Von Monika Griefahn, Vorsitzende des „Alternativen Nobelpreises“
Zunächst war es eine Hiobsbotschaft, dann machten wir das Beste daraus – und vielleicht ist es jetzt sogar besser als vorher: Der Right Livelihood Award („Alternativer Nobelpreis“) durfte 2016 nicht mehr im schwedischen Reichstag verliehen werden, wo er seit 1985 alljährlich verliehen worden ist. In diesem Jahr also waren wir gezwungen, für die Zeremonie ein Umfeld zu finden, das genauso gut deutlich macht, wie wertvoll dieser Preis für die ist, die ihn bekommen. So erhielten die Preisträger ihre Urkunden 2016 im Stockholmer Vasa Museums vor der Kulisse des pompösen und so kläglich untergegangenen historischen Kriegsschiffes Vasa. Ein wunderbares Symbol für unser Anliegen!
In diesem Jahr ging der Preis an die russische Menschenrechtlerin Svetlana Gannushkina, an die ägyptische Frauenrechtlerin Mozn Hassan, an die Redakteure der türkischen Zeitung Cumhuriyet und an den syrischen Zivilschutz „Weißhelme“. Mozn Hassan wurde die Ausreise aus Ägypten verweigert, sie konnte ihre Urkunde nicht persönlich entgegennehmen. Das mag deutlich machen, wie wichtig es ist, dass unser Preis, den Jakob von Uexküll einst ins Leben rief, Öffentlichkeit schaffen kann.
In einem mehrtägigen, internationalen Programm in Schweden, Deutschland und der Schweiz haben wir den Preisträgern Türen geöffnet, ihre Arbeit bekannt zu machen. Besonders hat mich gefreut, dass sich in Deutschland eine neue Parlamentsgruppe „Alternativer Nobelpreis“ gegründet und die Preisträger empfangen hat. Im Europasaal des Bundestages gab es viele Gespräche und bewegende Momente – besonders, als Ahmad al-Jussuf von der riskanten Arbeit der syrischen Weißhelme erzählte (Blog-Artikel „Weißhelme“).
Auch, dass der scheidende Bundespräsident Joachim Gauck sich Zeit für die Gäste nahm, war Balsam für die Seelen. Alle Preisträger hatten Gelegenheit, weitere Menschen zu treffen, die ihnen bei ihrem Engagement helfen könnten, die ihnen zumindest deutlich machen können, dass sie mit ihrem Anliegen nicht allein sind – darunter Justizminister Heiko Maas und die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Bärbel Kofler. Das war auch in den vergangenen Jahren schon so: Unsere Preisträger sind sehr mutige Leute, sie kämpfen oft unter Einsatz ihres Lebens dafür, die Welt besser zu machen. Mit dem „Alternativen Nobelpreis“ versuchen wir, ihnen jede mögliche Unterstützung zu geben. Öffentlichkeit kann helfen, sie zu schützen.
Das Deutschlandprogramm umfasste zum Beispiel einen Besuch bei „Reporter ohne Grenzen“ für die Vertreter der Tageszeitung Cumhuriyet, einen Auftritt im Deutsch-russischen Forum für Svetlana Gannushkina und ein Gespräch der Weißhelme mit „Human Rights Watch“. In Genf war die Podiumsdiskussion „Speaking Truth to Power“ mit allen Preisträgern hervorragend besucht, und in Zürich sprach Can Dündar in einer öffentlichen Vorlesung an der Universität. Dündar ist der ehemalige Chefredakteur von Cumhuriyet. Er wurde in der Türkei der Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen für schuldig befunden, nachdem er darüber berichtet hatte, dass der türkische Geheimdienst islamische Milizen in Syrien mit Munition versorgt hat. Dündar ist nach Deutschland geflohen.
Indes – die Geschichten dieses Jahres waren auch besonders bedrückend. Alljährlich zeigen uns die Preisträger, wie viel Ungerechtigkeit, Willkür und Unglück auf der Welt herrschen. Die Probleme in Deutschland werden kleiner in solchen Momenten. Selten kommt bei ihnen Hoffnungslosigkeit durch, sie sind alle stark und zuversichtlich. Doch in diesem Jahr, vor allem mit dem Blick nach Syrien, war das ein bisschen anders. Wertvoll ist und bleibt jedoch, die Menschen kennenzulernen, die an das Gute glauben. Wenn wir ihnen helfen können, müssen wir es tun.
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