Dank Referent Michael Braungart gab es bei der Eröffnung des dritten Naturfilmfestes Lüneburger Heide kreative Ideen gegen die Plastikflut im Meer. „In einer Auster befinden sich zwischen 1400 und 40000 Teile Mikro- und Nanoplastik. Essen wir nur genug Austern, dann werden die Meere sauberer“, empfahl er bei der Gala in Bendestorf – und erntete Gelächter. Letztlich diskutierten er und der Umweltjournalist Florian Schwinn aber ernsthaft über das Problem Plastik, und auch der Eröffnungsfilm „Plastic Fantastic“ lieferte eine differenzierte Betrachtung des Themas.
DANK AN DIE EHRENAMTLICHEN
Es hat mir Freude gemacht, die Eröffnung des Filmfests zu moderieren. Das ganze Festival ist ein tolles Projekt. Kino im ländlichen Raum – noch dazu mit so vielen wertvollen Dokumentationen und Spielfilmen (aber zu aktuellen Problemen), mit Referierenden und Gesprächen – ist ein so wichtiges Kulturangebot! Dass sich dieses Mal sogar fünf Kinos zusammengetan haben, um die Festivalfilme zu zeigen, ist vorbildlich. Und schon gleich am Anfang hat ein Sponsor gesagt, er würde das Naturfilmfest auch in Zukunft weiter unterstützen. Somit ist die Grundlage bereits für eine vierte Auflage gelegt, die es hoffentlich 2027 geben wird. Es darf nicht vergessen werden, dass alles an diesem Filmfest erstmals komplett ehrenamtlich gewuppt wurde: fünf Kinos koordinieren, 21 Filme organisieren, 25 Talkgäste finden und ein Schulprogramm mit 1000 Schülerinnen und Schüler auf die Beine stellen. Hut ab!
MIKROPLASTIK AUS DER LUFT VERBLEIBT OFT IM KÖRPER
Dem Film „Plastic Fantastic“ ging eine interessante Talkrunde voraus, die von Bendestorf aus in die anderen Kinos übertragen wurde. Michael Braungart und Florian Schwinn sprachen über Plastik im Boden, Plastik im Meer und Plastik in der Luft – und im Menschen. Denn: Wir atmen Mikroplastik ein – es kommt aus Reifenabrieb und Fahrbahnmarkierungen, runtergelaufenen Schuhsohlen oder als Tonerstaub aus Laserdruckern. „Das macht mir noch mehr Sorgen als alles andere, denn: was wir einatmen bleibt zu einem großen Teil im Körper“, sagte Michael Braungart. Das wurde übrigens auch deutlich in dem Film „Dark Waters“ über den 20 Jahre andauernden Kampf des Umweltanwaltes Robert Billott mit der örtlichen Bevölkerung gegen die Produktion und Abfälle von Teflon durch den Chemieriesen Dupont. Hier sammelte die BUND-Vorsitzende Elisabeth Bischoff Unterschriften für eine bessere Regulierung und Kontrolle der sogenannten PFAS, der nicht abbaubaren chemischen Stoffe, die wir inzwischen in jedem Lebewesen, Mensch oder Tier, von den Polen bis zu uns finden. Teflon findet sich in Bratpfannen, Goretex, Regenjacken und vielen anderen täglichen Gebrauchsprodukten, wie auch im Kinostuhl.
„NICHT ZU ENDE GEDACHT“
Am Eröffnungsabend mahnte auch Florian Schwinn, der sich in seinen Büchern viel mit Landwirtschaft und Boden beschäftigt: „Plastik findet sich überall. Wir haben da etwas erfunden, was wir nicht zu Ende gedacht haben, wie bei der Atomkraft“ In den Biotonnen im Heidekreis befindet sich immer noch 29 Prozent Plastik – meist aus vermeintlich verrottbaren Komposttüten. Er muss manuell herausgesucht werden, und das gelingt nur bedingt.
ART DER NUTZUNG ENTSCHEIDEND
Michael Braungart wollte Plastik nicht in Gänze verteufeln – das Material sei leicht und berge weniger Verletzungsgefahr als Glas. Nur so, wie es im Moment genutzt und entsorgt werde, sei es ein Problem. Wichtig sei, welchen Kunststoff man produziere und wofür – und dass er in technischen Kreisläufen immer wieder genutzt werden könne. Alles, was in die Umwelt gelange, müsse biologisch abbaubar sein, umschrieb er ganz grob die Grundzüge des von ihm entwickelten Cradle to Cradle Designkonzepts.
Beide Referenten wollten es aber nicht beim Beklagen des Ist-Zustandes belassen. Während Braungart diverse Ideen aufzeigte, wie Unternehmen die Dinge neu erfinden können und das auch schon tun, äußerte Schwinn seine Hoffnung auf die Politik. Die nicht mehr abnehmbaren Verschlussdeckel etwa seien eingeführt worden als eine EU-Vorgabe, und dass es keine Plastik-Strohalme mehr gebe, ebenfalls.
Der Film „Plastic Fantastic“ zeigte Bilder, die einem den Atem stocken lassen – überall auf der Welt ist Plastikverschmutzung ein Thema. Affen, die herumliegendes Plastik essen, Plastikteilchen am Sandstrand, volle Müllsäcke, die von einem Laster aus einfach in einen Fluss gekippt werden.
Dass es so nicht bleiben kann, wurde deutlich. Dass es Lösungen gibt, hoffentlich auch.
Das Naturfilmfest hilft mit, die Themen, die wir noch immer lösen müssen, aber auch können, anzugehen. Ich hoffe auf viele Multiplikatoren!
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