Eine Kirche ist ein besonderes Ambiente für eine Rede, und die Petrikirche in einer Geburtsstadt Mülheim-Ruhr erst recht. Ich durfte dort Anfang November die Kanzelrede halten.
Die Klimakonferenz von Glasgow hatte gerade begonnen, und ich habe gesagt, dass ich optimistisch bin, dass es ein gutes Ergebnis werden wird.
Warum genau?
Die Gründe meines Optimismus stecken in meiner persönlichen Biografie. Ich bin im Ruhrgebiet, in Mülheim, aufgewachsen und habe als Kind sehr unter dem Dreck der Hochöfen und Kohleverbrennung gelitten. Ich wurde an die Nordsee ins Kinderheim geschickt, um wieder gut atmen zu können. Der Aufenthalt dort hat mir sehr gutgetan. Aber ich fragte mich, warum bei uns zu Hause nicht so schöne Luft sein kann wie an der Nordsee.
1962 hat Willy Brandt den „blauen Himmel über der Ruhr“ als Ziel ausgerufen. Und heute? Haben wir den blauen Himmel! Das ist ein großer Erfolg.
KOMMUNALE VERANTWORTUNG
Heute sind immer noch viele giftigen Stoffe in der Luft und im Boden und wasser, aber die Gefahren sind weniger sichtbar. Deshalb ist es vielleicht so viel schwerer, sich auf Maßnahmen gegen den Klimawandel und für den Umweltschutz zu verständigen. Wir fühlen uns nicht unmittelbar bedroht.
Es ist wichtig, dass die Mächtigen dieser Welt handeln, aber es muss auch im Kleinen Geschehen. Ich meine nicht nur jeden Einzelnen. Ich meine besonders auch die politisch Verantwortlichen in den Kommunen und Stadtverwaltungen. Dort werden viele Entscheidungen getroffen, die helfen können – oder schaden. Ob und wie etwas gebaut wird, ob Grünflächen erhalten bleiben, ob Naturschutzflächen ausgewiesen werden – all das sind Entscheidungen, die sehr häufig auf der unteren politischen Ebene getroffen werden, und die in der Summe ihre Auswirkungen haben.
MENSCH ALS CHANCE BEGREIFEN
Ich glaube an das Gute in den Menschen, und darum bin ich optimistisch. Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir das Böse bekämpfen oder das Licht unterstützen. Mit der Publizistin Hannah Arendt glaube ich, dass das Böse nur die Abwesenheit vom Guten ist und keine eigene Daseinsform. Das sieht man schon daran, dass auch arme Menschen immer großzügig sind und ihr letztes Hab und Gut teilen, wenn sie sich nicht bedroht fühlen. Und meine Herangehensweise ist darum auch: Ich möchte die Menschen als Chance begreifen, nicht als Übel.
Denn wir Menschen sind kulturelle Wesen. Wir können gestalten. Das haben wir in der Vergangenheit vielleicht sehr sorglos getan, aber wir wollen ja leben! Und deshalb werden auch Maßnahmen zum Klimaschutz auf dem Weg kommen.
Eine zentrale Aufgabe wird dabei viel zu wenig diskutiert: Wir müssen all unsere Produkte so gestalten, dass die Materialien in gleicher Qualität immer wieder verwendet werden können – das Cralde to Cradle Designkonzept, auf das ich schon oft hingewiesen habe.
ERDE HEGEN UND BEWAHREN
Der Fokus auf Materialien ist auch im Interesse des Klimaschutzes. Denn Material herzustellen, erfordert eine Menge Energie und Aufwand, wie wir am Beispiel des Kupfers sehen können. Aus 1 Tonne Kupfererz können wir heute nur noch 3,5 Kilo Kupfer gewinnen. Vor 20/30 Jahren, waren es noch 35 Kilo. Und Kupfer brauchen wir überall!
Deshalb arbeiten wir daran, mit Cradle to Cradle – Wiege zur Wiege – das Denken in echten Kreisläufen selbstverständlich zu machen! Das entspricht auch meinem christlichen Verständnis, die Erde zu hegen und zu bewahren. Wenn wir es richtig anpacken, wird uns das auch mit den Menschen gelingen.
Der Gottesdienst vom 7.11.2021 in der Petrikirche (Kanzelrede ab Minute 36.40) auf Youtube
Robert G.Kuper schreibt
….da schreib ich einfach mal als (ur- )alter Fan von Monika Griefahn: ohne sie keine Jennifer Morgan im Aussenministerium! Herzliche Gratulation!!!!
Robert Kuper…..der die Kronos-Aktion in bleibender Erinnerung hat….