(Basierend auf der Pressemitteilung der Cradle to Cradle NGO vom 4.2.2020, Fotos: Max Arens) Klimaschonendes Handeln und wirtschaftlicher Erfolg dürfen und müssen sich nicht gegenseitig ausschließen. Das war Kern der Auftaktveranstaltungen des 6. Internationalen Cradle to Cradle Congresses am 31. Januar und 1. Februar in Berlin. „Ich bin der Überzeugung, dass eine Lösung der Umwelt- und Klimaprobleme den Wirtschaftsstandort nicht schwächen wird“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze in ihrem Grußwort. „Es ist wichtig, dass wir über Perspektiven und Chancen reden“, fügte sie hinzu. Der Cradle to Cradle Ansatz sei „sehr optimistisch, sehr visionär“ und entspreche damit genau dieser Richtung.
C2C steht für einen umfassenden Klimaschutz, der deutlich über die Reduktion von Treibhausgasen hinaus geht. Daher fordert die gemeinnützige Organisation ambitioniertere Ziele von Politik und Wirtschaft. Bereits beim Design von Produkten muss ein Nutzungsszenario entworfen werden und dafür geeignete, gesunde Materialien in der Produktion verwendet werden. „Auch C2C bedeutet Klimaschutz. Aber wir müssen dabei aus der Perspektive treten, weniger schlecht sein zu wollen und uns vom reinen Reduktionsgedanken verabschieden“, so die geschäftsführende Vorständin der veranstaltenden Cradle to Cradle NGO, Nora Sophie Griefahn.
JEDES JAHR WEITERE MASSNAHMEN
Dass das 2019 verabschiedete Klimapaket als einziger politischer Aufschlag ausreiche, um entsprechende Rahmenbedingungen zu setzen, sei nicht realistisch, so Schulze in der anschließenden Diskussion mit Griefahn, Sabine Nallinger (Vorständin Stiftung 2° – Deutsche Unternehmer für Klimaschutz) und Reinhard Schneider (Eigentümer Werner & Mertz GmbH). „Wir müssen dranbleiben, jedes Jahr nachlegen und weitere Maßnahmen einführen“, so Schulze.
Auch die deutschen Unternehmen müssten sich ihrer Verantwortung für Umwelt und Klima stellen, sagte Nallinger. Und das auch aus Wettbewerbsgründen. „Klimafreundliche Technologien sind eine Chance, um im internationalen Wettbewerb besser zu sein als andere. Wir müssen noch viel mehr im Rahmen von C2C-Produktdesign, neuen Sharing-Modellen und neuen organisatorischen Lösungen schaffen“, so Nallinger.
ZIELKONFLIKTE ÜBERWINDEN
Ein Beispiel dafür ist der Reinigungsmittehersteller Werner & Mertz, der Schneider zufolge eine gesellschaftliche Veränderung spürt. „Wir arbeiten seit 30 Jahren gegen das Vorurteil, dass Nachhaltigkeit zugleich Verzicht bedeutet. Heute gibt es noch viel mehr Technologien, die diesen vermeintlichen Zielkonflikt überwinden helfen“, so Schneider. Das komme immer stärker in der Gesellschaft an.
Diese Einschätzung teilt auch Tim Janßen, geschäftsführender Vorstand der Cradle to Cradle NGO. „Die Themen Klimawandel und Klimaschutz sind auf der gesellschaftlichen Prioritätenliste zum Glück nach oben gewandert“, sagte er bei der Veranstaltung, die am Freitag rund 1.000 Menschen teilnahmen.
LANDWIRTSCHAFT UND BODEN
Der Samstag stand mit einer Fülle von Themen weiter im Zeichen von Diskussionen und Debatten. Ein wichtiges Thema war Landwirtschaft und Bodenmanagement – schließlich ist Boden ein wichtiger CO2-Speicher. In einer der Runden sagte etwa Prof. Dr. Hartmut Vogtmann: „Wir haben mit unserem Wissen Schuld auf uns geladen. Vogtmann, einer der wichtigsten Wegbereiter für ökologischen Landbau, erklärte, ursprünglich habe Landwirtschaft Kreislaufwirtschaft und Biodiversität bedeutet. Allerdings habe unsere Gesellschaft diesen Pfad verlassen und sich durch den Fokus auf lineares Wachstum in eine Abwärtsspirale der Schädigung begeben: Rund 40 Millionen Tonnen Treibhausgase würden in Deutschland jährlich aufgrund der Übernutzung von Grünland und Niedermooren emittiert.
LANDWIRTSCHAFT ALS GEMEINWOHL
„Wir brauchen ein neues Verständnis für Landwirtschaft und ihre Rolle in der Gesellschaft. Es geht nicht nur um Lebensmittel – Landwirtschaft muss als Gemeinwohlgut begriffen werden“, so Vogtmann. Er fordert einen Abbau schädlicher Subventionen weltweit, eine Reduktion von Flächenverbrauch, einen Stopp des Artenverlustes und die Wiedervernässung der Böden. Dazu gehörten auch Änderungen um Boden- und Bergrecht, um die Verteilung von Boden umzugestalten.
Viele weitere Experten waren zu diesem Thema geladen. Aber die Besucher konnten sich auch über C2C im Bauwesen, in der Finanzwelt oder bei Kunststoffen austauschen. Weitere Texte gibt es auf der Website des C2C Congresses.
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