Nach zahlreichen Gesprächen mit Mülheimerinnen und Mülheimern ist für mich deutlich geworden: Der Zustand der Innenstadt wird häufig als größte Baustelle der Stadt angesehen.
Am 29. Juli habe ich erneut eingeladen und um das Thema „Die Zukunft der Innenstadt“ zu diskutieren und Vorschläge einzubringen, sind gleich vier Menschen mit einschlägiger Expertise meiner Einladung gefolgt.
Meine Vision ist leicht formuliert: Ich strebe nach dem „Erlebnis Innenstadt“. Das Konzept einer Stadtentwicklungsgesellschaft kann hier sehr wirkmächtig sein. Durch das gezielte Erwerben problematischer Immobilen kann sie ermöglichen, mehr gestalterische Kontrolle durch die Stadt zu gewährleisten und so einer Abwärtsspirale entgegen zu wirken. Wir brauchen eine bessere soziale Durchmischung. Viertel nur für Vermögende müssen genauso vermieden werden wie die Entstehung sozialer Brennpunkte.
Um als das schlagende Herz Mülheims durch die Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen zu werden, muss die Innenstadt sowohl einladend und ansprechend als auch über sämtliche Arten von Mobilität bequem erreichbar sein. Beispielsweise durch gut angebundene Fahrradwege und auch durchdachte Unterbringungsmöglichkeiten für Fahrräder. Aber auch das Auto braucht wieder einen vernünftigen Zugang zur Innenstadt und keinen Einbahnstraßendschungel.
Wenn wir das Leben in unsere Innenstadt holen wollen, dann brauchen wir Gastronomie, Events, Kunst und Kultur. Die Mülheimer Innenstadt soll wieder ein Ort werden um zu sehen, um gesehen zu werden und um sich gut unterhalten zu lassen. Dafür müssen wir weg von einer reinen Orientierung auf den Einzelhandel.
Michael Zühlke ist Geschäftsführer der Hans-Böckler-Platz Betriebsgesellschaft. Es waren mitunter seine Impulse, die die Wohnsiedlung um die Hochhäuser hinter dem Hauptbahnhof immens aufgewertet haben. Da der Erfolg ihm eindeutig recht gibt, ist es durchaus lohnenswert, seine Ideen zu weiteren Teilen der Innenstadt anzuhören.
Multi-Channel-Spezialistin Julia Schiminski ermuntert, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Es geht um mehr als flächendeckendes WiFi. Einzelhandelsunternehmen haben heute große Konkurrenz durch Online-Anbieter. Deren Vorteil besteht in der Übersichtlichkeit des Sortiments. Doch auch ortsansässige Unternehmen könnten sich im wahrsten Sinne des Wortes vernetzen und ihre Waren auf einer Gemeinschafts-Homepage feilbieten. Hier hätten Kundinnen und Kunden ähnlichen Komfort wie bei Amazon, würden aber auch den lokalen Handel unterstützen.
Jörg Gedig (Jörnsen Popörnsen), Geschäftsführer des Ladenlokals 4330 Mülheim, brachte die Idee so genannter Pop-Up Stores mit ein. Leerstände in Einkaufsmeilen nutzen niemanden; man könnte diese mietfrei an Start-Ups vergeben, die erst ausprobieren wollen, ob ihre Ideen ankommen, bevor sie sich finanziell verpflichten. Dies schafft Anreize und ermutigt Entrepreneurs, Mülheim als Standort zu wählen.
Bernd Hermes vertrat in der Runde die Werbegemeinschaft Innenstadt. Unter anderem riet er von der Idee autofreier Innenstädte ab. Praxisbeispiele zeigen, dass eine schlechte Anbindung mit dem PKW Innenstädten schadet. Es benötigt stattdessen einen guten Mix aus öffentlichen Verkehrsmitteln, Radwegen und auch klassischen Straßen. Außerdem braucht es Mut, neue Dinge auszuprobieren: „Warum nicht die Leineweberstraße für Verkehr in beide Richtungen freigeben? Wenn es nicht gut funktioniert, lässt es sich ja wieder ändern.“
Der abschließende Wunsch Michael Zühlkes formulierte den Anspruch, den ich an mich stellen möchte, wenn ich Mülheims Oberbürgermeisterin werden sollte, wohl am besten: Auf dem Kurt-Schumacher-Platz steht eine Säule, die die Geschichte der Stadt Mülheim illustriert. Es liegen weitere Blöcke für eine zweite Säule bereit. Es wäre wünschenswert, wenn wir es in fünf Jahren schaffen, die heute angesprochenen Konzepte umzusetzen, die Geschichte Mülheims auf diese Weise fortsetzen, so dass ein weiterer Block graviert werden kann.
Der gesamte Livestream wurde aufgezeichnet und steht in Kürze auf www.monika-griefahn.de zur Verfügung.
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