Die größte Herausforderung unserer Zeit ist die Herausforderung des Klimawandels. Ich bin überzeugt, dass wir mit Hilfe von eFuels die notwendigen Ziele erreichen können – und zwar mit einer globalen Sicht auf das Problem.
Deutschland steht stellvertretend für viele hoch entwickelte Industrieländer vor der großen Herausforderung, seine Klimaziele erreichen zu müssen. Der neue Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck hat in seiner klimapolitischen Eröffnungsbilanz gezeigt, dass Deutschland weit von seinem Ziel entfernt ist. Nach derzeitigem Stand wird bis 2030 nur eine 50-prozentige Reduktion der Treibhausgase gegenüber 1990 erreicht werden. Das bedeutet, dass Deutschland seine Ziele um 15 Prozent verfehlen wird.
WUNSCH UND WIRKLICHKEIT KLAFFEN WEIT AUSEINANDER
Auch im Bereich der erneuerbaren Energien klaffen Wunsch und Wirklichkeit in Deutschland weit auseinander. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung definiert 80 Prozent erneuerbare Energien als Ziel für 2030. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Gleichzeitig werden wir in Zukunft große zusätzliche Mengen an (idealerweise erneuerbarem) Strom benötigen, weil wir die auslaufenden Atom- und Kohlekraftwerke ersetzen müssen. Außerdem wird unser Strombedarf durch die Elektrifizierung des Verkehrs massiv ansteigen, und auch unsere Häuser und die Industrie benötigen mehr Strom.
Weltweit gibt es viele Länder, deren Potenzial an erneuerbaren Energien nicht ausreicht, um die Nachfrage zu decken, zum Beispiel dicht besiedelte asiatische Länder wie Japan, Indonesien und Indien. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Strom in vielen Ländern erfreulicherweise an. Erfreulich ist das, weil es auf eine bessere Lebensqualität und einen steigenden Lebensstandard hindeutet.
Die Schere zwischen Bedarf und Verfügbarkeit zeigt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien die größte Hürde ist – weltweit. Die Lösung erfordert einen global ausgerichteten Ansatz. Treibhausgase und fossile Brennstoffe müssen überall reduziert werden. Das Gute ist, es gibt eine Lösung für dieses Problem: ob Wasserkraft in Norwegen, Windkraft in Chile oder Solarenergie in der Sahara. Ideale Standorte gibt es in vielen verschiedenen Ländern. Noch ermutigender ist, dass die Energie nicht nur verfügbar ist, sondern dass es auch Wege gibt, sie zu erzeugen, zu speichern und zu verteilen, und zwar unter Nutzung der bestehenden Infrastrukturen. Genau das ist der Grundgedanke bei der Herstellung und Nutzung von synthetischen Kraftstoffen.
Denn wenn die Sonne an den sonnenreichsten Orten Deutschlands, wie z.B. in Freiburg, durchschnittlich 1700 Stunden im Jahr scheint, so scheint sie in der Sahara 4300 Stunden im Jahr. Eine Windkraftanlage in Chile hat etwa viermal mehr Volllaststunden als eine vergleichbare Anlage in Deutschland. Es stimmt, dass für die Herstellung von eFuels mehr Energie benötigt wird als für direkte elektrische Anwendungen. Dies wird aber durch die höhere Energieausbeute an günstigen Standorten kompensiert, so dass die Effizienzunterschiede in der Produktion im Vergleich zur direkten Verstromung ausgeglichen werden. Klar ist auch, dass erneuerbarer Strom aus Patagonien oder Nordafrika nur importiert werden kann, wenn er in “transportfähige” Einheiten umgewandelt wird.
NUTZEN FÜR WIRTSCHAFTLICH SCHWÄCHERE LÄNDER
Gleichzeitig wird Technologie exportiert, werden Investitionen in anderen Ländern getätigt und Wertschöpfung generiert. Untersuchungen zeigen, dass die Produktion von eFuels bis zu 278.700 neue Arbeitsplätze schaffen könnte, 18.900 direkt und 259.800 indirekt bei den vorgelagerten Lieferanten. Es gibt Multiplikatoreffekte, die die Auswirkungen lokaler Investitionen verstärken. Dies gilt für fast alle Länder Afrikas und des Nahen Ostens, aber auch für große Teile Mittel- und Südamerikas und viele Länder Asiens und Australiens. Davon würden vor allem wirtschaftlich schwächere Länder profitieren, aber auch solche, die stark von der Ausfuhr fossiler Brennstoffe abhängig sind.
Das bedeutet, dass die Energiewende durch globale Energiepartnerschaften zu einer globalen Erfolgsgeschichte werden kann.
Zudem ist eine Energieautonomie, zum Beispiel in der Europäischen Union, kaum zu erreichen. Das ist in Zeiten der fossilen oder nuklearen Versorgung ja auch nicht anders. So importierte die EU im Jahr 2019 60,2 Prozent ihrer Energie – so viel wie nie zuvor. Indem die Versorgung auf viele Schultern verteilt wird, wird die Abhängigkeit von einzelnen Ländern vermieden. Hinzu kommt: Wenn andere Staaten nicht mitmachen können, werden wir sie nicht zum Umstieg bewegen. Im Gegenteil: Gerade die weltweite Vernetzung der europäischen Wirtschaft bietet die Hebelwirkung, um einen globalen Wandel herbeizuführen und Millionen von Arbeitsplätzen in der globalisierten Welt zu sichern. Letztlich müssen wir bessere Geschäftsmodelle entwickeln als die Produktion fossiler Energieträger.
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten.
Der gesamte Artikel mit Referenzen wurde in englischer Sprache auf LinkedIn veröffentlicht
Seit 2021 bin ich Vorsitzende und Sprecherin der eFuel-Alliance.
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