Stockholm, Berlin, Zürich und Genf, das waren die Stationen der neuen Preisträger des Right Livelihood Awards („Alternativer Nobelpreis“) in diesem Jahr. Nicht alle konnten dabei sein – so unsere chinesische Preisträgerin Guo Jianmei. Und die Schwedin Greta Thunberg befand sich zur Preisverleihung noch auf Hoher See auf dem Weg zum Klimagipfel in Madrid. Bei den vier europäischen Stationen blieb also mehr Zeit für die beiden, die kommen konnten: Davi Kopenawa aus Brasilien und Aminatou Haidar aus Westsahara. Beide hatten Bedrückendes zu berichten, und doch: Die Tatsache, dass diese zwei Menschen sich nicht fürchten und für Ihre Rechte kämpfen, ist Hoffnung in einer ungerechten Welt.
Davi Kopenawa und die Hutukara Yanomami Organisation aus Brasilien bekamen die Auszeichnung für ihren mutigen Einsatz, den Wald und die Artenvielfalt im Amazonasgebiet zu schützen, und mit ihm die Ländereien und die Kultur der Eingeborenen. Eindrücklich berichtet er von dem neuen Wind, der in Brasilien weht, seit Jair Bolsonaro dort Präsident ist. Er lasse die Goldgräber wieder in die indigenen Gebiete, Gewalt gegen die indigene Bevölkerung habe zugenommen. Das Quecksilber, das durch die illegalen Goldminen frei wird, bedroht seit Jahren die intakte Natur und die Gesundheit der Menschen. Kopenawa will das nicht hinnehmen, sein Engagement gilt dem Erhalt von Land, Gesundheit, Sprache und Kultur der Yanomami.
Aminatou Haidar aus Westsahara erhielt den „Alternativen Nobelpreis“ für ihren gewaltlosen Einsatz für die Rechte der Menschen in Westsahara. Durch Folter und Gefängnis hat sie sich davon nicht abbringen lassen. Vor der Vize-UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Kate Gilmore berichtete sie in Genf von dem fehlenden Referendum, das ihrem Volk die Unabhängigkeit geben könnte. 1975 verließ die Kolonialmacht Spanien das Land mit dem Auftrag der UN, ein Referendum für die Selbstbestimmung der Region abzuhalten. Stattdessen annektierte Marokko die Region. Seit 30 Jahren kämpft Haidar gewaltfrei für die Unabhängigkeit ihrer Heimat und ihres Volkes, der Sahrawis, und macht auf Folter und Gewalt gegen ihre Leute aufmerksam. Marokko aber verhindert bis heute ein Referendum, und da noch im Dezember Wahlen anstehen, befürchtet die Menschenrechtlerin Ausschreitungen und Gewalt, denn ihr Volk ist ungeduldig.
Dass die chinesische Frauenrechtlerin Guo Jianmei nicht zur Preisverleihung kommen konnte, erzählt uns viel über China. Vielleicht hilft ihr die Auszeichnung ein wenig bei ihrem Einsatz für die Frauen. Die Juristin hat Tausenden Frauen den Zugang zu den Gerichten ermöglicht und immer wieder auf die Frauenfeindlichkeit im Rechtssystem hingewiesen. Sie hilft Frauen durch den juristischen Prozess, die unter sexuellem Missbrauch, ungerechter Bezahlung, frauenfeindlichen Arbeitsverträgen oder erzwungener Frühverrentung leiden. Ein schöner Satz von ihr: „Lasst den Sonnenschein des Gesetzes jeden Winkel unseres Lebens aufhellen.“
Greta Thunberg, die schwedische Kilmaaktivistin, ist innerhalb eines Jahres mit ihren Schulstreiks weltberühmt geworden – man muss sie nicht weiter vorstellen. Wir haben ihr den Preis verliehen als Sprachrohr eines politischen Aufrufs, die wissenschaftlichen Fakten und den Klimawandel anzuerkennen. Wir hoffen, dass Greta, die erst 16 Jahre alt ist, nicht unter der Last ihres Engagements zerbricht.
Die Verleihung des Right Livelihood Awards fand in diesem Jahr zum 40. Mal statt, und so war es auch ein Abend, der den Gründer Jakob von Uexküll feierte. Er hatte seinerzeit beim Nobelkomitee weitere Preise für besondere Verdienste eingefordert – etwa Umweltschutz oder Menschenrechte. Als er auf taube Ohren stieß, verkaufte er eine wertvolle Briefmarkensammlung und gründete den „Alternativen Nobelpreis“. Seither schaffen wir es, Jahr für Jahr durch Menschen, die uns gewogen sind, das Preisgeld für die Preisträger aufzubringen. Das zeigt, dass Jakob nicht der einzige Mensch war und ist, der neben wissenschaftlichen Errungenschaften auch den Einsatz für Werte wichtig findet. Wir versuchen, mit der Auszeichnung Öffentlichkeit für die Preisträger zu schaffen, und mit dem Preisgeld die Projekte zu unterstützen, in denen die Preisträger arbeiten. Die Belohnung für uns ist, jedes Jahr wieder wunderbare Menschen kennenzulernen.
(alle Fotos: RLA)
Schreiben Sie einen Kommentar