalb der Szene. Sie führte aus, dass die Stilrichtungen vielfältig seien. Bis hin zu Techno – der bei den Rechten „Elektromusik“ heißt - ist alles dabei. Die Branche rechtsextremer Musik habe sich inzwischen auch zu einem Wirtschaftsfaktor entwickelt. Nach Schätzungen seien derzeit 1,5 Millionen CDs auf dem Markt.

    Dass Aufklärung über die Szene Not tut und dass es wichtig ist, in der Öffentlichkeit Namen und Akteure bekannt zu machen, zeigte ein Mitschnitt aus einer Radiosendung. Denn eine rechtsextremistische Band hatte es geschafft, in einem Programm für Nachwuchsmusiker ihren Song zu präsentieren. Nicht nur das: Der nichtsahnende Moderator ließ zu, dass die Gruppe auch noch befreundete Bands und Musiker grüßte.

    Monika Griefahn widmete sich am Ende ihrer Ausführungen insbesondere der Frage, was Bürger unabhängig von staatlichen Maßnahmen wie Indizierung von Tonträgern oder Liedgut tun können, um Rechtsextremismus zu ächten. Sie empfahl gemeinsames Einmischen. „Wir brauchen eine Kultur der Ächtung“, sagte sie und forderte die Zuhörer auf, möglichen rechtsextremistischen Äußerungen zu widersprechen, sollte man sie hören. Sie betonte insbesondere die breite gesellschaftliche Basis, auf der so eine Kultur der Ächtung entstehen müsse – allein schon wegen der massiven Gewaltandrohungen, die aus der rechten Szene häufig kämen. Die rechtsextremistische Kameradschaft „Snevern Jungs“ immerhin sei nicht mehr zum Heideblütenfest-Volkslauf in Schneverdingen angetreten, nachdem sich dort ein Bündnis „Bunt statt braun“ gegründet hat.

    Aus ihrer eigenen Erfahrung in einem anderen Bereich weiß sie, dass es oft mit reichlich Gegenwind verbunden ist, wenn man Kritik artikuliert. Als sie selbst die Frauenfeindlichkeit und Gewaltverherrlichung in einigen HipHop-Texten geißelte, bekam sie den Zorn der Kritisierten zu spüren – mit Drohungen und öffentlichem In-den-Schmutz-Ziehen. Sie sagte dennoch „Da wie dort brauchen wir eine öffentliche Debatte und einen geraden Rücken.“

    Zu Gast in der Runde der Referenten war auch Jonathan Schorling, Juso aus dem Landkreis Soltau-Fallingbostel. Er informierte über die Szene in Niedersachsen. Sie sei ein recht heterogener Verbund von Kameradschaften und Parteien. Besonders wies er auf die Abkommen hin, die die formell unorganisierten Kameradschaften mit den Parteien hätten. So hätten bei der Landtagswahl in Niedersachsen Mitglieder der Kameradschaften beispielsweise auf der Landesliste der NPD kandidiert. Da diese Zusammenarbeit nicht von allen gutgeheißen würde, hätten sich die sogenannten Autonomen Nationalisten abgespalten – eine Gruppierung innerhalb der rechten Szene, die besonders radikal sei und sich in Parolen und Lifestyle der Symbolik der linken Szene bediene. Auf den ersten Blick seien dann rechte und linke schwarze Blöcke auf Demonstrationen nicht zu unterscheiden.

    Tenor der Veranstaltung: Das war ein Abend mit nicht so leichter Kost und einem guten Antrieb, weiter über Rechtsextremismus aufzuklären.