Seit 2012 unterrichte ich an der Technischen Universität Hamburg-Harburg das Wahlpflichtfach „Umweltpolitik und Nachhaltigkeit“, und von Beginn an gehört zu meinem Konzept, Experten aus der Praxis in die Uni zu holen. So waren schon Abgeordnete aus dem Land- und Bundestag und aus dem Europäischen Parlament zu Gast, um aus ihrer Arbeit zu berichten. Wir haben außerdem mit Unternehmensvertretern und Vertreter von NGOs diskutiert. Jetzt war Achim Lohrie im Seminar. Er ist „Direktor Unternehmensverantwortung“ bei Tchibo und erzählte, wie das Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit in seine Geschäftsstrategie verankert.
Nachhaltigkeit müsse in allen Unternehmensbereichen mitgedacht werden und in die Budgetplanung einfließen, stellte Lohrie klar. Auch im Bonussystem für die Mitarbeiter werde berücksichtigt, wie gut die Nachhaltigkeitsziele erreicht würden.
Tchibo setzt mehr auf Kooperation denn auf Kontrolle. Es würden Partner mit ins Boot geholt, die über spezifisches Know-how verfügten, zum Beispiel Zertifizierungsorganisationen. Kooperativ werde auch auf die Kaffee- und Baumwollbauern zugegangen. In Produktionsbetrieben erarbeite man mit Dialogtrainern und den Instrumenten des Brainstormings, mit Rollenspielen und ähnlichen Maßnahmen gemeinsame Ziele, die eine nachhaltige Produktion und Arbeit garantieren sollen. Es sei ein langer Prozess, zwei bis fünf Jahre dauere es manchmal, bis die Betriebe so arbeiteten, wie Tchibo es für sich beanspruche. Gleichzeitig führe das zu besseren Arbeitsbedingungen in den Betrieben und Wissen und Bildung auch für die Kinder.
Lohrie betonte jedoch auch die ökonomische Nachhaltigkeit. Es sei niemandem geholfen, wenn „wir am Endverbraucher vorbei optimieren“, meinte er. Einzelportionierung bei Kaffee zum Beispiel sei der Trend im Markt, dem könne sich Tchibo nicht verschließen, auch wenn die Kapseln Müll verursachten. Darum forsche man an Kapseln aus nachwachsenden Rohstoffen oder an Maschinen, die den Kapselmechanismus integriert hätten.
Ich hoffe, dass Besuche wie der von Achim Lohrie – aber genauso die Diskussionen mit Politikern und NGOs – den Studierenden in meinem Seminar helfen, die breite Palette gesellschaftlicher Akteure kennenzulernen. Die jungen Leute an der TUHH stecken allesamt in technischen Studiengängen. Aber technische Entwicklungen gesellschaftsfähig zu machen, dazu gehört auch, die Akteure der Gesellschaft zu kennen und zu verstehen. Das versuche ich rüberzubringen.
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