Wenn es ein Ehrenamt gibt, das immer wieder neu inspirieren kann (neben dem Vorsitz vom „Alternativen Nobelpreis“ und vom Cradle to Cradle e.V.), dann ist es das der Juryvorsitzenden beim Festival des Umwelt- und Naturfilms – kurz „Ökofilmtour“ oder FÖN. Mir hat auch diese neunte Preisverleihung in dieser Funktion große Freude gemacht. Gerade mit fachkundigen Jurymitgliedern zu einem einvernehmlichen Ergebnis zu kommen, ist ein großes Geschenk. Die Jury bestand noch aus Michael Beier von der Heinz-Sielmann-Stiftung, der Filmwissenschaftlerin Dr. Bärbel Dalichow, Cordine Lippert (Projektleiterin Klimaschutz der Landeshauptstadt Potsdam) und Annette Scheurich, die 2015 den Kinder- und Jugendfilm-Preis bekommen hat.
Ich freue mich schon jetzt auf das zehnjährige Bestehen im kommenden Jahr, wenn es heißt: Auswählen zwischen rund 40-50 nominierten Filmen über Umweltschutz, Ökologie, Gesundheit und viele verwandte Themen bei der Ökofilmtour 2017.
An dieser Stelle aber möchte ich kurz die Gewinner dieses Jahres vorstellen und auch, warum wir uns für diese Produktionen entschieden haben.
„Das Achental – auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft“
Zukunftsfilmpreis der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Begründung der Jury:
Das Hofsterben, die Landflucht erschreckend vieler junger Leute aus den Dörfern, der Rückgang des regionalen Tourismus, all diese Probleme, die auch das ländliche Brandenburg hat, waren in den 1990er Jahren im bayerischen Achental aktuell. In die Reihe der Preisträger aber schaffte es dieser Film, weil er nachhaltigen Optimismus erzeugt. Der Elan der daheimgebliebenen jungen Leute, initiiert durch ideenreiche und kämpferische Visionäre, wirkte ansteckend, so dass das Achental 15 Jahre später zur europäischen „Modellregion“ wurde. Eine Erfolgsgeschichte durch die Gemeinschaft der Produzenten, die sich autark durch regenerative Energien, touristisch und auf Wochenmärkten präsentiert. Das Foto zeigt: Lorenz Knauer (M., Autor), Stefanie Schulze (r., Pressesprecherin der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde)
„Amerikas Naturwunder – das Abenteuer“
Horst-Stern-Preis für den besten Naturfilm von der Stiftung „NaturSchutzFonds Brandenburg“
Begründung der Jury:
Tiere und Natur sehen wir in vielen Filmen, das liegt nun mal im Wesen eines Festivals des Umwelt- und Naturfilms. Die Tier- und Naturfilmer selbst hingegen begegnen uns auf Leinwänden oder Bildschirmen viel seltener. Deshalb zeichnen wir diesen Film, dieses Making Off, mit dem Preis für den besten Naturfilm aus, um das Engagement, auch das Durchhaltevermögen dieser Menschen stellvertretend für alle Naturfilmer zu würdigen. Zumal Humor und Komik diesen Film auszeichnen, ein Merkmal, das nicht viele Filme für sich beanspruchen können. Gewürdigt werden soll auch die Musikdramaturgie, die mal untermalt, mal kommentiert und mal witzig-hintersinnig pointiert. Aus dem vielen, so ganz nebenbei gedrehten Material ist ein besonderer Film geworden, der diese Auszeichnung im Sinne von Horst Stern verdient hat.
„Der Triumph der Tomate“
Kinder- und Jugendfilmpreis der Heinz Sielmann Stiftung
Begründung der Jury:
Mit sinnlichen Bildern erzählt dieser Film die Geschichte eines Nachtschattengewächses, das vor rund 500 Jahren als blässliches „Tomati“ von Südamerika nach Europa verpflanzt wurde und dort zunächst im Ziergarten landete. Heute ist die Tomate von Spanien bis China vom Speiseplan nicht mehr wegzudenken und die Lust, mit der Menschen wie Joe Cocker sich der Tomate verschrieben haben, erzählt mit barocker Farbenpracht so nebenbei auch viel von der Lust am Leben. Denn der Erhalt der biologischen Vielfalt betrifft eben nicht nur die Tomaten. Das wird Jugendlichen und Kindern, die sie vielleicht nur als Ketchup wahrnehmen, sehr sinnlich erzählt. Das Foto zeigt: Maria Magdalena Koller (M., Autorin), Michael Beier (Vorstand der Heinz Sielmann Stiftung).
„Die Lüge vom Netzausbau – Stromtrassen für die Kohlewirtschaft“ und „Schlank durch Schokolade“
Hoimar-von-Ditfurth-Preis der Deutschen Umwelthilfe
Begründungen der Jury:
„Die Lüge vom Netzausbau“ entspricht voll und ganz der Tradition der Ökofilmtour, die immer wieder Beiträge eines guten investigativen Journalismus präsentiert und Lügen eines Lobbyismus entlarvt, die von Konzernspitzen und Spitzenpolitikern in Bund und Ländern verbreitet wurden. Hier ist es die Lüge eines alternativlosen Netzausbaus, weil angeblich die saubere regenerative Energie in Deutschland von Nord nach Süd transportiert werden muss. Der Film legt aber offen, dass zumindest zwei der drei Stromtrassen in Wahrheit für die Kohle-Industrie gebaut und subventioniert werden. Eine „Brückentechnologie“, die den Steuerzahler Milliarden kostet. Und daher als notwendiger Beitrag zur Energiewende erfunden wurde.
„Schlank durch Schokolade“ entlarvt auf witzige Weise die Macht des Marketings. In einer sogenannten „wissenschaftlichen Studie“, die den Regeln des Geschäftes folgend aber ganz und gar unwissenschaftlich daherkommt und teils vor unseren Augen manipuliert wurde, wird die Behauptung in den Raum gestellt, dass viel Schokolade nicht nur nicht dick macht, sondern gar als Schlankmacher taugt. Und es gelingt den Machern dieses Films, dass diese These in die Schlagzeilen der Presse und schließlich wie im Selbstlauf weltweit in die Nachrichten der Medien gelangt. Gewürdigt wird mit diesem Preis auch der investigative Mut der Redaktion ZDF Arte und der ZDF-Reihe „planet e“, mit dieser absurden Diätstudie Front gegen unlauteres Marketing zu machen. Das Foto zeigt: Monika Griefahn (Juryvorsitzende), Steffen Bayer (Stellv. des Redaktionsleiters Planet e) , Wolfram Giese (Produzent), Prof. Dr. Harald Kächele (Vorsitzender der Deutschen Umwelthilfe).
„Alienation“
Preis der Stadt Potsdam für die beste künstlerische Leistung
Begründung der Jury:
Dass das Gehirn während der Pubertät einer Großbaustelle gleicht, ist hinlänglich bekannt. Dieser Film aber bringt nicht nur das typische Reden der Jugendlichen einfühlsam zu Gehör, sondern er macht in ebenso skurrilen wie komischen Figuren anschaulich, wie fremd die jungen Menschen sich sind, sich selbst manchmal sehen – als Aliens eben. Ein sehr witziger Hilferuf, auch da Toleranz zu üben, wo die Wut, hier der betroffenen Eltern und Geschwister, manchmal überzukochen droht. Im übertragenen Sinne ist auch das eine Form des Klimaschutzes. Zum einen ist das Klima in der Familie, in der Schule oder unter Freunden ist schließlich auch ein Teil unserer sozialen Umwelt. Zum Anderen bedeutet Verständnis für andere Positionen aufbringen zu können, diese zu verstehen, einen ersten Schritt hin zu Gemeinsamen – wenn das auch dem Klimaschutz gelingt steigen die Möglichkeiten für seinen Erfolg!
Weitere Informationen über die Ökofilmtour gibt es hier
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