Unflätige Beschimpfungen, sexistische Bemerkungen und Morddrohungen: Das, was
Frauen (und Männer) heute über die sozialen Medien erleben, ist nicht neu. Im Film „Petra Kelly – Act now“ wird deutlich, wie die Aktivistin schon in den 1980er Jahren ständigen verbalen Übergriffen ausgesetzt war, ohne dass es das Internet gab. Das ist eine von vielen Parallelen zur heutigen Aktivist:innen-Generation. Der neue Film zeigt eine engagierte Frau, die nicht anders konnte als engagiert sein. Die vernetzt und global dachte und „mit dem Herzen Politik“ machte. Die Mitbegründerin der Grünen könnte und kann DAS Vorbild der heutigen Klimaaktivistinnen und -aktivisten sein – und doch kennen sie so wenige. Immerhin: Luisa Neubauer ist eine der Interviewpartner:innen im Film.
In diesen paar Sätzen zeigt sich schon, wie vielschichtig die Person Petra Kelly und ihr Einfluss auf die deutsche Gesellschaft ist. Einiges davon konnten wir anreißen, als Regisseurin Doris Metz, Produzentin Birgit Schulz, die heutige Greenpeace-Projektleiterin Nina Noelle und ich bei der Vorpremiere im Hamburger Abaton-Kino über das Werk diskutierten. Wie kann es sein, dass eine Frau, die so viel bewegt hat, bei heutigen jugendlichen Aktivistinnen und Aktivisten so wenig bekannt ist? Und wenn die jungen Leute dann auf sie aufmerksam gemacht werden, dann erkennen sie, welch eine Mutmacherin in den 1980er Jahren auf der politischen Bühne stand, und dass sie zum Vorbild taugt.
HUNDERTTAUSENDE GEGEN ATOMRAKETEN AUF DER STRASSE
Dieses seltsame Vergessen, es mag mit ihrem Tod zu tun haben. Aber der Film will die Hintergründe ihrer Ermordung und des Selbstmordes ihres Lebensgefährten Gert Bastian ausdrücklich nicht ins Zentrum der Recherche setzen. Vielmehr geht es darum, wie Petra Kelly in ihrer Jugend in Amerika geprägt wurde, wo sie Wahlkampf für Robert Kennedy machte. Es geht um ihre Aktivistinnen-Jahre, als sie Hunderttausende auf die Straße brachte, um gegen die Stationierung von Atomraketen auf westdeutschem Boden zu protestieren. Um ihre Rolle bei den Grünen, die für sie Mittel zum Zweck waren, um Dinge in der Politik verändern zu können. Darum, dass sie sich nie assimilierte, dass ihr der Politikbetrieb immer suspekt geblieben ist. Und letztlich um die Kraft, die all das raubt, und wie Petra Kelly als Frau und Mensch durch die Zeit kam. Sie wurde 44 Jahre alt.
Ich habe Petra Kelly genauso erlebt, wie der Film sie rüberbringt. Gemeinsam mit ihr war ich kurz vor ihrem Tod beim World Uranium Hearing in Salzburg. Das Treffen beschäftigte sich mit dem Uranabbau bei den Lakota und in Australien, was auch in dem Film vorkommt. Claus Biegert organisierte das Hearing. Mit ihm war ich anschließend viele Jahre über den Nuclear Free Future Award verbunden.
Petra Kelly hat die Vielschichtigkeit von Herausforderungen erkannt, international gearbeitet und Aktivisten vernetzt. Was für eine Leistung in Zeiten ohne Messenger-Dienste und Internet. Beim „Alternativen Nobelpreis“, wo ich seit Jahrzehnten engagiert bin, haben wir das schon 1982 gewürdigt.
FILM KANN BEKANNTHEIT ÜBER GENERATIONEN SCHAFFEN
Ich wünsche mir, dass viele junge Leute den Film sehen. Ich selbst denke nach jahrzehntelangem Engagement manchmal: „Wieso muss man immer wieder von vorne anfangen?“. Aber die jungen Leute können durch ein Vorbild Petra Kelly Kraft schöpfen in ihrem Engagement gegen den Klimawandel und für Gerechtigkeit und Frieden auf der Welt. Sie soll durch diesen Film die Bekanntheit über Generationen hinweg bekommen, die sie verdient. Und die intensive Recherchearbeit des Filmteams kann dadurch belohnt werden.
Den Trailer auf Youtube finden Sie hier
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