China hat seine Position als größter Handelspartner Deutschlands im vergangenen Jahr knapp vor den USA behauptet. Importe und Exporte lagen mit 253,1 Milliarden Euro leicht höher als der Warenverkehr mit den USA (252,3 Mrd. Euro). Im Fokus der Reise, die das Wirtschaftsforum der Sozialdemokratie organisiert hatte, standen Chinas Wirtschaft und unsere gegenseitigen Handelsbeziehungen.
Ich wollte aber auch an meine Zeiten als Kultur- und Außenpolitikerin anknüpfen und habe mir noch ein paar Tage Zeit genommen, um mehr vom Land zu sehen und die Goethe-Institute in Peking und Hongkong zu besuchen.
MARKT FÜR DEUTSCHE AUTOBAUER IN CHINA
Bei unserer Reise besuchten wir unter anderem eine Forschungs- und Entwicklungsstätte von Volkswagen. Dass der niedersächsische Konzern sich dort an den chinesischen Bedürfnissen orientiert, ist ihm kaum zu verdenken: China ist ein riesiger Markt für VW, 40 Prozent der Gesamtverkäufe erfolgen dort. Mercedes, aber auch der Volkswagenkonzern mit Audi und auch BMW verkaufen dort nach wie vor Verbrenner, weil es einen Markt dafür gibt. Gleichzeitig ist Deutschland, ist Europa, ein großer Absatzmarkt für China – es gibt also eine beiderseitige wirtschaftliche Abhängigkeit. China produziert etwa weit mehr E-Autos und Solarmodule, als es im eigenen Land braucht, und ist auf andere Märkte angewiesen.
Mein Eindruck vor Ort war, dass die deutschen Unternehmen den Wettbewerb mit chinesischen Marktteilnehmern nicht fürchten, solange dieser fair ausgestaltet ist. Das ist im Moment, was den öffentlichen Sektor angeht, nicht der Fall. So beklagen die deutschen Unternehmen, dass sie noch immer bei öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen sind. China hat sich auch den Vorteil erkauft, die gesamte Lieferkette zu „besitzen“ – Minen in Chile und Afrika, Verarbeitungen in vielen Ländern der Welt, Erwerb und Teilerwerb von Infrastruktur wie Häfen. Das ist für Deutsche und Europäer ein entscheidender Nachteil, gerade um an Rohstoffe zu gelangen (umso wichtiger wird eine echte Kreislaufwirtschaft – Cradle to Cradle – für uns). Trotz aller Differenzen in diesem oder auch im Bereich der Menschenrechte und Demokratie ist mein Herangehen immer, im Gespräch zu bleiben. Dies ist ein Schlüssel für ein gegenseitiges Verständnis und ein zentraler Baustein, um die wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen und Transformationserfordernisse, vor denen China genauso wie Deutschland und Europa steht, nachhaltig lösen zu können.
KULTURELLER AUSTAUSCH
Gesellschaftlich-kulturell habe ich festgestellt, dass viele Menschen in China neben Englisch gut Deutsch sprechen -mindestens in den Bereichen, die ich kennengelernt habe. Auch das ist sicherlich eine Folge der Marktausrichtung. Im Goethe-Institut Hongkong konnte ich live beim spielerischen Deutsch-Unterricht dabei sein.
Außerdem gibt es eine moderne Kulturszene und spannende Museen, die auch die Chinesen für ihre Ausflüge nutzen. Gleichzeitig konnten wir auch die Fortschritte der KI wahrnehmen. So verkauft ein menschenloser selbstfahrender Kiosk im Kulturviertel 798 in Peking Eis und Süßigkeiten. In Hongkong trifft die Tradition im Kulturviertel West Kowloon auf moderne Kunst und Architektur.
Ein persönliches Highlight der Reise war ein Blick auf die chinesische Mauer abseits von Touristenbussen und Souvenirbuden. Spannend war auch, dass nach dem Autoboom Ende der 0-er Jahre , in denen die Fahrräder aus den Innenstädten herausgedrängt wurden, jetzt in den von uns besuchten Großstädten Peking, Hefei und Shenzhen breite Fahrradstreifen, abgegrenzt häufig durch Baumalleen gebaut worden sind. Es gibt an jeder U-Bahn-Haltestelle viele Leihräder, die man mit der alles dominierenden App WeChat schnell und einfach leihen kann.
Ich glaube, wir müssen uns noch intensiver und schneller auf die Geschwindigkeit der Innovation und Transformation in China einstellen, wenn wir nicht zum „Museum Europa“ werden wollen.
Zum Bericht des Wirtschaftsforums der Sozialdemokratie über diese Reise
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