Monika Griefahn 2015 bei der Verleihung des Deutschen Computerspielpreises.
Foto (Archiv): Franziska Krug/Getty Images for Quinke Networks
Das war eine wirklich erfreuliche Pressemitteilung, die der Deutsche Kulturrat noch vor der Bundestagswahl herausgegeben hat: „Die Bundeskanzlerin und die Generalsekretäre von CDU, SPD, Grüne, Linke und FDP sehen Computerspiele als Kulturgut“, hieß es da. Diese Nachricht ist insofern eine Meldung wert, als es lange nicht selbstverständlich war. Gegen das Bestreben, den Kulturbegriff auf Computerspiele auszuweiten, gab es vor zehn bis 15 Jahren deutliche Widerstände.
Im Bundestag habe ich mich gemeinsam mit anderen Abgeordneten dafür eingesetzt, die Augen dafür zu öffnen, dass es jenseits der sogenannten „Ballerspiele“ jede Menge anderer, wertvoller Games gibt. Das fand seinerzeit lange nicht so einhellig Zustimmung. Dabei ist der Markt mit Lernspielen, mit Strategie- und Geschicklichkeitsspielen riesig. Im Prinzip ist jeder Zeitvertreib auf dem Handy ein kleines Computerspiel – und da käme wohl niemand darauf, dass das schädlich sein könnte. Nun hat auch die Bundeskanzlerin auf der Gamescom gesagt, was viele von uns schon vor zehn Jahren erkannt haben: Die Spiele fördern Fähigkeiten wie Schnelligkeit und logisches Denken. Mehr noch: Sie sagte Computerspiele „sind Kulturgut“ und „als Innovationsmotor und Wirtschaftsfaktor von allergrößter Bedeutung.“ In Deutschland gebe es 500 Unternehmen in der Gamesbranche mit rund 29.000 Beschäftigten, und sie hätten im ersten Halbjahr 2017 mehr als eine Milliarde Umsatz erzielt.
Vor zehn Jahren haben wir noch Kämpfe ausgestanden, um eine solche Sichtweise zu etablieren. In der Gesellschaft wurde fast ausschließlich der Einfluss von Gewaltspielen auf reale Gewalttaten diskutiert, die positiven Seiten der Branche fanden nicht statt. Olaf Zimmermann als Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates zog damals die öffentliche Empörung auf sich, als er schrieb: „Bei der Debatte um Gewalt in Computerspielen darf aber nicht über das Ziel hinausgeschossen werden. Erwachsene müssen das Recht haben, sich im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen auch Geschmacklosigkeiten und Schund anzusehen, beziehungsweise entsprechende Spiele zu spielen. Die Meinungsfreiheit und die Kunstfreiheit gehören zu den im Grundgesetz verankerten Grundrechten. Die Kunstfreiheit ist nicht an die Qualität des Werkes gebunden. Kunstfreiheit gilt auch für Computerspiele.“ Damit nahm er die Entwickler nicht nur in Schutz, er stellte sie auch auf eine Ebene mit Künstlern. Wer virtuelle Welten erschaffen kann, wer eine solche Fantasie hat und diese umsetzt in ein funktionierendes Spiel, was ist er anderes als ein Künstler?
Wir Abgeordnete haben versucht, die Debatte um die Spiele zu verändern – den Blick zu öffnen für all die guten Seiten der Gamesbranche. Ein wichtiger Schritt war dabei die Schaffung des Deutschen Computerspielpreises, den wir gemeinsam mit der Wirtschaft ins Leben gerufen haben. Bis heute findet der Bund der Steuerzahler, dass das, was der Bund an Fördermitteln dazu gibt, rausgeschmissenes Geld ist. Er sollte sich fragen, wo die Branche in Deutschland mit ihrem Milliardenumsatz heute wäre, würden wir immer noch die Debatte von vor zehn Jahren führen. Daneben hat der Preis geholfen, die Stiftung Digitale Spielekultur zu etablieren, die ich mit aufgebaut und dessen Beirat ich mehrere Jahre geleitet habe.
So bin ich also froh, dass die Aussage, Computerspiele seien Kulturgut, heute quer durch die Fraktionen Bestätigung erfährt. Es zeigt sich einmal mehr, dass sich beharrliches Engagement lohnt und Veränderungen einen langen Atem brauchen.
Schreiben Sie einen Kommentar