„Kultur ist Lebensmittel“ – vor rund 15 Jahren haben wir Sozialdemokraten damit offensiv Politik gemacht. Ich war damals im Bundestag Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien. Wir waren überzeugt davon, dass wir die Künste und die Kultur nicht nur einjeder individuell brauchen, um unser Leben schön und sinnvoll zu gestalten. Wir brauchen sie auch gesamtgesellschaftlich, um Kreativität und Zukunftsfähigkeit zu stärken.
Das ist immer noch meine Überzeugung! Schön, dass jetzt ein Buch heraugekommen ist, das auf die vergangenen 20 Jahre der Kulturpolitik des Bundes zurückblickt: „Wachgeküsst. 20 Jahre neue Kulturpolitik des Bundes 1998-2018“. Wenn man es durchblättert und sich dann an die gesellschaftlichen Diskurse erinnert, dann spürt man: Es ist viel passiert.
VIEL PASSIERT
Ich persönlich blicke zurück auf so vielfältige Aufgaben wie den Aufbau einer neuen Gedenk- und Erinnerungskultur oder die heftigen Auseinandersetzungen mit frauenfeindlichen Produktionen der Rapperszene. Ich schaue auf den Erhalt der Künstlersozialkasse, den Kampf um die Buchpreisbindung, die Förderung des deutschen Films. Auf den kompletten Umbau des Stiftungswesens und die Auswärtige Kulturpolitik, die Brücken geschlagen hat, ob in den deutschen Schulen im Ausland oder den Goethe-Instituten in aller Welt. Die Liste ließe sich noch lang fortsetzen.
Das Buch enthält zahlreiche Beiträge und Interviews von Kolleginnen und Kollegen sowie Verantwortlichen der Kulturszene, – allen voran natürlich die Kulturstaatsminister von Michael Naumann bis Monika Grütters. Die weiteren Kapitel beschäftigen sich mit den Anfängen und den Fördermechanismen der neue Kulturpolitik, den wichtigen Gesetzen dieser 20 Jahre und der Wirkung der auswärtigen Kulturpolitik. Sie beleuchten ferner das Spannungsfeld Kultur und Religion und rücken auch die anderen politischen Ebenen von Land und Kommune in das Blickfeld.
ERFOLGREICHER DEUTSCHER FILM
Für mich ist das Buch eine großartige Sammlung von Dingen, die ich mitgestalten durfte. Während der Gesetzgebungsprozesse, des Austausches, der Diskussionen verliert man leicht den Blick dafür, dass man tatsächlich etwas auf den Weg bringen konnte. Die Sammlung zeigt, dass sich jede Sitzung, jede Kontroverse gelohnt hat. Schauen wir doch beispielsweise auf den deutschen Film. Er ist mit Darstellern wie Marie Bäumer oder Matthias Schweighöfer bis heute erfolgreich. „Das Leben der anderen“, produziert von Florian Henckel von Donnersmarck mit der Unterstützung öffentlicher Gelder, erhielt einen Oscar für den besten fremdsprachlichen Film.
VON BUCHPREISBINDUNG BIS KSK
Mein Augenmerk in meiner Zeit als Ausschussvorsitzende und Sprecherin der SPD-Fraktion lag immer auch darauf, den ländlichen Raum nicht zu vergessen. In dem Zuge ist der Erhalt der Buchpreisbindung – bis heute – sicherlich ein wichtiger Erfolg gewesen. Ohne den wären viele kleine Buchhandlungen wohl nicht mehr existent – es ist schwierig genug für sie zu überleben. Wichtig auch Projekte, die wir mit der neuen Bundeskulturstiftung fördern konnten – wie beim Springhornhof in Neuenkirchen.
Auch freue ich mich, dass die Existenz der Künstlersozialkasse – die Abschaffung steht immer wieder im Raum – bis heute gesichert werden konnte. Kulturschaffende entscheiden sich häufig für ein Leben mit wenig Geld, damit sie ihre Berufung verwirklichen können. Ihre Produkte sind – ich sagte es eingangs – Lebensmittel, sie speisen Sinn und Sein einer Gesellschaft. Es ist darum die Pflicht der Politik, den Künstlern zumindest eine leichte Linderung bei ihrer angespannten Einkommenssituation zu verschaffen.
Aber schauen Sie einfach in das Buch – es lohnt sich!
Olaf Zimmermann (Hrsg.): Wachgeküsst. 20 Jahre neue Kulturpolitik des Bundes 1998-2018.
Deutscher Kulturrat, Berlin, 1. Auflage, 2018.
492 Seiten, 22,80 Euro
ISBN 978-3-947308-10-1
Das Buch vorgestellt auf der Seite des Deutschen Kulturrates
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